Präsidentin des Weltverbandes für die Waldarbeitermeisterschaften: Sandra Schwender rechnete 1997 nicht damit, dass sie diesen Posten einmal übernehmen würde. Damals begann ihr Mann Gotthard "Gottl" Schwender mit dem Motorsägensport. Und Sandra Schwender war immer mit dabei. 26 Jahre später und wenige Wochen vor der nächsten WM sitzt sie nun am Esstisch in ihrem Gräfendorfer Zuhause und erzählt, was zu tun ist. Denn so eine Weltmeisterschaft organisiert sich nicht von selbst.
Bei Waldarbeitsmeisterschaften gibt es fünf Disziplinen, in denen die Motorsäge eingesetzt wird (siehe Infobox). Alle Disziplinen kommen aus der Praxis und vom Berufsbild Forstwirt. Geschicklichkeit, Schnelligkeit und Präzision gelten bei diesem Sport. Auch Sicherheitsaspekte werden bewertet. Und eine, die es genau nimmt und genau weiß, ist Sandra Schwender. Sie ist seit 2006 Teil der Bundesregelkommission, seit 2010 deren Vorsitzende und oft als Schiedsrichterin involviert. Dann geht es etwa darum, Einschnittswinkel, Kerben und Versatz abzumessen. Oft entscheiden Zehntelmillimeter über den Sieg.
Immer hellwach sein
Man müsse dabei immer die richtige Entscheidung treffen, sagt Schwender. Und: "Hellwach sein. Der Sport, den wir betreiben, ist schnell. Du brauchst die Konzentration vom ersten bis zum letzten Teilnehmer."
Die diesjährige WM startet am 19. April in Estland, am 17. April will Schwender dorthin reisen, am 20. April hat sie Geburtstag. Vielleicht macht ihr der Weltverband dann eine zweite Amtszeit als Präsident zum Geschenk, denn vor jeder WM steht die Generalversammlung der 28 Mitgliedsnationen des IALC (International Association Logging Championship) und damit Wahlen an.
Aufwand wie ein Halbtagsjob, aber alles ehrenamtlich
Aber viel Zeit, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, hat die noch 53-jährige Schwender gerade wohl nicht. Es müssen Startlisten und Zeitpläne erstellt, Schiedsrichter bestellt, Sponsorenverträge unterschrieben werden. "Ich war gestern bis halb zwölf im Büro, das zieht sich. Ich bin aufgewacht und hatte 13 E-Mails", berichtet Schwender. Auch ein Fanprogramm organisiert sie gemeinsam mit dem ausrichtenden Land. Die Teilnehmende machen dann während der WM Ausflüge in Estland. "Vor einer Meisterschaft arbeite ich wesentlich mehr", sagt sie. Der Aufwand im restlichen Jahr sei einem Halbtagsjob ähnlich – alles ehrenamtlich.
Mit dem Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine musste sich Schwender in ihrer ersten, zudem von Corona geprägten Amtszeit auch auseinandersetzen. Eine Abstimmung unter den Verbandsmitgliedern ergab, dass die IALC-Mitglieder Russland und Belarus von der WM ausgeschlossen werden, "solange der Konflikt nicht für alle Seiten zufriedenstellend gelöst ist", sagt Schwender. "Ich hab mich vorab mit sowas gar nicht auseinandergesetzt. Das war schwierig. Wir haben uns dann an den olympischen Spielen orientiert." Der ukrainischen Kader sei für die WM angemeldet, "aber wir wissen nicht, ob sie letztendlich dabei sein werden."
Schulungen für Schiedsrichter
Eher nebenbei, so scheint es zumindest während der heißen Vorbereitungsphase, hat Schwender noch einen Job am Tankstellenautomaten in Gräfendorf. Und sie macht die Büroarbeiten für die Nebengewerbe ihrer Söhne, die Forst- und Gartenservices anbieten. Von klein auf waren die beiden, Julian und Jannik, bei den Meisterschaften dabei, Julian ist dem Motorsägensport treu geblieben. "Die kennen nix anderes außer Wald und Holz", sagt Schwender und lacht.
Dass zwei Familienmitglieder im Sport aktiv sind, hilft Schwender in ihrer Arbeit weiter, sie ist nah dran an der Praxis. Wenn Wettkampfregeln geändert werden, weiß sie Bescheid, sie organisiert Schulungen für die anderen Schiedsrichter. "Eigentlich hänge ich in jeder Meisterschaft", sagt sie, ob als Schiri oder Organisatorin. Sie ist auch im Vorstand des bayrischen Verbandes als Beisitzerin aktiv.
Lange gezögert sich einzubringen hat Schwender nicht. Nachdem ihr Mann Gottl 1997 an der ersten Meisterschaft teilgenommen hat, organisierte die Familie 1998 die erste unterfränkische Meisterschaft in Gräfendorf. 2003 und 2017 fanden die deutschen Meisterschaften dort statt. Immer dabei, ob beim Training oder bei Wettkämpfen: die "Rentnerband", eine Gruppe von Fans aus der näheren Umgebung von Gräfendorf, die hilft und zu den bayerischen und deutschen Meisterschaften mitreist.
Selbst wollte sie nie zur Motorsäge greifen und um die Wette schneiden, als gelernte Fernmeldehandwerkerin fasziniert sie aber die Technik. Der Sport lässt sie schon lange nicht mehr los. "Das wichtige ist der Kontakt mit den Leuten. Das hat sich zu guten Freundschaften entwickelt. Das geht über den Sport hinaus, geht ins Private. Man kennt die komplette Familie, die Kinder, die Verwandtschaft", erzählt Schwender. "Wir könnten mal ein Buch schreiben mit allem, was wir schon erlebt haben."