
Welche Vorteile hätte die Stadt Marktheidenfeld von einer Biosphärenregion Spessart und welche Flächen könnte sie einbringen? Neben einer allgemeinen Vorstellung des Projektes versuchte Sebastian Kühl vom Landratsamt dem Marktheidenfelder Stadtrat in der Sitzung am Donnerstag auch diese konkreten Fragen zu beantworten. Kühl ist zuständig für die Landkreisentwicklung und Wirtschaftsförderung in Main-Spessart und hat in Marktheidenfeld seine Info-Tour zur Biosphärenregion durch den Landkreis begonnen.
Bis Mitte des Jahres sollen die Städte und Gemeinden mit Flächen im Untersuchungsraum, also dem jetzigen Naturpark Spessart, eigenständig entscheiden, ob sie sich beteiligen wollen oder nicht. Bürgermeister Thomas Stamm sagte, die Stadt wolle Gespräche mit verschiedenen Interessensgruppen führen, zum Beispiel der Werbegemeinschaft, dem Hotel- und Gaststättenverband und der Tourismus-Chefin Inge Albert, aber auch mit Vertretern der Landwirtschaft, Jägern und Förstern. So wolle man sich bei dem "durchaus emotionalen Thema" eine Meinung bilden.
Spessart erhofft sich vor allem mehr Tourismus von einer Biosphärenregion
Kühl stellte die Eckpunkte der Unesco-Auszeichnung vor: Eine Biosphärenregion ist eine Modellregion für nachhaltige Entwicklung, der Fokus liegt aber klar auf dem Menschen und der Bewirtschaftung. Die Ausrichtung ist damit ganz anders als bei einem Nationalpark. Es gibt eine Kernzone (3 Prozent) und eine Pflegezone (mit der Kernzone zusammen mindestens 20 Prozent), der Rest ist Entwicklungszone. Einschränkungen bei der Bewirtschaftung gibt es nur in der Kernzone, machte Kühl noch einmal klar. Auch müsse nicht der ganze Untersuchungsraum von rund 170.000 Hektar zur Biosphärenregion werden, man könne auch kleiner anfangen.
Die beteiligten Landkreise Main-Spessart, Miltenberg, Aschaffenburg und die Stadt Aschaffenburg versprechen sich von einer Biosphärenregion vor allem mehr Tourismus, ein größeres Gemeinschaftsgefühl im Spessart und eine bessere finanzielle Ausstattung. Denn die Biosphäre wird vom Freistaat finanziert, der Naturpark dagegen von Kommunen und Landkreis.
Um die rund 5000 Hektar für die Kernzone zusammen zu bekommen, sind jetzt auch die Kommunen gefragt. Denn die aktuell geschützten Flächen (Naturwald und Naturschutzgebiete mit Prozessschutz) reichen noch nicht aus. Rund 2000 Hektar Staatswald sind bereits jetzt für eine Kernzone geeignet. Kühl deutete aber an, dass es hier auch noch etwas Spielraum gebe, je nachdem wie viel durch die Kommunen zusammen komme. Die Pflegezone kann bereits über bestehende Natura 2000- und Naturschutzgebiete abgedeckt werden.
Größte Überzeugungsarbeit steht im Hochspessart bevor
Deutlich wurde bei der Vorstellung auch, dass Marktheidenfeld bei der Biosphärenregion keine zentrale Rolle spielt, da die Stadt am Rand des Untersuchungsraums liegt. Die meiste Überzeugungsarbeit werde er bei den Gemeinden im Hochspessart leisten müssen, sagte Kühl.
In Marktheidenfeld selbst gibt es laut Kühl keine geeigneten Flächen für eine Kern- oder Pflegezone. Im Stadtgebiet gebe es zwar mit dem Kreuzberg ein Naturschutzgebiet von circa 35 Hektar, das aber vor allem Offenland sei. "Wenn man ein Offenland unter Prozessschutz stellt, entwickelt es sich zum Wald", so Kühl. Die ökologisch wertvolle Fläche solle jedoch in ihrer jetzigen Form erhalten bleiben.
Es kommen aber nicht nur die "naturschutzfachlichen Filetstücke", sondern auch der Kommunalwald in Frage. Hier müsse man die Marktheidenfelder Gemarkung untersuchen und sich eventuell auch mit Nachbarkommunen zusammenschließen, um auf die Mindestgröße von 50 Hektar für ein Kernzonen-Stück zu kommen. Das müsste dann rechtlich als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. Sollte Marktheidenfeld bei einer Biosphärenregion mitmachen, wäre der überwiegende Teil der Gemarkung für die Entwicklungszone geeignet (jetziges Landschaftsschutzgebiet).
Caroline Kutz: Kommunen müssen sich engagieren, um davon zu profitieren
Von den Stadträtinnen und -räten gab es viele positive Wortmeldungen. Wolfgang Hörnig (CSU) wollte wissen, was passiere, wenn sich eine Kommune nicht beteilige. Bei einer Randkommune sei das laut Kühl eher unproblematisch, im Hochspessart schon schwieriger. Ein "Schweizer Käse" werde bei der Bewerbung sicher nicht akzeptiert. Nach den rechtlichen Grundlagen erkundigte sich Heinz Richter (proMAR). Die Biosphärenregion sei kein rechtliches Konstrukt, sondern ein Prädikat, erklärte Kühl. Für die Holzrechte seien zum Beispiel weiterhin die Bayerischen Staatsforsten maßgeblich, in der Kernzone gelten die Regeln eines Naturschutzgebiets.
Ludwig Keller (proMAR) betonte die Chance, die verschiedenen Teile des Spessarts zu einer Gemeinschaft zu verbinden, auch wenn er "ein bürokratisches Monster" fürchte. Er regte an, ob man dabei nicht auch wieder eine Busverbindung von Marktheidenfeld nach Aschaffenburg einrichten könne. Caroline Kutz (proMAR) sieht in der Biosphärenregion ebenfalls ein "tolles Label", sagte aber auch, dass sich die Kommunen engagieren müssten, um wirklich einen Vorteil daraus zu ziehen.
Für alle, die sich tiefer mit der Biosphärenregion beschäftigen möchten, liegt in der Marktheidenfelder Touristinformation am Marktplatz eine Info-Broschüre aus. Das Heft ist auch online abrufbar unter www.biosphaere-spessart.de