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Main-Spessart
SPD nominiert Bernd Rützel für Bundestagswahl 2025: Der brach eine Lanze für Kanzler Scholz
Der Bundestagsabgeordnete aus Gemünden nutzte seine Bewerbungsrede, um auf Erfolge der Ampel hinzuweisen und vor einer Spaltung des Landes zu warnen.
Die SPD hat für den Wahlkreis Main-Spessart/Miltenberg Bernd Rützel zum Kandidaten für die Bundestagswahl gewählt. Rützel hat bereits seit 2013 ein Mandat und leitet aktuell den Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Foto: Carolin Schulte | Die SPD hat für den Wahlkreis Main-Spessart/Miltenberg Bernd Rützel zum Kandidaten für die Bundestagswahl gewählt. Rützel hat bereits seit 2013 ein Mandat und leitet aktuell den Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Carolin Schulte
 |  aktualisiert: 20.09.2024 02:34 Uhr

Harmonisch ging es zu bei der Nominierung des SPD-Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Main-Spessart/Miltenberg am Samstag in Altfeld: Bernd Rützel erhielt erneut das Vertrauen der Delegierten und wurde mit 63 von 64 Stimmen zum Kandidaten gewählt. Es gab eine Enthaltung. Der Gemündener sitzt bereits seit 2013 im Bundestag. 

In seiner Bewerbungsrede machte sich Rützel stark für die Ampel-Regierung. "Von unserem Koalitionsvertrag sind bereits 80 Prozent umgesetzt, die Ampel hat geliefert", sagte Rützel unter großem Applaus der Parteikollegen. Die SPD habe in der Koalition Verantwortung übernommen und drei Partner "zusammengebaut, die unterschiedlicher nicht sein könnten", das spüre man auch. "Machen wir uns nichts vor, es wird gestritten wie bei den Kesselflickern, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen." Als Erfolge nannte er beispielsweise das Deutschlandticket, die Erhöhung von Kindergeld und Bafög, das Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild oder die Legalisierung von Cannabis. 

Rützel vermisst konstruktive Kritik von der Union

Er ließ die vergangen drei Jahre Revue passieren, die von den Nachwirkungen der Corona-Pandemie und dem Angriff auf die Ukraine geprägt waren. Drei Faktoren, die Deutschland zuvor gestärkt hatten, seien durch den Krieg quasi über Nacht weggefallen: billige Energie aus russischem Gas, hohe Einkünfte durch den Export von Waren und die Gewissheit, dass es in Sachen Verteidigung ausreicht, sich auf die USA zu verlassen.

Kritik übte er an der Union: Die habe es nach 16 Jahren Merkel-Regierung schwer gehabt, ihre Rolle in der Opposition zu finden. Er wünsche sich konstruktive Vorschläge und Mitarbeit, stattdessen werde nur gemeckert, gestänkert und geklagt. Söder habe etwa die Ampel dafür kritisiert, dass der Haushalt erst Anfang Februar stand – dabei sei der bayerische Haushalt erst im Juli verabschiedet worden. Söder brauche mehr Demut und "Selbstbewusstsein", so Rützel, in dem Sinne, dass er sich seiner selbst mehr bewusst sein müsse. 

Zur Wahl gratulierten (von links) für die Main-Spessart-SPD Pamela Nembach, für Miltenberg Sabine Balleier und Steffen Salvenmoser und von der Geschäftsstelle Sabine Kettinger.
Foto: Carolin Schulte | Zur Wahl gratulierten (von links) für die Main-Spessart-SPD Pamela Nembach, für Miltenberg Sabine Balleier und Steffen Salvenmoser und von der Geschäftsstelle Sabine Kettinger.

Zum Thema Migrationspolitik, das seit dem tödlichen Messerangriff in Solingen die Schlagzeilen beherrscht, machte Rützel deutlich: "Das Asylrecht steht nicht durch Zufall im Grundgesetz, sondern weil wir in unserer Vergangenheit selbst flüchten mussten und von anderen aufgenommen wurden. Wir schützen das Asylrecht, daran wird nicht gerüttelt." Wichtig sei, dass die Regierung in der aktuellen Situation die Kommunen nicht im Stich lasse, die Geflüchtete aufnehmen. "Denn dann kann die Stimmung kippen in einem Dorf. Wir müssen das als Gemeinschaftsaufgabe begreifen", appellierte Rützel. 

Unterschiedliche Meinungen zu Olaf Scholz

Rützel brach eine Lanze für Kanzler Olaf Scholz, der in öffentlichen Debatte aktuell eher für mangelnde Führungsstärke kritisiert wird. Scholz sei keiner, der sage "Basta, und darauf trinken wir jetzt ein Bier" – im Hintergrund, intern, setze Scholz aber durchaus Schwerpunkte. Andere Stimmen zu Scholz gab es während des Aussprache-Teils, in dem die Delegierten Wünsche, Lob und Kritik an Rützel richten konnten. Ob Rützel eigentlich die private Handynummer von Olaf Scholz habe, wollte Marc Nötscher, Vorsitzender der Lohrer SPD, wissen. Rützel solle Scholz doch einmal auf einen Frankenwein einladen, damit der Kanzler von Rützel lernen könne, was "klare Kante" eigentlich bedeutet. Andreas Walter aus Obernburg forderte die SPD auf, selbstbewusster aufzutreten, sich in der Koalition nicht von der FDP und in Migrationsfragen nicht von der Union vor sich her treiben zu lassen.

Rützel bedankte sich bei seiner Partei für das Vertrauen. Er war mit 98,4 Prozent der Stimmen zum Bundestagskandidaten gewählt worden.
Foto: Carolin Schulte | Rützel bedankte sich bei seiner Partei für das Vertrauen. Er war mit 98,4 Prozent der Stimmen zum Bundestagskandidaten gewählt worden.

Als Eisenbahner, der bis zu seinem Einzug in den Bundestag für die Deutsche Bahn gearbeitet hat, kommentierte Rützel auch den Verkauf der Logistiktochter DB Schenker. Der zuletzt einzige profitable Unternehmensteil war in der vergangenen Woche für 14,3 Milliarden Euro an einen dänischen Logistikkonzern veräußert worden. Er halte das für die richtige Entscheidung: "Die Eisenbahn hat genug mit der Eisenbahn zu tun, sie muss sich nicht auch noch um einen globalen Logistikkonzern kümmern." Das Geld könne man dagegen gut gebrauchen, einen Teil wolle man in Infrastruktur investieren, einen anderen Teil in die Renten.

SPD will Segel setzen

Abschließend warnte Rützel in seiner Bewerbungsrede davor, dass Deutschland aktuell gespalten werde. Man spiele Geringverdiener gegen Bürgergeldbezieher und Einheimische gegen Migranten aus – davon profitierten aber stets nur die Rechten, wie man bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen gesehen habe. 

Mit einem Zitat des Heimatdichters Gorch Fock stimmte Rützel die Anwesenden auf den Wahlkampf ein: "Gottes sind Wogen und Wind. Segel aber und Steuer, dass ihr den Hafen gewinnt, sind euer", zitierte er. Man müsse nun raus aus der Komfortzone, sich einmischen, den Wind aufnehmen und die Segel richtig setzen.

 
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Kommentare
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  • Christa Bullmann
    Und in China ist ein Sack Reis umgefallen.

    Dass Rützel sich jetzt für die Bundestagswahl hat aufstellen lassen Interessiert mich eigentlich nicht die Bohne.

    Der Ampel ist bis auf die doppelte Staatsbürgerschaft kein großer Wurf gelungen. Es wird Zeit für eine Ablösung, aber ich weiß auch, dass die CDU hier auch keine bessere Arbeit macht.

    Deutschland befindet sich in einer Zwickmühle von inkompetenten Politikern in jeder Partei.
    Scholz leidet an permanenter Amnesie, wenn man ihn im Ausschuss befragt und Söder schwingt nur die Grenzkontrollenkeule.

    Mit freundlichen Grüßen

    Johannes Bullmann, MPA
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  • Bernhard Schebler
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Ralf Eberhardt
    Herr Rützel - frei nach Martin Luther King (nicht von der Bedeutung, sondern vom Kontext): I had a dream.
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  • Frank Benner
    "Abschließend warnte Rützel in seiner Bewerbungsrede davor, dass Deutschland aktuell gespalten werde. Man spiele Geringverdiener gegen Bürgergeldbezieher und Einheimische gegen Migranten aus."

    🥱 Schön, dass die Plattitüden, Sprech- und Argumentationsblasen von Berlin bis runter nach MSP durchdekliniert sind 🥱.

    Ich freue mich auch für den Herrn, dass in seiner Politblase die Welt noch in Ordnung ist.

    Pech für ihn und seine Partei, dass das mittlerweile ganz viele Wähler anders sehen.
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  • Silke Müller
    Natürlich wird Deutschland gespalten. Auch von Söder. Tofu gegen Bratwurst. Stadt gegen Land. Berlin gegen Bayern. Verbrenner-Auto gegen Lastenrad. Wokeness gegen den angeblichen gesunden Menschenverstand. Atomkraftwerke gegen erneuerbare Energie. Usw. So geht das Tag ein Tag aus. Die Welt ist aber komplex. Sie ist weder schwarz noch weiß. Wer das behauptet, macht keine seriöse Politik, sondern redet Deutschland schlecht aus parteitaktischen Gründen. Erst die Partei, dann das Land. Das ist Söder!
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  • Frank Benner
    Sehr geehrte Frau Müller, erlauben Sie mir bitte, Ihnen zuzustimmen und gleichzeitig zu widersprechen. Das Motto des verehrungswürdigen Minsterpräsidenten lautet ein ganz klein bisschen anders:

    Erst komme ich, dann die Partei, dann das Land. Das ist Söder. So stimme ich Ihnen zu 🤗 !
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  • Werner Müller
    Das Asylrecht hat in Deutschland Verfassungrang. In seiner Hauptsache dient es der Wahrung der Menschenwürde, schützt aber auch das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit und andere grundlegende Menschenrechte. Daher ist es im Grundgesetz nach Rechtsfindung der Väter des Grundgesetzes verankert. Daher, um den Gräueln des NS-Regimes zu begegnen. Dieses menschenverachtende Wirken, dieses Morden von Unschuldigen darf sich niemals mehr auf deutschem Boden und unter staatlicher Legitimation wiederholen. Deutsche mussten allerdings ab Ende 1944 nicht flüchten, sie wurden vertrieben. Das ist der Unterschied, zu einer Zeit, als das Grundgesetz überhaupt noch nicht in Kraft getreten war. Die Geburtsstunde unseres Grundgesetzes war am 23. Mai 1949! Ab diesem Zeitpunkt ist der Begriff Asyl auch in unserem Grundgesetz manifestiert. Bitte immer diesen Unterschied, auch im Rechtssinne, beachten. Bernd, dennoch herzlichen Glückwunsch zur Nominierung!
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