zurück
Karlstadt
Landratsamt Main-Spessart bestätigt Mitarbeiter-Überwachung per Tracker
Sind Behördenmitarbeiter per GPS überprüft worden? Landrätin Sabine Sitter will sich nicht öffentlich äußern. Ein früherer Behördenleiter schon: "Unsägliche Dienstvereinbarung."
Die Landrätin des Landkreises Main-Spessart, Sabine Sitter - hier bei ihrer Vereidigung im Mai 2020.
Foto: Jürgen Kamm | Die Landrätin des Landkreises Main-Spessart, Sabine Sitter - hier bei ihrer Vereidigung im Mai 2020.
Carolin Schulte
,  Joachim Spies
 und  Markus Rill
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:43 Uhr

Die Berichte von Betroffenen, dass Mitarbeiter der Bauaufsichtsbehörde des Landratsamts Main-Spessart im Außendienst GPS-Ortungsgeräte bei sich tragen müssten, entsprechen der Wahrheit: "Es stimmt, dass einige wenige Mitarbeiter des Landratsamtes während ihrer Arbeitszeit – ausschließlich im Außendienst – ein Ortungsgerät bei sich führen", teilte Tina Starck, Pressesprecherin des Landratsamts, am Mittwochnachmittag auf die Nachfragen dieser Redaktion mit.

Weil es in der Vergangenheit bei Außendiensten "zu massiven Unregelmäßigkeiten" gekommen sei, sollte diese Maßnahme "weiteren arbeitsrechtlichen Verstößen vorbeugen", heißt es in der Stellungnahme wörtlich. Es handle sich "um eine zeitlich eng befristete Maßnahme" von "wenigen Wochen". Anders als von Betroffenen berichtet, müssten die GPS-Tracker nicht um den Hals getragen werden. Auch während der Pausen müssten die Mitarbeiter das Gerät nicht bei sich führen, so die Auskunft der Sprecherin.

Kreisrat und Grünen-Fraktionssprecher fragte nach

Am Mittwochvormittag hatte der Fraktionssprecher der Grünen im Kreistag, Gerhard Kraft, in der  Sitzung des Ausschusses für Landkreisentwicklung in Marktheidenfeld gefragt, was an den Vorwürfen dran sei: "Die Sache bewegt die Bevölkerung." Kraft wies auf mehrere Dutzend Online-Kommentare zur Berichterstattung hin: "Eine Stellungnahme des Landratsamtes wäre angezeigt."

Landrätin Sabine Sitter (CSU) verwies auf die Auskunft, die in Vorbereitung sei: "Wir werden uns dazu äußern, aber nicht hier im öffentlichen Teil der Sitzung." Schließlich handele es sich um Personalangelegenheiten, der Datenschutz sei einzuhalten.

Ehemaliger Behördenleiter zeigt sich empört

Elmar Weissenberger, bis 2017 Leiter der Bauaufsichtsbehörde in Main-Spessart und mittlerweile pensioniert, berichtet, er habe von langjährigen Mitarbeitern von den GPS-Trackern erfahren. Er habe gehört, dass "wiederkehrende Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Außendiensten und Arbeitszeiterfassung sowie Alkoholkonsum und die generelle Dienstauffassung" als Grund für den Einsatz der Tracker genannt würden.

Die Nutzung sei offenbar von "Landrätin Sitter mit dem Personalrat in einer eigens hierfür erlassenen Dienstvereinbarung so festgelegt" worden. "Sogar gemeinsame Pausen am Arbeitsplatz und Kaffeerunden wurden untersagt. Private Handys müssen abgeschaltet werden", sagt Weissenberger. Bei Missachtung drohten den Mitarbeitern arbeitsrechtliche beziehungsweise disziplinarrechtliche Schritte.

Andrea Burkard, die Personalratsvorsitzende im Landratsamt, räumt ein, dass es eine solche Dienstvereinbarung gibt. Zu Details will sie sich auf Nachfrage allerdings nicht äußern.

"Keine Verhaltens- und Leistungskontrollen": Wie andere Landkreise vorgehen

Die Überwachung von Mitarbeitern mit GPS-Trackern ist jedenfalls kein übliches Mittel, wie Nachfragen bei anderen Behörden in der Region ergeben: Die Landkreise Bad Kissingen und Haßberge beispielsweise tracken ausschließlich die Fahrten der Winterdienst-Fahrzeuge. Das gilt auch für den Landkreis Main-Tauber, wo eine Dienstvereinbarung aus dem Jahr 2017 zwischen Landratsamt und Personalrat ausdrücklich klarstellt: "Es werden keine Verhaltens- und Leistungskontrollen der Mitarbeiter im Straßenbetriebsdienst über die technisch mögliche Ortung durchgeführt." Die Ortung der Fahrzeuge dient demnach nur der Dokumentation des erfolgten Winterdienstes.

Eine derartige Dienstvereinbarung sei kein Schnellschuss, sagt der ehemalige Behördenleiter Elmar Weissenberger. "Darüber müssen sich die Landrätin und der Personalrat Gedanken gemacht haben." Er hält die Maßnahme für inakzeptabel. Seine Aufforderung an Sabine Sitter: "Nehmen Sie diese unsägliche Dienstvereinbarung für das Bauamt umgehend wieder zurück!"

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Karlstadt
Carolin Schulte
Joachim Spies
Markus Rill
Arbeitszeit
Bauaufsichtsbehörden
Baubehörden
Behördenleiter
CSU
Fraktionssprecher
Gerhard Kraft
Kreisräte
Personalrat
Sabine Sitter
Öffentliche Behörden
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • I. R.
    Es ist eine Diestvereinbarung.
    Wie kann ein Personalrat so etwas zustimmen?
    Die Kontrollfunktion sollte doch wahrgenommen werden.
    Wenn man keine Ahnung hat (wie offensichtlich das Personalamt) kann ja an kompetenter Stelle nachgefragt werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Behördenmitarbeiter per GPS überwacht, Teil 2:

    Auch was die Arbeitsmoral angeht, so kann man auch das schwer mit einem GPS-Gerät kontrollieren, denn ein GPS-Gerät zeichnet ja keine Gespräche auf, heißt, man kann Dienstgespräche führen oder sich über Fußball unterhalten.

    Und wie will man Privatgespräche über dass Handy kontrollieren?

    Das würde ja bedeuten, dass die Mitarbeiter vor jedem Außendienst ihre Handys abgeben müssen, um genau dies zu verhindern und dann müssten rein theoretisch auch noch Leibesvisitationen stattfinden, um zu kontrollieren, dass niemand ein zweites Handy einstecken hat.

    Eine "normale" Kontrolle kann es somit nicht geben, wenn man all diese Dinge verhindern will und ob diese dann noch legitim sind, ist dahin gestellt.

    Aber auch den Außendienstmitarbeiten sei gesagt, dass es die dümmsten Zufälle geben kann, dass ihr Fehlverhalten im Außendienst publik wird.

    Und dann ist eine Reaktion seitens der Vorgesetzten (Abmahnung etc.) gerechtfertigt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Behördenmitarbeiter per GPS überwacht, Teil 1:

    Ganz klar:

    Alkohol während der Arbeitszeit geht überhaupt nicht, ob im Innendienst oder im Außendienst, was im Innendienst natürlich einfacher zu kontrollieren ist.

    Aber gerade im Außendienst liegt da bei der Kontrolle dass Problem, wie will man es kontrollieren.

    Aber garantiert nicht mittels eines GPS-Gerätes, denn dass GPS-Gerät verrät zwar, wo sich eine Person aufhält, aber nicht, was sie tut, ob sie Dienstgespräche führt oder ob eine Bierflasche am Hals hat oder wenn jemand in eine Tankstelle geht, dann kann man nicht sehen, geht die Person auf die Toilette, was ja dass Recht eines jeden ist oder kauft er sich Alkohol und konsumiert diesen dann.

    Da braucht es schon eine Kontrolle, aber eben nicht per GPS. Wie die aussieht, darüber sollte
    sich der Arbeitgeber Gedanken machen.

    Ein Problem ist aber auch, dass die Droge Alkohol zu sehr von der Gesellschaft akzeptiert ist, da braucht es eine generelle Diskussion.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. K.
    Ich befürworte die Überwachung. Die Beamten haben sich das selbst eingebrockt. Hätten sie ihren Job wie jeder andere ordentlich gemacht wäre die Aktion nicht nötig gewesen.
    Ich als Steuerzahler habe das Recht das auch Beamte Leistung bringen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. B.
    Sitter ist als Landrätin komplett unqualifiziert. Wo ist Ihre Stellungnahme. Na ja die Parteiangehörigkeit sagt alles.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. P.
    Ein Witz im Zeitalter 2021 und das bin einer Behörde!!!! Frau sitter sollte mal bei dem Chaos sich mal an das Wort Verantwortung erinnern - das ist nämlich sehr wichtig wenn man Chef einer Behörde oder Firma ist.....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. H.
    Kann mir nicht vorstellen, dass die Landrätin jemals öffentlich zur Thematik Stellung nimmt. Ihr Motto ist eigenlich schon länger "einfach aussitzen". So geht sie mit jeder Thematik um die ihr nicht schmeckt. Gibt es eigentlich auch schon eine Stellungnahme von der Regierung von Unterfranken? Mich würde brennend interessieren was diese dazu sagt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. S.
    Was folgt als Nächstes? Fußfesseln? AlleMitarbeiter pauschal unter Verdacht zu stellen, geht gar nicht! CSU = CSÜ = Christlich Soziale Überwachung!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. B.
    Weder Christlich noch Sozial. Neuer CSU slogan wäre angebracht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Mal an alle diejenigen, die diese Stasi-Aktion auch noch verteidigen:

    Ich habe vorhin mal mit Mitarbeitern der Personalverwaltung meines Arbeitgebers gesprochen, also Personen, die diese Aktion ja noch verteidigen könnten, und selbst die finden diese Aktion unmöglich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Fehlt nur noch, dass die Verantwortlichen dieser Stasi-Überwachung die Halsbänder im Geschäft "Fressnapf" erworben haben und dass dann in den Bändern Namen wie "Waldi" oder "Hasso" eingestanzt sind ...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    Mit einer solchen Dienstvereinbarung sind Landrätin und Personalrat nicht mehr tragbar. Hier haben beide versagt. Dienstvergehen, die Arbeitszeit und Alkohol betreffen, sind auch in anderer Form nachweisbar - auf keinen Fall mit einem GPS-Tracker. Und für Dienstvergehen gibt es Abmahnungen bzw. Kündigungen. Für den Personalrat wird es bei der nächsten Personalratswahl wohl auch eine andere Besetzung geben. Und was macht Frau Landrätin?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Laut Wikipedia hat Sabine Sitter "Soziale Arbeit" studiert ...

    ... ein Schelm, der jetzt Böses dabei denkt ...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. H.
    Wo ist das Problem? Mein Auto ist per GPS eingeloggt, mein Handy beim nächsten Funkmasten und mein PC verbindet sich automatisch mit dem Firmennetz (oder Facebook, Instagram usw.). Überall interlasse ich Spuren. Und wenn jemand die finden will ist das auch wieder kein Problem. Und ja, Arbeitszeit muss auch Arbeitszeit sein, dafür gibt es Geld vom Arbeitgeber. Und manchmal brauchts da leider Regeln.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    @kujuhi: Sie würden dann wahrscheinlich auch mit Halsband an einer Leine entlanglaufen!?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. S.
    Wie heisst es so schön: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

    Offensichtlich wurde das Vertrauen verspielt und nun muss kontrolliert werden. Warum auch nicht? Es handelt sich um Arbeitszeit die bezahlt wird. In dem Fall sogar von den Steuerzahlern, also von uns.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. R.
    Die Mitarbeiterkontrolle geht auch durch Zeitaufschreibung und deren Komtrolle.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. G.
    Wenn es außerdem Verstöße gab, dann gibt es andere arbeitsrechtliche (z.B. Abmahnung) bei Arbeitnehmern oder disziplinarrechtliche Maßnahmen (Verweis, Geldbuße oder Einleitung Disziplinarverfahren) bei Beamten. Wenn dann muss man die Einzelnen packen und zwar geht das auch nur, wenn schlagkräftige Beweise auf dem Tisch liegen. Mit einer GPS-Überwachung alle unter einen Generalverdacht zu stellen, geht gar nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Genau das ist auch meine Meinung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten