Viele Unwägbarkeiten prägten die Debatte im Gemündener Stadtrat am Montag, in der es darum ging, welche Art der Essenszubereitung für das Mittagessen im Neubau für den Kindergarten St. Martin gewählt werden soll. Die Entscheidung hat auch Einfluss auf die Bauplanung und könnte die Kommune einiges kosten. Zudem wurde kontrovers diskutiert, ob man den Eltern zumuten könne, die Teilnahme am Mittagessen zur Pflicht zu machen – zumindest für die Kinder, die über den Mittag in der Betreuung bleiben.
Drei Küchenvarianten möglich
Die drei möglichen Varianten für die Küchengestaltung stellte der Küchenplaner des mit der technischen Gebäudeausrüstung beauftragten Planungsbüros REA aus Würzburg, Klaus Reinhart, in der Sitzung ausführlich vor.
Variante 1: die Ausgabeküche ("cook and hold"). Dabei wird Essen von einem Caterer warm angeliefert und von Hilfskräften ausgegeben. Die Personalkosten mit 44.000 Euro, der Flächenbedarf mit 70 Quadratmetern und die Investitionskosten mit 180.000 Euro sind hier am geringsten.
Variante 2: die Regenerationsküche ("cook and chill"). Hier wird das Essen vom Caterer zubereitet, heruntergekühlt und gekühlt an die Kita geliefert. Dort wärmt eine Fachkraft das Essen auf. Das gekühlte Essen ist zudem drei bis fünf Tage lang haltbar. Die Personalkosten betragen 51.000 Euro, der Flächenbedarf 100 Quadratmeter und die Investitionskosten 250.000 Euro.
Am teuersten wäre Variante 3: die Frischeküche. In der kochen zwei Köche oder Köchinnen selbst. Die Personalkosten wurden, je nach Zusammensetzung, auf 85.000 bis 112.000 Euro kalkuliert, der Flächenbedarf beträgt 200 Quadrameter und die Investitionskosten würden mit 440.000 Euro zu Buche schlagen. Hier stünden aber auch umfangreiche Änderungen am Entwurf an, die Mehrkosten für den Bau von 275.000 Euro zur Folge hätten. Auch die Lüftungstechnik würde 60.000 Euro mehr kosten.
Die Herausforderung bei umfangreichen Änderungen: Die Fläche der Küche war bisher exakt auf die Förderung durch das Rahmenprogramm des Freistaats ausgerichtet. Lediglich 59 Quadratmeter werden demnach bezuschusst. Für alle Varianten ist aber mehr Platz nötig. Wie Architekt Andreas Härder darlegte, würde der Bau einer Frischeküche dazu führen, dass eine der Kindergartengruppen vom Erdgeschoss ins Obergeschoss wandern müsste, welches dadurch "aufgebläht" würde, wie Härder sagte. Das hieße auch, dass die Fassade und die Sanitärräume, die dann nicht mehr übereinander lägen, neu geplant werden müssten.
Starke Plädoyers für die Frischeküche
Kindergartenleiterin Tanja Höfling und die Hauptamtsleiterin Belinda Köhler sprachen sich eindeutig für die Frischeküche aus. Vor allem die höhere Flexibilität dieser Form des Essenszubereitung hob Höfling hervor. Schließlich seien Kinder im Alter von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu versorgen und zum Beispiel Unverträglichkeiten wie Zöliakie zu berücksichtigen. Außerdem könnten die Kinder bei einer Frischeküche mitentscheiden, was auf dem Speiseplan steht. Köhler berichtete zudem, dass die Frischeküche bis zu 300 Essen zubereiten könnte, die dann zum Teil auch an andere städtische Einrichtungen verteilt werden könnten.
Was das Essen selbst kosten wird, ist derweil unklar. So monierte Stadtrat Helmut Aulbach (FWG), dass die von der Gemeinde im Vorfeld eingeholten Informationen zu möglichen Lieferpreisen nicht vergleichbar seien. Die einen Preise berücksichtigten nämlich die Lieferung und Vorspeise und Dessert, die anderen nicht. Wenngleich große Einigkeit bestand, dass den Kindern eine Frischeküche zu gönnen sei, machten sich einige Stadträte Gedanken, ob die Eltern überhaupt mitziehen und das Essen buchen würden. "Wir können das vergessen, wenn es nicht angenommen wird", sagte etwa Matthias Kübert (BfB). "Welche Eltern können sich das leisten?" Zudem wurde im Kindergarten St. Martin das bisher als "cook and hold" gelieferte Essen für zuletzt 5,30 Euro abbestellt, da die Eltern mit der Qualität nicht zufrieden waren.
Bildungspaket kann Essen finanzieren helfen
Hauptamtsleiterin Belinda Köhler verwies zum einen auf Fördermöglichkeiten für Eltern aus dem Bildungspaket (Bildung und Teilhabe). "Zum zweiten würden wir gar nicht in Frage stellen, ob gegessen werden möchte oder nicht." Wer seine Kinder über die Mittagszeit hinaus anmelde, müsse dann das Mittagessen verbindlich annehmen. Auch Bürgermeister Lippert sprach sich für eine Verpflichtung aus: "Es muss unser Ziel sein, so viele Kinder wie möglich zum Essen zu bringen." Einige Stadträte meldeten Bedenken gegen eine Pflicht an, fünf Euro oder mehr am Tag pro Kind könnten sich manche nicht leisten.
Stadtrat Matthias Risser (CSU) sprach sich für die mittlere Variante, das "cook and chill"-Konzept aus. "Wir können aus finanzieller Sicht nicht alles leisten." Die Frischeküche sei ein "Idealkonzept. Wir müssen es auf günstigere Füße stellen", so Risser. Die Menschen würden sich erniedrigt fühlen, für das Mittagessen Hilfsleistungen zu beantragen. Außerdem meldete er Zweifel an, woher das Personal für eine Küche kommen solle. Hauptamtsleiterin Köhler ist sich aber sicher, das Personal zu finden. Durch die attraktiveren Arbeitszeiten in der Kita im Vergleich zur Gastronomie sieht sie die Personalfrage als das "kleinste Problem".
Kommt ein anderer Standort in Frage?
Stadtrat Robert Lampert (CSU) regte an, über den Tellerrand zu schauen und zu überlegen, ob eine Frischeküche auch außerhalb des Kindergartens denkbar sei. So könnte man auch die anderen Einrichtungen am Standort des Kindergartens, also etwa die Schulen, mit warmem Essen versorgen.
Bürgermeister Jürgen Lippert (BfB) gab jedoch zu bedenken: "Ist es unsere ureigenste Aufgabe, Küchen zu betreiben?" Wenn die Frischeküche noch Essen für andere Einrichtungen koche, würde die Stadt zum Transporteur. Außerdem stellte er die Frage, ob man andere Kinder und Jugendliche zwingen könne, zum Essen zu gehen.
Zuletzt deutete Lippert an, dass man künftig auch Essen aus der Großküche des Klinikums Main-Spessart beziehen könne. Die ziehe nach Lohr um und wolle auf das "cook and chill"-Konzept umstellen. Mit der Qualität seien andere belieferte Einrichtungen sehr zufrieden. Die Investitionskosten für eine Frischeküche seien nicht das Problem an, doch "die laufenden Kosten, das ist das, was uns hinterher absolut weh tun wird". Er schlug angesichts der langwierigen Debatte mit vielen offenen Fragen vor, den Beschluss zu verschieben.
So kamen die Städträte und die Stadträtin nach mehr als zwei Stunden Präsentation und Debatte nicht zu einem Ergebnis. Der Beschluss soll in der Stadtratssitzung nächste Woche gefällt werden, wofür die Gremiumsmitglieder das Rathaus baten, weitere Informationen zu Lieferanten und Angeboten einzuholen. Die Hoffnung ist, dass man nach Abschluss der Bauplanung im ersten Quartal 2023 in die Genehmigungsphase eintreten und dann zügig ausschreiben kann – schließlich koste, wie Stadtrat Robert Lampert sagte, die Miete der Ersatzcontainer für die Kita jeden Monat Geld.