
Harmonisch ging es zu bei der Nominierung des SPD-Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Main-Spessart/Miltenberg am Samstag in Altfeld: Bernd Rützel erhielt erneut das Vertrauen der Delegierten und wurde mit 63 von 64 Stimmen zum Kandidaten gewählt. Es gab eine Enthaltung. Der Gemündener sitzt bereits seit 2013 im Bundestag.
In seiner Bewerbungsrede machte sich Rützel stark für die Ampel-Regierung. "Von unserem Koalitionsvertrag sind bereits 80 Prozent umgesetzt, die Ampel hat geliefert", sagte Rützel unter großem Applaus der Parteikollegen. Die SPD habe in der Koalition Verantwortung übernommen und drei Partner "zusammengebaut, die unterschiedlicher nicht sein könnten", das spüre man auch. "Machen wir uns nichts vor, es wird gestritten wie bei den Kesselflickern, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen." Als Erfolge nannte er beispielsweise das Deutschlandticket, die Erhöhung von Kindergeld und Bafög, das Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild oder die Legalisierung von Cannabis.
Rützel vermisst konstruktive Kritik von der Union
Er ließ die vergangen drei Jahre Revue passieren, die von den Nachwirkungen der Corona-Pandemie und dem Angriff auf die Ukraine geprägt waren. Drei Faktoren, die Deutschland zuvor gestärkt hatten, seien durch den Krieg quasi über Nacht weggefallen: billige Energie aus russischem Gas, hohe Einkünfte durch den Export von Waren und die Gewissheit, dass es in Sachen Verteidigung ausreicht, sich auf die USA zu verlassen.
Kritik übte er an der Union: Die habe es nach 16 Jahren Merkel-Regierung schwer gehabt, ihre Rolle in der Opposition zu finden. Er wünsche sich konstruktive Vorschläge und Mitarbeit, stattdessen werde nur gemeckert, gestänkert und geklagt. Söder habe etwa die Ampel dafür kritisiert, dass der Haushalt erst Anfang Februar stand – dabei sei der bayerische Haushalt erst im Juli verabschiedet worden. Söder brauche mehr Demut und "Selbstbewusstsein", so Rützel, in dem Sinne, dass er sich seiner selbst mehr bewusst sein müsse.

Zum Thema Migrationspolitik, das seit dem tödlichen Messerangriff in Solingen die Schlagzeilen beherrscht, machte Rützel deutlich: "Das Asylrecht steht nicht durch Zufall im Grundgesetz, sondern weil wir in unserer Vergangenheit selbst flüchten mussten und von anderen aufgenommen wurden. Wir schützen das Asylrecht, daran wird nicht gerüttelt." Wichtig sei, dass die Regierung in der aktuellen Situation die Kommunen nicht im Stich lasse, die Geflüchtete aufnehmen. "Denn dann kann die Stimmung kippen in einem Dorf. Wir müssen das als Gemeinschaftsaufgabe begreifen", appellierte Rützel.
Unterschiedliche Meinungen zu Olaf Scholz
Rützel brach eine Lanze für Kanzler Olaf Scholz, der in öffentlichen Debatte aktuell eher für mangelnde Führungsstärke kritisiert wird. Scholz sei keiner, der sage "Basta, und darauf trinken wir jetzt ein Bier" – im Hintergrund, intern, setze Scholz aber durchaus Schwerpunkte. Andere Stimmen zu Scholz gab es während des Aussprache-Teils, in dem die Delegierten Wünsche, Lob und Kritik an Rützel richten konnten. Ob Rützel eigentlich die private Handynummer von Olaf Scholz habe, wollte Marc Nötscher, Vorsitzender der Lohrer SPD, wissen. Rützel solle Scholz doch einmal auf einen Frankenwein einladen, damit der Kanzler von Rützel lernen könne, was "klare Kante" eigentlich bedeutet. Andreas Walter aus Obernburg forderte die SPD auf, selbstbewusster aufzutreten, sich in der Koalition nicht von der FDP und in Migrationsfragen nicht von der Union vor sich her treiben zu lassen.

Als Eisenbahner, der bis zu seinem Einzug in den Bundestag für die Deutsche Bahn gearbeitet hat, kommentierte Rützel auch den Verkauf der Logistiktochter DB Schenker. Der zuletzt einzige profitable Unternehmensteil war in der vergangenen Woche für 14,3 Milliarden Euro an einen dänischen Logistikkonzern veräußert worden. Er halte das für die richtige Entscheidung: "Die Eisenbahn hat genug mit der Eisenbahn zu tun, sie muss sich nicht auch noch um einen globalen Logistikkonzern kümmern." Das Geld könne man dagegen gut gebrauchen, einen Teil wolle man in Infrastruktur investieren, einen anderen Teil in die Renten.
SPD will Segel setzen
Abschließend warnte Rützel in seiner Bewerbungsrede davor, dass Deutschland aktuell gespalten werde. Man spiele Geringverdiener gegen Bürgergeldbezieher und Einheimische gegen Migranten aus – davon profitierten aber stets nur die Rechten, wie man bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen gesehen habe.
Mit einem Zitat des Heimatdichters Gorch Fock stimmte Rützel die Anwesenden auf den Wahlkampf ein: "Gottes sind Wogen und Wind. Segel aber und Steuer, dass ihr den Hafen gewinnt, sind euer", zitierte er. Man müsse nun raus aus der Komfortzone, sich einmischen, den Wind aufnehmen und die Segel richtig setzen.
Dass Rützel sich jetzt für die Bundestagswahl hat aufstellen lassen Interessiert mich eigentlich nicht die Bohne.
Der Ampel ist bis auf die doppelte Staatsbürgerschaft kein großer Wurf gelungen. Es wird Zeit für eine Ablösung, aber ich weiß auch, dass die CDU hier auch keine bessere Arbeit macht.
Deutschland befindet sich in einer Zwickmühle von inkompetenten Politikern in jeder Partei.
Scholz leidet an permanenter Amnesie, wenn man ihn im Ausschuss befragt und Söder schwingt nur die Grenzkontrollenkeule.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bullmann, MPA
🥱 Schön, dass die Plattitüden, Sprech- und Argumentationsblasen von Berlin bis runter nach MSP durchdekliniert sind 🥱.
Ich freue mich auch für den Herrn, dass in seiner Politblase die Welt noch in Ordnung ist.
Pech für ihn und seine Partei, dass das mittlerweile ganz viele Wähler anders sehen.
Erst komme ich, dann die Partei, dann das Land. Das ist Söder. So stimme ich Ihnen zu 🤗 !