Vielen Klinken steht das Wasser bis zum Hals. Das heißt, überall sind die Träger gefordert, finanzielle Löcher zu stopfen. Bei der Klinik Kitzinger Land bedeutet das, dass der Landkreis für Defizite aufkommen muss. Nach jahrelangen positiven Betriebsabschlüssen hatte das Krankenhaus 2022 ein Defizit von 1,9 Millionen Euro. Auch für das laufende Jahr rechnet Vorstand Thilo Penzhorn mit einem Defizit in Millionenhöhe.
"Im Verhältnis zu Kliniken aus Südbayern sind wir auf Wolken gebettet", sagt Landrätin Tamara Bischof. Manche haben dort ein Defizit von 30 Millionen Euro und mehr. Soweit wird es in Kitzingen wohl nicht kommen, aber die laufende Generalsanierung und die geplante Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach machen die Situation nicht leichter.
Wie war die Entwicklung des Kitzinger Krankenhauses in den vergangenen Jahren?
1984 wurde das Krankenhaus am Keltenberg eröffnet. Lang war Klaus Rihm als Vorstand für die Zahlen verantwortlich. 2012 übergab er an seinen Nachfolger Thilo Penzhorn ein Haus, das 30 Jahre lang Überschüsse erwirtschaftet hatte. Unter Penzhorn ging die positive Entwicklung weiter – bis 2022. In jenem Jahr schrieb die Klink zum ersten Mal einen Verlust von 1,9 Millionen Euro. In diesem Jahr rechnet Penzhorn sogar mit einem Defizit von etwa 3,2 Millionen Euro. Schuld an den roten Zahlen: die Corona-Pandemie. 2020 und 2021 fing der Bund die Defizite auf und zahlte Ausgleichsleistungen.
Wo liegen die Gründe für das Klinik-Defizit?

Penzhorn nennt die gestiegenen Personalkosten von zwölf Prozent, die Inflation von sieben Prozent und deutlich weniger Patienten als Gründe. "Weniger Erlös bei deutlich erhöhten Kosten", fasst er die finanzielle Misere zusammen. 2019 war das patientenstärkste Jahr in der Geschichte der Klinik. Das führte dazu, dass auch etwa 20 Ärzte und 40 Pflegekräfte neu eingestellt wurden. "Der Kostenblock Personal ist jetzt dementsprechend hoch", sagt Penzhorn. Die Gehälter und Löhne für das Personal entsprechen 75 bis 80 Prozent der Gesamtkosten. Die höheren Energiekosten wurden durch Ausgleichzahlungen vom Bund (bisher 436.000 Euro) und vom Freistaat (bisher 646.000 Euro) getragen.
Mit Corona kamen deutlich weniger Patientinnen und Patienten. Das blieb so. Warum?
Waren es 2019, im Vor-Corona-Jahr, 11.595 Patientinnen und Patienten, sind es 2022 nur noch 9.528 gewesen. Das ist ein Rückgang von etwa 18 Prozent. "Ein bundesweites Problem", sagt Penzhorn. Das liegt unter anderem daran, dass mittlerweile viele Behandlungen nicht mehr stationär, sondern ambulant erfolgen. Aber auch daran, dass die Bugwelle der aufschiebbaren Operationen nur langsam abnimmt.
Denn: Es fehlt Personal. Durch die gesetzlich vorgeschriebene Personaluntergrenze (PpUGV) steht fest, wie viele Patienten gepflegt werden können. Reicht das Personal gerade für Notfall-Operationen, müssen aufschiebbare Operationen weiter warten, wenn die stationäre Aufnahmekapazität wegen der Personaluntergrenze und entsprechendem Krankheitsausfall nicht ausreichend ist. Doch auch das fehlende Personal in den Pflegeheimen und bei den sozialen Diensten wird für die Krankenhäuser zum Problem. Muss ein Patient länger als geplant in der Klinik bleiben, weil seine Pflege im Nachgang nicht sichergestellt ist, bindet das im Krankenhaus Personal und Betten.
Wie haben sich Patientenzahl und Verweildauer im Kitzinger Krankenhaus entwickelt?

2004 wurden 8.327 Patientinnen und Patienten in Krankenhaus behandelt, sie blieben im Durchschnitt 7,5 Tage im Haus. 2011 wurden zum ersten Mal mehr als 10.000 Menschen in der Klinik behandelt. 2014 waren es 10.217 Patienten, die im Schnitt 5,5 Tage auf Station blieben. "Das beste Jahr hatten wir 2019 mit einer Fallzahl von 11.595", erklärt Penzhorn. Mit Corona fiel die Zahl rapide. Nur noch 9.460 Menschen wurden 2020 behandelt, 2022 waren es 9.528. Für das laufende Jahr rechnet Penzhorn mit etwa 9.900 Patientinnen und Patienten und einer durchschnittlichen Verweildauer von 4,9 Tagen. Bis 2020 hatte die Klinik 205 aufgestellte Betten, seit 2021 sind es noch 200.
Wie hat sich das Klinik-Personal in den vergangenen zehn Jahren entwickelt?
Sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch Pflegekräfte gibt es deutlich mehr. Waren es vor zehn Jahren noch rechnerische 51 Vollzeitstellen bei den Ärzten sind es jetzt 71. Bei den Pflegekräften stieg die Zahl sogar von 92 auf 139 Vollzeitstellen.
Wie bereitet sich das Kitzinger Krankenhaus auf die Krankenhausreform vor?
Geht es nach Bundes-Gesundheitsminister Karl Lauterbach soll die Krankenhausreform 2027 umgesetzt werden. Es wird wohl so sein, dass Krankenhäuser für bestimmte Abteilungen Lizenzen erhalten und nur dort tätig sein dürfen. "Bis dahin müssen die Strukturen geschaffen sein", sagt Penzhorn. Trotz vieler Unsicherheiten investiert die Klinik und baut einen weiteren Linksherzkatheter-Messplatz für etwa drei Millionen Euro.
Denn die Kardiologie, die sich unter Dr. Wolfgang Karmann einen sehr guten Ruf erarbeitet hat, ist eine Stärke des Krankenhauses. "Wir gehen in Vorleistung und hoffen, dass es funktioniert", sagt Bischof. "Wir können nicht warten und nichts mehr machen." Deswegen sucht die Klinik auch in alle Richtungen nach möglichen Kooperationen. Auch das neue Brustkrebszentrum ist ein Schritt in Richtung Spezialisierung.

Welche Kritik gibt es an der Krankenhaus-Reform von Karl Lauterbach?
Penzhorn und Bischof finden es gut, dass sich Lauterbach an die überfällige Reform wagt. Doch über die Umsetzung sind sie nicht glücklich. Penzhorn kritisiert Lauterbachs Blick auf die Kliniklandschaft. "Lauterbach ist Großstädter und lässt sich von Großstädtern beraten", sagt Penzhorn. "Er kommt aus NRW. Da kann man von einem Krankenhausbalkon auf den anderen spucken. Das ist im Bayerischen Wald ein bisschen anders."
Doch Lauterbach wolle das nordrhein-westfälische System als Blaupause nehmen und auf Deutschland übertragen. Mit Folgen für kleine Kliniken. "Vor zwei Jahren waren wir noch systemrelevant, auch die Menschen, die hier arbeiten, und jetzt sind wir überflüssig", ärgert sich Penzhorn und relativiert Lauterbachs Einwand, dass kleine Häuser nicht die Qualität von großen Kliniken haben. Qualität könne man auch anders garantieren. Bischof bemängelt, dass Lauterbach zwar das System ändern will, aber nicht mehr Geld fließt.
Wie steht der Kreistag zur Klinik Kitzinger Land?

Die Landrätin geht davon aus, dass das Kreiskrankenhaus noch ein paar Jahre Verluste schreiben wird. Bisher wurde vom Landkreis kein Euro in den laufenden Betrieb eingezahlt. Der Kreistag sei aber gewillt, Defizite in der aktuellen Größenordnung mit Kreismitteln zu finanzieren.
"Allerdings", erklärt Bischof, "sind das zwei bis drei Prozentpunkte Kreisumlage." Das verursacht höhere Zahlungen der Städte und Gemeinden an den Landkreis. Dafür gebe es aber Verständnis. "Ich glaube, dass wir das einige Zeit durchhalten und auch ohne große Debatte mittragen." Denn eines ist für Bischof klar: "Wir können gar nicht anders."
Die Betten, die durch eine Aufgabe der GH frei würden, wären als KZP oder Palliativbetten eine bessere Investition in die Belange der LK-Bürger.
Durch die Reform werden Krankenhäuser endlich dazu gezwungen, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren bzw. solche erst zu entdecken. Daher empfinde ich eine solche Aussage eher als Stammtischniveau und Panikmache.
Niemand, der in der Pflege arbeitet, ist überflüssig und auch die meisten anderen Berufsgruppen in der KKL brauchen sich um ihre Jobs eher keine Sorgen zu machen. Selbst wenn jemandem die neue Ausrichtung der Klinik nicht liegen sollte, es gibt genug andere Möglichkeiten.
Ob für eine kleine Klinik wie Kitzingen ein weiterer Linksherzkatheter-Messplatz sinnvoll ist, kann ich mir kaum vorstellen, hoffe aber das hier eine entsprechende Bedarfsanalyse vorausging.
Wenigstens gab es von Frau Bischof mit ihrem "Wir können gar nicht anders" zumindest doch so etwas wie ein Bekenntnis zur Klinik.
Wie man aus dem Balkendiagramm zum Gewinn/Verlust leicht sehen kann lief in den Corona Jahren 2020 und 2021 finanziell alles gut. Also liegt die derzeitige Misere nicht an Corona, aber wenn man das glaubt kommt man auf abwegige Ideen.