Das Interesse am Radverkehrskonzept für Karlstadt ist offenbar riesig. 600 Fragebögen wurden dazu bisher seit Ende Mai online ausgefüllt, weitere 150 auf Papier abgegeben. Das berichtete der städtische Verkehrsexperte Kai-Uwe Brune am Samstag in der Karolingerhalle bei der Bürgerwerkstatt zum Thema Radfahren. Noch bis zum 10. Juli können Bürgerinnen und Bürger mitteilen, wo die Problemzonen beim Radverkehr in Karlstadt liegen und Verbesserungsvorschläge machen.
34 Interessierte machten sich bei der Bürgerwerkstatt in fünf Arbeitsgruppen über große Pläne her, um mit farbigen Stiften und bunten Punkten einzutragen, wo die wichtigsten Fahrradverbindungen in Karlstadt liegen und wo es Konflikte gibt.
Sollen Radler oder Fußgänger im Vordergrund stehen – oder beide?
Alle Teams verdeutlichten, dass die Bodelschwinghstraße ein neuralgischer Punkt ist. Dort sollten die Gehsteige an den Kreuzungen so weit nach vorne gebaut werden, dass Radfahrerinnen und -fahrer sowie Fußgängerinnen und Fußgänger an den parkenden Autos vorbeischauen können, lautete ein Vorschlag.
Aber sollten nun die Radler oder die Fußgänger im Vordergrund stehen - oder beide? Was dem Radverkehr nütze, sei oft auch Fußgängern dienlich, sagten Malte Nowak und Marcel Schlameus vom Büro Brenner-Plan (Stuttgart), das mit der Erstellung des Radverkehrskonzepts beauftragt wurde. Sie moderierten die Bürgerwerkstatt.
Bau einer zweiten Unterführung am Bahnhof wurde abgelehnt
Noch mehr als die Bodelschwinghstraße zerteilt die Bahnlinie Karlstadt. In der Unterführung müssten die Barrieren entfernt werden, schlug die erste Arbeitsgruppe vor. Obwohl Nowak und Schlameus dazu ermuntert hatten, nach Jahrzehnten des Auto-Booms einfach mal radikal zu denken, scheuten etliche Teilnehmende, den Bau einer zweiten Unterführung vorzuschlagen. Diese könnte dann barrierefrei sein und auch mit dem Rad befahren werden. "Das ist Utopie", meinte eine Teilnehmerin.
Vor allem die Südbrücke sei für Radler ein Problem, wurde weiter kritisiert. Selbst Erwachsene würden dort oft verbotenerweise lieber den Gehsteig nutzen. Wer dann bei McDonald‘s angekommen ist, sehe sich mit einigen Bordsteinkanten konfrontiert.
Die zweite Arbeitsgruppe kritisierte den fehlenden Radweg in der Gemündener Straße und die fehlende Verbindung zum Hammersteig. Auch sei die Karolingerbrücke leider nicht kreuzungsfrei zu befahren.
Nach Wiesenfeld und Heßlar gibt es gar keinen Radweg
Ein Vater schilderte den "Hürdenlauf" für seinen Sprössling, der entlang der Arnsteiner Straße bis zum Kindergarten St. Johannis auf dem Gehsteig fahren müsse, weil er noch nicht acht Jahre alt ist: "Bei jeder Einmündung die hohe Bordsteinkante runter und wieder rauf, außerdem Garagenausfahrten, das ist beschwerlich und gefährlich."
Auf einem zweiten großen Plan ging es um das gesamte Stadtgebiet mit seinen Ortsteilen. Nach Wiesenfeld und Heßlar gibt es gar keinen Radweg. Und bei Gambach kam zwangsläufig die fehlende beziehungsweise mit großem Umweg behaftete Verbindung zum Maintal-Radweg zur Sprache.
Die Bürgerwerkstatt ist Teil eines umfangreicheren Prozesses, der bis zum September gehen soll. Nächster Schritt ist die Stadtratssitzung am Donnerstag, 7. Juli, um 19 Uhr im Pfarrsaal der "Heiligen Familie". Das Büro Brenner-Plan hat zwar bereits einen ersten Entwurf für das Radverkehrskonzept erstellt, der in dieser Sitzung erläutert werden soll, die Ergebnisse der Umfrage und der Bürgerwerkstatt sollen allerdings noch in das Konzept mit einfließen.