So hatte sich Sabine Sitter (CSU) ihr erstes Jahr als Landrätin nicht vorgestellt, geprägt von der Pandemie und der ewigen Debatte um Krankenhausstandorte. Im Interview spricht sie über ihre Ziele für das kommende Jahr, über GPS-Tracking von Mitarbeitern, Reibung im Kreistag und was im zweiten Amtsjahr anders werden soll.
Sabine Sitter: Vor der Pandemie hatte ich eine intensive Zeit im Wahlkampf. Da hat es mir gutgetan, als wegen der Pandemie etwas Ruhe einkehrte. Meine Kinder waren immer gut aufgehoben, das haben mein Mann und meine Eltern übernommen. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber zum Ende wurde es mühselig. Es war jetzt gut, dass die Schule wieder losging und die Lockerungen kamen.
Sitter: Ich komme aus dem sozialen Bereich, wo man abwägt und in der Gruppe entscheidet. Jetzt muss ich entscheiden und klare Ansagen machen. Dabei stelle ich fest: Es macht mir Freude, die Behörde zu leiten, weil man dabei viel Gutes und Richtiges bewegen kann.
Sitter: Auf neue Situationen kann ich mich gut einlassen und komme nicht mit vorgefertigten Meinungen. Außerdem will ich keine Energie vergeuden für Dinge, die man nicht ändern kann, sondern versuche vielmehr, lösungsorientiert zu handeln.
Sitter: Zunächst: Das läuft in den nächsten Tagen aus. Und jedem muss doch klar sein: Wenn wir eine solche Maßnahme ergreifen, muss etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein. Die Entscheidung habe ich nicht leichtfertig getroffen, aber ich habe keine andere Handhabe gesehen. Und nur zur Klarstellung: Eine Echtzeit-Überwachung gab es nie; die Tracker mussten auch nur in der ersten Zeit am Körper getragen werden.
Sitter: Die letzten zehn Jahre 11,5 Millionen allein für Straßen um Marktheidenfeld. Die bemerkenswerte Antwort einer Fraktion darauf: Das zählt ja nicht.
Außerdem hat der Landkreis in den vergangenen Jahren massiv in die Ausstattung und den Bauunterhalt der Marktheidenfelder Schulen investiert, allein in den vergangenen drei Jahren 1,7 Millionen Euro in den Bauunterhalt von Gymnasium, Realschule und Main-Spessart-Halle. Hinzu kamen nochmal rund 1 Million Euro für eine moderne Schulausstattung und der Ausbau der FOS/BOS und des Bildungszentrums für Pflegeberufe in Marktheidenfeld.
Sitter: Die Pandemie hat Kommunikation verhindert, es war kaum Beziehungsarbeit im Kreistag möglich. Hier im Landratsamt konnte ich die Abteilungs- und Sachgebietsleiter gut kennenlernen. Wir haben eine Tagung mit Übernachtung im Schülerwohnheim gemacht. So etwas planen wir jetzt auch für den Kreistag. Für jemanden wie mich, der gern persönlich mit Menschen kommuniziert, war das ein schlechtes Jahr. Dennoch: Ich finde den Austausch im Kreistag zwar kontrovers, aber in der Regel konstruktiv.
Sitter: Ich stimme der Kritik des Rhön-Grabfeld-Landrats Habermann zur Benachteiligung ländlicher Regionen zu. Im Moment weiß ich nichts von weiteren Zuteilungen, aber da haben wir unsere Mandatsträger eingeschaltet, Anna Stolz, Thorsten Schwab. (Anmerkung der Redaktion: Am Freitag informierte das Landratsamt, dass der Freistaat Bayern durch den Bund eine Sonderzuteilung von Johnson & Johnson in Aussicht gestellt bekommt, die in der nächsten Zeit an die Landkreise verteilt wird. Genauere Informationen waren dem Landratsamt am Freitag noch nicht bekannt.)
Sitter: Ich will Netzwerke knüpfen, beispielsweise mit den Ministerien in München. Das Thema "Übergang von der Schule in den Beruf" wollen wir an das Landratsamt andocken, das ist bereits mit dem Schulamt besprochen. Das Biosphärenreservat im Spessart ist mir ganz wichtig, das kommt am Montag ins Gremium, sodass wir offiziell dran arbeiten können. Ich sehe, dass im Bereich der Blaulicht-Organisationen viel Gesprächsbedarf ist. Auch um die Gesundheitsstrategie werden wir uns kümmern.
Sitter: Die Atemschutzstrecke soll bis dahin umgezogen sein und von der Feuerwehr wieder genutzt werden können. Die Berufsinformationstage wollen wir neu ausgerichtet haben. Und es ist mir ein großes Anliegen, dass wir gemeinsam mit den Landkreisen Aschaffenburg und Miltenberg eine Machbarkeitsstudie für die Entwicklung des Biosphärenreservats beauftragen.
Sitter: Es ist kein Zurückstellen auf null, wir arbeiten immer im Hintergrund. Wir haben auch Unterstützung vom Freistaat bekommen, damit wir zusammen mit einem externen Projektierer alles sortieren. Wir versuchen gerade, unterschiedliche Möglichkeiten zusammenfassen – aber immer auf Grundlage des Beschlusses von 2018. Das sieht man am Masterplan, das sind die Punkte Reha, Pflege, ambulante Versorgung. Aber es ist noch nicht so reif, dass wir es nach außen präsentieren können.
Sitter: Wer sich im Gesundheitswesen in Deutschland auskennt, weiß, dass es ein Privileg ist, dass wir dieses Krankenhaus bekommen. Von daher waren wirklich alle Entscheidungen, die wir zum Zentralklinikum getroffen haben, richtig.
Meine Art ist es, Daten und Fakten zu sammeln, damit das Gremium richtige, nachhaltige und tragfähige Entscheidungen treffen kann. Dieses Vorgehen hätte ich mir gewünscht bei früheren Entscheidungen wie zum Beispiel einiger Detailplanungen im Zentralklinikum und bezogen auf die Nachnutzung des Standortes Marktheidenfeld. Jetzt müssen wir das Jahre später nachholen.
Sitter: Es treibt mich schon etwas um. Mit den anderen Landräten ist das kein Thema, und ich werde auch nicht mehr nach Kinderversorgung gefragt, wie vor sechs Jahren noch. Natürlich musste ich in der Funktion an der Spitze der Kreisverwaltung und des Kreistages auch hin und wieder klare Ansagen machen, was geht und was nicht. Man sollte eigentlich meinen, es sei für die Männer heute kein Thema mehr, vorgesetzte Frauen zu haben. Aber die Wirklichkeit ist manchmal anders. Und das spüre ich als Frau sehr genau.
Für das, was am 1. Mai auf mich eingeprasselt ist, mit der Pandemie, mit dem Klinikum, bin ich ganz ehrlich stolz auf das, was wir hier geleistet haben.