
An kaum einem Ort ist ein Ausbruch des Coronavirus so gefährlich wie in einer Pflegeeinrichtung. Viele ältere und kranke Menschen, für die bekanntlich ein erhöhtes Risiko von dem Virus ausgeht, leben dort eng zusammen. Im Gesundheitszentrum Main-Spessart in Gemünden ist diese Woche eingetreten, was derzeit mit Sicherheit viele Heime fürchten: Es gab dort zwei Todesfälle im Zusammenhang mit der Infektionskrankheit Covid-19.
Zwei positiv getestete Bewohner in Gemünden verstorben
Einer der beiden verstorbenen Bewohner habe sich seit einigen Wochen, also schon deutlich vor seiner Infektion mit Corona, in einem palliativen Zustand befunden, erklärt Helena Sobotta, Mitarbeiterin der Einrichtung, gegenüber dieser Redaktion. Die andere Bewohnerin, die am Montagabend verstorben ist, habe bereits Vorerkrankungen gehabt. Inwiefern tatsächlich das Coronavirus zu ihrem Tod führte, lasse sich derzeit nicht sagen. Aktuell sind 14 Bewohner und acht Mitarbeiter an Covid-19 erkrankt. Ein Bewohner gilt mittlerweile wieder als genesen. Ein anderer ist auf der Intensivstation im Krankenhaus in Lohr in Behandlung.

Seit bekannt wurde, dass es dort positive Fälle gibt, herrscht ein Besuchsverbot im Gesundheitszentrum. "Wir haben unter anderem unverzüglich einen eigenen Isolierbereich eröffnet und haben infizierte von nicht infizierten Bewohnern getrennt", sagt Sobotta. Alle Maßnahmen seien mit dem Gesundheitsamt abgestimmt worden. Wie das Virus in die Einrichtung kam, sei nicht bekannt. Inzwischen seien aber alle der rund 115 Bewohner und ein Großteil der 127 Mitarbeiter (davon 94 Mitarbeiter in der Pflege, Betreuung und Therapie) durch das Gesundheitsamt getestet worden.
Vor dem Corona-Ausbruch gab es keine Reihentestungen bei Bewohnern und Mitarbeitern des Gesundheitszentrums Main-Spessart, erklärt Sobotta. Lediglich bei Verdachtsfällen, beispielsweise bei Grippesymptomen, oder bei Rückverlegungen aus Krankenhäusern seien einzelne Personen gebeten worden, sich testen zu lassen.
Weiterhin zehn positive Fälle in Kreisseniorenzentrum in Gemünden
Kürzlich meldete das Landratsamt auch einen Corona-Ausbruch in einer weiteren Pflegeeinrichtung in Gemünden. Vor zwei Wochen wurde der erste Fall im Kreisseniorenzentrum, das zum Klinikum Main-Spessart gehört, bekannt. Wie die Pressestelle des Klinikums mitteilt, wurden in dem Heim bisher zehn Personen positiv getestet, zwei Mitarbeiter und acht Bewohner. Insgesamt leben 131 Bewohnerinnen und Bewohner in der Einrichtung. 139 Mitarbeiter sind dort tätig, 87 davon in der Pflege. An Covid-19 gestorben ist in dem Heim bislang niemand. Schwere Verläufe der Krankheit seien bisher auch nicht aufgetreten, heißt es von Seiten der Pressestelle. Wie das Virus in das Kreisseniorenzentrum gelangen konnte, sei derzeit weiterhin unklar.
Nach Bekanntwerden der ersten Infektion habe es eine Reihentestung aller Bewohner und Mitarbeiter über eine mobile Teststation der Regierung von Unterfranken direkt vor Ort gegeben. Positiv getestete Bewohner wurden daraufhin in einen Isolationsbereich verlegt. Die negativ getesteten Bewohner mussten in ihren Zimmern in Quarantäne. Besuche sind im Kreisseniorenzentrum derzeit nicht erlaubt. Ein zweiter Reihentest ist bereits erfolgt. Wie viele Personen wieder genesen sind, ist aber noch unklar, da das Ergebnis bei Redaktionsschluss am Dienstag noch nicht vorlag.
Arnstein: Bewohner sehr geduldig
Wie angespannt ist die Lage derzeit in anderen Heimen in Main-Spessart? Im Senioren- und Pflegeheim Pfründnerspital in Arnstein leben und arbeiten 60 Bewohner und 70 Mitarbeiter. Bisher gab es keinen Corona-Fall in dem Heim, wie Einrichtungsleiterin Sanela Jonjic bestätigt. Darüber ist sie sehr froh und dankbar. Vor allem auch für die Geduld, die sowohl Bewohner, Pflegekräfte, aber auch Angehörige aufbrächten. Und dennoch gibt es auch in Arnstein Sorge und Unsicherheit.
"Die Situation ist sehr herausfordernd", so Sanela Jonjic. Zum Beispiel beim Thema Besuche: Zweimal pro Woche eine halbe Stunde dürfen die Bewohner im Pfründnerspital Besucher empfangen. Im Sommer ging das noch gut draußen. Nun werden Termine vereinbart, an denen die externen Gäste über einen separaten Eingang in einen Besuchsraum geführt werden. Dort können sie mit Maske und Abstand den Bewohner treffen. Zu Schwerkranken oder Sterbenden dürfen Angehörige auch unter strengen Hygieneauflagen ins Zimmer. "Die Angehörigen sind wichtig für unsere Bewohner und uns", erläutert Sanela Jonjic, warum sie Besuche so lange wie möglich ermöglichen will.
Schnelltests für Arnstein und Marktheidenfeld
Genauso wichtig aber ist auch das Personal in Arnstein, das seit Ausbruch der Pandemie – bis auf einen Abgang – konstant geblieben ist. In Sachen Tests lehnt sich das Pfründnerspital an das Testkonzept des Caritasverbands an. Auch Schnelltests sind ein Thema. Gerade hat die Einrichtungsleiterin die Genehmigung vom Gesundheitsamt bekommen, diese zu bestellen.
Abgenommen werden sollen sie von den Arnsteiner Ärzten Christian Raab und Dr. Michael Scheuerlein, die regelmäßig ins Heim kommen. Zwar sind die Schnelltests weniger zuverlässig als die Tests nach der PCR-Methode, dafür sollen sie das Coronavirus bereits innerhalb weniger Minuten nachweisen. "Wir wollen sie nutzen, um Stichprobenartig zu testen", so Sanela Jonjic. Bei bisherigen Tests könne es fünf bis acht Tage dauern, bis ein Ergebnis kommt. "Das bedeutet für uns so lange ein Leben in Unsicherheit", so Sanela Jonjic. Das könne so vermieden werden.
Im Seniorenzentrum Haus Lehmgruben in Marktheidenfeld liegt schon ein Schnelltest-Konzept fertig in der Schublade. Vier Mitarbeiterinnen des Hauses dürften sogar selbst die Abstriche nehmen, die entsprechende Ausbildung haben sie. Mit Unterstützung der Marktheidenfelder Hausärzte haben sie vergangene Woche die ersten Tests ausprobiert. Das einzige Problem: An Schnelltests ist im Moment kaum heranzukommen, die Nachfrage ist zu hoch, erklärt Einrichtungsleitung Erik Schmekel.
Auch im Seniorenzentrum in Lohr ist Besuch noch erlaubt
Im Caritas-Seniorenzentrum St. Martin in Lohr ist Besuch von Angehörigen noch erlaubt. Ursula Franz-Marr, Leiterin der Einrichtung, appelliert jedoch an die Vernunft der Angehörigen. Eine feste Bezugsperson pro Bewohner ist hier erlaubt. "Das ist für manche schwer zu akzeptieren." Der Sozialdienst, der die Besuche koordiniert, treffe bei den Familien auf viel Verständnis, aber eben auch auf Menschen, die die Pandemie weniger ernst nehmen.
Die Senioren gehen mit der Situation ganz unterschiedlich um, erzählt Franz-Marr: "Viele Alte können sich auch noch gut an schlimmere Zeiten erinnern." Im Seniorenheim haben die Bewohner wenigstens noch einander. "Da trifft man sich im Speisesaal mit Abstand zum Kaffee mit alten Freunden, die auch in der Einrichtung wohnen."
Franz-Marr betont: "Wir sperren hier niemanden ein." Spaziergänge an der frischen Luft seien zum Beispiel immer noch möglich. Aktionen wie Bastelnachmittage gebe es zur Zeit aber nur selten. Das Personal ist durch Corona noch mehr eingespannt und ehrenamtliche Betreuer dürfen nicht ins Haus.
Privat schränkt sich Franz-Marr zur Zeit noch mehr ein, als es die bundesweiten Kontakt-Regeln vorschreiben. Auf keinen Fall will sie selbst krank werden oder das Virus in das Seniorenzentrum bringen. "Gott sei Dank hatten wir bisher noch keinen Fall in unserem Haus. Mein größter Wunsch ist, dass das so bleibt."