Gibt es doch noch eine Chance für die Steigerwaldbahn zwischen Schweinfurt und Großlangheim (Lkr. Kitzingen)? Vergangene Woche stand das Projekt schon vor dem endgültigen Aus: Der Kreistag in Kitzingen wollte sich gegen die Wiederbelebung aussprechen – ein Schritt, den der Schweinfurter Kreistag bereits Anfang November gegangen war.
Doch dann wurde die Entscheidung in Kitzingen unerwartet vertagt. Der Grund: Der Freistaat Bayern könnte schon bald seine Förderkriterien ändern. Ob dies auch Folgen für die Steigerwaldbahn haben würde, blieb zunächst jedoch unklar.
Was war passiert? Am 6. Dezember verschickte Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) ein Positionspapier zur Reaktivierung von Bahnstrecken an die Landtagsabgeordneten von CSU und Freien Wählern. In dem internen Papier, das dieser Redaktion vorliegt, hält Schreyer zwar an den bislang geltenden Kriterien zur Wiederinbetriebnahme von Regionalbahnen fest – darunter auch die für die Steigerwaldbahn kritische Vorgabe, dass die Strecke an Werktagen von mindestens tausend Fahrgästen genutzt werden muss.
Freistaat will auch Bahnprojekte fördern, die die bisherigen Kriterien nicht erfüllen
Allerdings sollen diese Kriterien um ein "Vier-Säulen-Modell" mit einem Gesamtvolumen von 55 Millionen Euro pro Jahr ergänzt werden, das eine "sinnvolle Reaktivierung" auch jenseits der fixen Vorgaben möglich machen soll. Dazu zählt eine "Perspektivförderung Betrieb" für Strecken, die wie die Steigerwaldbahn in Prognosen unter dem Fahrgastziel liegen.
Im Verkehrsministerium verweist man darauf, dass das Schreyer-Papier nur zur internen Information über den aktuellen Diskussionsstand gedacht war – und bislang noch gar nichts beschlossen ist. Zudem soll auch bei der Perspektivförderung das Tausend-Fahrgäste-Kriterium zumindest als Zielmarke bestehen bleiben. Bei Unterschreitung dieser Zielmarke sieht das Konzept außerdem eine finanzielle Beteiligung der betroffenen Kommunen an den Betriebskosten vor. "Die ganze Region muss sagen: Wir wollen das", heißt es aus dem Ministerium.
Der CSU-Verkehrsexperte Jürgen Baumgärtner hatte bereits im Herbst 2020 im Landtag eine finanzielle Beteiligung der Kommunen "gestaffelt nach prognostizierten Fahrgastzahlen" vorgeschlagen. Im Gespräch ist hier offenbar die Übernahme von je zehn Prozent der Betriebskosten pro hundert Fahrgäste unter der Tausender-Marke durch die Kommunen. Auch die Freien Wähler hatten wiederholt auf flexiblere Kriterien gedrängt. Nun scheint die Regierung diesen Forderungen folgen zu wollen.
Neues Konzept: Die beteiligten Kommunen müssten "selbst ins finanzielle Risiko gehen"
"Eine Reaktivierung muss da möglich sein, wo sie sich lohnt", erklärt Baumgärtner auf Nachfrage dieser Redaktion. Allerdings müssten die beteiligten Kommunen geschlossen hinter dem Projekt stehen und selbst ins finanzielle Risiko gehen. Mit dem neuen Konzept könne man die Verantwortung für ein Scheitern regionaler Bahnprojekte auch nicht mehr auf den Freistaat abwälzen, findet Baumgärtner: "Die Chance, etwa für die Steigerwaldbahn, steht und fällt dann allein mit der Zustimmung in der Region."
Eine wiederbelebte Regionalbahn müsse zudem in ein sinnvolles regionales ÖPNV-Konzept eingebettet sein, das einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglicht, fordert auch der Freie-Wähler-Landtagsabgeordnete Manfred Eibl. Das Tausend-Fahrgäste-Ziel sei im neuen Konzept zwar kein Totschlagargument mehr, bleibe aber dennoch eine Zielmarke, so der Bahn-Experte.
Knoblach: Mit dem Fahrgastziel nicht jedes Hindernis für die Steigerwaldbahn beseitigt
Klare Anforderungen, die für die Steigerwaldbahn nicht leicht zu erfüllen sein dürften. "Mit dem Tausender-Ziel wäre nicht jedes Hindernis beseitigt, so realistisch muss man sein", räumt auch der unterfränkische Grünen-Abgeordnete Paul Knoblach ein. So gebe es etwa bislang keine Begründung des Freistaats für die Ablehnung der Thüringer Privatbahn ThE als Betreiber der Strecke. Auch der Schweinfurter Kreistagsbeschluss gegen das Projekt dürfte sich nicht so leicht kippen lassen, befürchtet der Bahn-Befürworter.
An einen echten Kurswechsel der Staatsregierung in Sachen Bahn-Reaktivierung will der Grüne ohnehin nicht so recht glauben: "Man will zeigen, dass man sich bewegt, ohne dass man sich bewegt", befürchtet er. Aufgeben will Knoblach aber in keinem Fall: "Ich glaube weiter fest an die Steigerwaldbahn."
Jetzt gilt es erstmal Zeit zu gewinnen. Denn die Landtagswahlen sind nicht mehr all zu weit weg. Da könnte eine bunte Koalition aus Grünen, SPD und ggf FW der schwarzen, rückwärts gewandten Politik in Bayern endlich ein Ende bereiten. Das Projekt Steigerwaldbahn würde dann auch nicht mehr von den ewig gestrigen der Partei der Maulhelden blockiert werden.
Jetzt machen Sie genau die gleichen Verallgemeinerungen wie die andere Seite.
Zur Erinnerung: die "Bunte Mehrheit" im Kreistag hat z. T. auch mit gegen die Bahn gestimmt.
Lasst ihn doch klagen. Der bekommt vor Gericht eine Klatsche, die er so schnell nicht mehr vergisst.
(und bevor jetzt wieder dumme Kommentare kommen - ich stamme aus dem Steigerwald, wohne aber inzwischen in einer Gemeinde an der Bahnstrecke!)
Ich würde die Bahn sehr begrüßen und auch regelmäßig nutzen. Und das, obwohl der Bahnhof für mich deutlich weiter weg ist als die nächste Bushaltestelle. Denn mit der Bahn habe ich direkten Anschluss an ganz Deutschland, ja Europa. In unter vier Stunden in Berlin mit zweimal Umsteigen statt erst mal umständlich mit dem Bus zum Bahnhof tuckern. Von der Dienstreise auch abends noch bis nach Hause kommen, wenn praktisch kein Bus mehr fährt. Dazu kommen natürlich die Fahrten nach Schweinfurt, Geo oder Kitzingen. Und umgekehrt die Verkehre in die Region. Eine Bahnstrecke stützt den Tourismus deutlich mehr als ein Bus.
Also - Sie können gerne sagen: "Ich möchte keine Eisenbahn". Aber tun Sie bitte nicht so, als würden Sie für alle sprechen. Denn das ist nicht die Wahrheit.