
Die Vita von Diplom-Physiker Volker Hepp liest sich neben denen von Vollblutpolitikern mit Berlin-Erfahrung wie Alexander Hoffmann (CSU) oder Bernd Rützel (SPD) erst einmal untypisch. "Ich bin Quereinsteiger und habe keine politische Vorbildung", sagt der Direktkandidat der Freien Wähler Main-Spessart gleich zu Beginn des Gesprächs mit dieser Redaktion. Für die Bundestagswahl sieht er darin aber auch Vorteile. "Man hat noch keine politische Prägung und nicht so den Druck wie die Berufspolitiker, die seit Jahrzehnten nichts Anderes machen, als Wählerstimmen hinterherzulaufen", ist der gebürtige Marktheidenfelder überzeugt.
Doch wie findet man als politischer Quereinsteiger Anschluss? Beim Durchstreifen der Parteienlandschaft vor ein paar Jahren stellte Hepp fest, dass im Wahlprogramm der Freien Wähler zumindest nichts stand, womit er "überhaupt nicht mitgehen konnte". Die Partei habe sich offen für Quereinsteiger gezeigt und auf Hepp einen politisch unverbrauchten Eindruck gemacht. So trat der heute 50-Jährige aus Erlenbach bei der Bundestagswahl im Jahr 2021 bereits im Landkreis Waiblingen bei Stuttgart als Direktkandidat an. Die Kandidatur für Main-Spessart war damals schon vergeben – anders als heute.
Hepp will Rücklagensystem bei der Rente
Für den 23. Februar will Hepp es jetzt nochmal wissen, allerdings ohne große politische Agenda. "Man kann immer das Blaue vom Himmel versprechen, aber vieles, was im Bundestag gesagt wird, ist einfach nicht machbar", meint er. Themen, die ihm wichtig sind und für die er sich einsetzen will, bringt er trotzdem mit. Neben einem flexibleren Rentensystem beschäftigen ihn vor allem Umwelt- und Klimaschutz, die Zukunft des Mittelstands und der Bürokratieabbau.
Das nach wie vor bestehende und vielfach kritisierte Umlageverfahren beim Rentensystem ist ihm ein Dorn im Auge. "Die Altersstruktur ändert sich und das wird auf Dauer nicht funktionieren. Entweder wird es viel zu teuer für die, die arbeiten oder für die Rentner kommt nicht viel bei rum", so Hepp. Er möchte versuchen, die Struktur zu ändern und plädiert für ein System mit Rücklagen.
Ein Umdenken wünscht sich Hepp auch im Bereich Photovoltaik. Bei privaten Anlagen sieht er die Denkmalschutzbehörden in der Pflicht. "Auch auf ein denkmalgeschütztes Gebäude kann man ruhig mal eine PV-Anlage draufpacken, wenn es das Dach aushält", meint er. Ebenso wirbt er für mehr Freiflächenanlagen, die zu oft durch Auflagen behindert werden. Er hält es für sinnvoll, Stromspeicher neben Windkraft- und PV-Anlagen zu platzieren. Hepp: "Tagsüber braucht niemand den Strom, aber abends eben schon. Es ist eine Investition, aber sie sollte sich mit unseren aktuellen Strompreisen rechnen."
Mittelstandsförderung und Bürokratieabbau im Visier
Den derzeitigen Umgang der Regierung mit dem deutschen Mittelstand bezeichnet der Direktkandidat als "stiefmütterlich". Die Subventionszusagen für große Unternehmen seien laut Hepp zwar medienwirksam, letztlich bauten die Firmen dann aber oft nur ihre großen Fabriken und blieben im Zweifel nicht lange in Deutschland. "Wir müssen stattdessen versuchen, unseren Mittelstand hier zu halten und nicht ans Ausland zu verlieren", macht er deutlich.
Weniger Verlustängste quälen Hepp in Bezug zur Bürokratie. Die empfinde er als "übertrieben" und wolle sich im Falle einer Wahl bemühen, daran etwas zu ändern. "Wenn es so weiter geht, verwalten wir uns zu Tode, ohne dass irgendwas passiert", sagt er.
Eine gute Auffassungsgabe für technische Zusammenhänge und komplexe Themen liegt in Hepps beruflicher Natur. Seit 22 Jahren ist er für eine Tochterfirma von Bosch in der Rennstreckenbetreuung tätig, wo er Komponenten im Motorsport bereitstellt. Diese Komponenten, darunter ein Elektromotor, kommen aktuell in zwei großen Rennserien zum Einsatz. Daher sei der Physiker regelmäßig unterwegs, im Januar etwa eine Woche in Daytona, im Februar zwei Wochen in Quatar. "Ich habe eigentlich immer eine gepackte Reisetasche daheim", erzählt Hepp.
Biker, Holzkünstler und Schöffe am Landgericht
In den Bundestag will er als jemand einziehen, der den "Kontakt zur realen Wirtschaft noch nicht verloren" hat. Seinen aktuellen Job müsse er dann gezwungenermaßen aufgeben, würde sich aber um eine ausgiebige Einlernphase seiner Nachfolge bemühen. Aufgrund des in der Vergangenheit CSU-geprägten Landkreises sei Hepp sich aber bewusst, dass seine Chancen, den Sitz im Gremium für die Freien Wähler zu ergattern, gering sind.
Sollte es mit Berlin doch klappen, müsste der 50-Jährige unter Umständen auch bei seinen Hobbys und Ehrenämtern kürzertreten. "Ich bin seit 2024 Schöffe am Landgericht Würzburg", verrät Hepp. In seiner Freizeit macht er gerne Ausfahrten mit einem seiner drei Motorräder oder stellt Holzskulpturen mit der Motorsäge her. Volker Hepp wirkt vielseitig und experimentierfreudig. Der Quereinstieg scheint auch im Privaten Teil seiner Identität zu sein. Ob das im Rennen um den Bundestag helfen kann, wird sich zeigen.