
Sind autonom fahrende Busse die Lösung für den Nahverkehr in Main-Spessart und ist ein bedingungsloses Grundeinkommen die Zukunft unserer Arbeit? Diese und andere Ideen diskutierten die Bundestagskandidaten von sechs Parteien am Dienstagsabend in Lohr. Eingeladen hatte die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB).
Wie geht es mit dem Mindestlohn weiter?

Die KAB fordert einen Mindestlohn von 14 Euro – deutlich mehr, als die Linke (13 Euro) oder die SPD (12 Euro). Der Mindestlohn müsse steigen, sagte Bernd Rützel, Direktkandidat der SPD. "Klar ist aber, der Mindestlohn ist immer ein schlechter Lohn." Er sprach sich daher für mehr Tarifverträge aus.
Die Würzburger Direktkandidatin Simone Barrientos, die die Linke vertrat, wurde angesichts der hohen Zahl von Menschen, die in Deutschland vom Mindestlohn leben, emotional: "Warum ist da nicht mehr Zorn?", fragte sie. Der Mindestlohn müsse so hoch sein, dass er den Menschen Teilhabe und eine Rente ohne Aufstocken ermögliche.

CSU-Kandidat Alexander Hofmann kritisierte, der Mindestlohn sei in dieser Wahl zum Spielball der Parteien geworden. Ein steigender Mindestlohn bedeute auch steigende Preise für viele Dienstleistungen: "Mir ist das egal, wenn der Friseur teurer wird – ich brauche den nicht", scherzte der glatzköpfige Hoffmann. Kritisch werde es aber, wenn zum Beispiel die Kosten für einen Essen-auf-Rädern-Service stiegen und für Rentner nicht mehr bezahlbar seien. Ähnlich argumentierte auch Jessica Klug von den Freien Wählern: Der Mindestlohn sei zu pauschal, man müsse öfter den Einzellfall betrachten. Sie fand außerdem, der Mindestlohn hemme die Innovation im Mittelstand.
Entgegengesetzte Standpunkte vertraten Armin Beck (Grüne) und Werner Jannek (FDP): Beck sprach sich für allgemeinverbindliche Tarifverträge und starke Betriebsräte aus. Der liberale Kandidat – Inhaber eines Hotels und einer Werbeagentur – hielt dagegen, in seinen Unternehmen funktioniere Mitbestimmung auch ohne Betriebsrat.
Wie lassen sich die Bedingungen in der Pflege verbessern?
Dass man im deutschen Gesundheitssystem nicht weitermachen könne, wie bisher, darüber waren sich die Kandidaten aller Parteien einig. Beck kritisierte scharf den "Wirtschaftlichkeitswahn" in den Krankenhäusern und sprach sich für eine Bürgerversicherung aus.

Klug schlug vor, eine Pflege-Kammer einzurichten, um dem Personal eine stärkere Stimme zu geben. "Die Pflege ist einfach weniger vernetzt als andere Berufe", so ihre Beobachtung. Sie brachte auch ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle ins Spiel.
Für so ein verpflichtendes Jahr sprach sich auch Hoffmann aus. Er berichtete, wie er als Reservist im Winter vier Stunden in einem Seniorenheim geholfen habe, das von Corona schwer betroffen war. "Ganz ehrlich – das waren die schlimmsten vier Stunden des ganzen Jahres." Der Bundestag habe nur eine ungefähre Vorstellung von den Zuständen in der Pflege.
Das kritisierte auch Barrientos: Statt eines Gesellschaftsjahrs für alle forderte sie eine "verpflichtende Woche" in der Pflege für alle Bundestagsabgeordneten. "Ich verzweifle manchmal an der Ignoranz im Bundestag."

Jannek sprachen von einem "Krankheitssystem" statt Gesundheitssystem. Sein Ansatz: Mehr Vorsorge und mehr Zeit für die Patienten. Das würde die Pfleger entlasten und auch den Patienten guttun. Den typisch liberalen Standpunkt vertrat er beim Thema Löhne: Der Markt werde das regeln, Pflegekräfte könnten sich schließlich heute schon aussuchen, wo sie arbeiten wollen.
Dem widersprach Bernd Rützel: "Würde der Markt das regeln, dann hätten wir ja heute schon das beste Gesundheitssystem." Eine Gehaltserhöhung sei gar nicht das wichtigste. Man müsse die Pflegekräfte vielmehr auch körperlich entlasten.
Leben auf dem Land: Wie wollen die Kandidaten neuen Wohnraum schaffen?

Beck nutzte hier seine Erfahrung als Stadtrat in Karlstadt: Hier gebe es Stadtteile mit bis zu 80 ausgewiesenen, leeren Bauplätzen. Sein Vorschlag: Eine Grundsteuer C, die Eigentümer auf unbebaute Grundstücke zahlen müssen. Jannek suchte bei diesem Thema Becks Unterstützung: Er sprach sich dafür aus, Leerständen in den Innenstädten neues Leben einzuhauchen. "Dann hätten wir auch nicht so viel Flächenverbrauch, das fordern die Grünen ja immer."
Geht es nach Rützel, muss sich auch die Art des Bauens verändern: "Wir müssen einfacher bauen, in Modulbauweise." Als Vorbild nannte er die Stadt Wien, die selbst mehr als 220 000 Wohnungen besitzt und so den Wohnungsmarkt regulieren kann. Auch genossenschaftliche Wohnungen gibt es dort viele – ein Modell, das auch die KAB fordert.
Ein Eigenheim sei eine Absicherung für die Rente, betonte Jessica Klug. Sie forderte daher mehr Unterstützung für Bauherren. Barrientos sprach sich für kommunale Förderprogramme aus. Hoffmann betonte den Erfolg des Baukindergeldes und regte an, einen Freibetrag für die Grunderwerbssteuer einzuführen.
Publikumsfrage: Wie wird der ÖPNV in Main-Spessart attraktiver?

Hier gingen die Meinungen auseinander: Allein auf weiter Flur stand Werner Jannek mit der These, dass autonom fahrende Vehikel das Nahverkehrsproblem in wenigen Jahren lösen würden. "Uns fehlt in Deutschland nur der rechtliche Rahmen, um Modellversuche zu machen." Für einen Mobilitäts-Mix sprach sich Klug aus, dafür müsse man auch zum Beispiel Modellprojekte mit Wasserstoff auf den Weg bringen. Barrientos brachte das Konzept Car-Sharing ins Spiel.
Rützel kritisierte den Ticketdschungel und dass Busse fast nur dann fahren, wenn Schüler zur Schule oder nach Hause gefahren werden müssen. "Wir brauchen angemessene Preise, einen passenden und zuverlässigen Takt, dann wird der ÖPNV auch genutzt." Damit gab er seinem Vorredner Hoffmann einen Seitenhieb: Der hatte gesagt, man dürfe die Menschen nicht "umerziehen", viele würden den Individualverkehr eben vorziehen.
Beck wiederum nutzte seine Redezeit, um Rützel und Hoffmann in die Ecke zu stellen: Deren Parteien seien schließlich in den letzten zwölf beziehungsweise 16 Jahren an der Macht gewesen und hätten es verpasst, die Infrastruktur zu verbessern.
Z.B. als Kulisse im Fernsehen.