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Kitzingen
"Wir bauen extreme Schulden auf": Die Finanzlage in Kitzingen spitzt sich zu, zum Rekord reicht es trotzdem
Die Stadt muss sparen, so viel steht fest. Andererseits gibt sie dieses Jahr so viel Geld aus wie nie. Wie passt das zusammen, und wie viel Hoffnung steckt im Haushalt?
Der Neubau des Hauses für Jugend und Familie bindet in den nächsten Jahren rund zehn Millionen Euro, die an anderer Stelle fehlen.
Foto: Roth und Partner Architekten mbB Kitzingen | Der Neubau des Hauses für Jugend und Familie bindet in den nächsten Jahren rund zehn Millionen Euro, die an anderer Stelle fehlen.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 13.04.2024 02:42 Uhr

Trotz aller Sparappelle wird die Stadt Kitzingen in diesem Jahr erstmals in ihrer Geschichte mehr als 100 Millionen Euro ausgeben. Mit 100,5 Millionen Euro ist der Etat kalkuliert, den der Stadtrat am Montagabend beraten hat – verabschieden will man ihn in der Sitzung am 2. Mai.

In der Regel basiert der Haushalt auf drei Säulen: Steuern, Kredite und Rücklagen. In diesem Jahr kommt eine vierte dazu: Hoffnung. "Die Zuversicht, weiterhin steigende Steuereinnahmen zu haben, prägt den Haushaltsplan 2024. Angesichts der Ausgabenentwicklung muss dieser Blick so hoffnungsvoll sein", heißt es seitens der Stadtkämmerei. Damit ist das Dilemma im Grunde benannt: Man weiß nicht so genau, wie viel Geld hereinkommt, hat aber vieles, was rausgeht. "Für unsere Verhältnisse bauen wir die nächsten Jahre extreme Schulden auf", sagt OB Stefan Güntner (CSU). Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Haushalt.

Wo kommt das viele Geld her?

Viel ist es nicht, was zu Hoffnung Anlass gibt, aber einige Silberstreifen zeigen sich dann doch. Koloriert werden sie durch Prognosen und Schätzungen, "sehr optimistische Schätzungen", wie Franziska Hager aus der Kämmerei jetzt im Stadtrat sagte. Sie basieren auf Zahlen aus dem Herbst 2023 und gehen davon aus, dass nahezu alle Einnahmequellen mit Ausnahme der staatlichen Schlüsselzuweisungen üppiger sprudeln als zuletzt. So steigt das Gesamtsteueraufkommen leicht auf 43,5 Millionen Euro. Aus Gewerbesteuern erwartet die Stadt 16,5 Millionen und aus der Einkommensteuer-Beteiligung 12,2 Millionen Euro. Daraus ergibt sich ein Verwaltungshaushalt, der um fast zehn Prozent auf 74 Millionen Euro wächst.

Die Planungen für den Umbau des Kitzinger Bahnhofs laufen, ein Projekt, das mit 14 Millionen Euro in den Büchern steht.
Foto: Daniel Peter | Die Planungen für den Umbau des Kitzinger Bahnhofs laufen, ein Projekt, das mit 14 Millionen Euro in den Büchern steht.

Wo geht das ganze Geld hin?

Bis zum Jahr 2027 stehen im Investitionsplan Projekte für fast 110 Millionen Euro, darunter der Umbau des Bahnhofs-Areals, die Erweiterung der Kitas in Etwashausen und Hohenfeld und der Bau von Parkplätzen am Bleichwasen und am Deuster-Gelände (Staatsarchiv). In den Neubau des Hauses für Jugend und Familie fließen dieses Jahr drei Millionen Euro (insgesamt 9,5 Millionen), in die Sanierung der Sickergrundhalle weitere dreieinhalb Millionen Euro (insgesamt 15,6 Millionen).

Die beiden Großprojekte binden 2024 so viele Mittel, dass kaum noch Spielraum bleibt, zumal die Stadt auch noch ihre Pflichtaufgaben hat. Viel Geld versickert in irgendwelchen Umlagen (allein 14,5 Millionen Euro gehen an den Landkreis) oder landet als Betriebskosten in den defizitären Kitas (6,03 Millionen Euro). Größter Posten sind und bleiben die Personalkosten: Sie steigen erneut um 1,26 Millionen auf jetzt 19,4 Millionen Euro.

Wie werden all die Projekte finanziert?

Das auf 26,54 Millionen Euro kalkulierte Investitionsprogramm 2024 wird zu fast einem Drittel auf Pump finanziert, also mittels Krediten, und zu knapp einem Fünftel aus Rücklagen, die von einst 18,5 Millionen Euro im Jahr 2022 auf 700.000 Euro Ende 2025 abschmelzen werden. Haupteinnahmequelle bleiben mit 35 Prozent Steuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen, der Rest stammt aus Verkaufserlösen, Beiträgen und einer Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt.

Wo und wie viel soll gespart werden?

Die leise Kritik der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Andrea Schmidt, dass an diesem Abend wenig Willen zum Sparen erkennbar gewesen sei, konterte Alt-OB Siegfried Müller: Das ursprünglich vorgestellte Investitionsprogramm sei innerhalb der Fraktionen um "mehrere Millionen" gekürzt worden. Uwe Pfeiffle, Fraktionschef der Freien Wähler, dankte den anderen Fraktionen für die "Zurückhaltung" bei der Äußerung von Wünschen. Auch der OB machte klar, dass es bei der angespannten Finanzlage schwierig sei, neue Projekte aufzunehmen. Letztlich sei es eine "politische Entscheidung", welchen finanzpolitischen Weg man gehen wolle. Dem Vernehmen nach entscheidet sich der Rat für Maßhalten.

Welche Großwetterlage braut sich über Kitzingen zusammen?

Noch steht die Stadt mit 7,14 Millionen Euro Gesamtschulden und einer Pro-Kopf-Verschuldung von 311 Euro auf der Sonnenseite. Der Landesdurchschnitt liegt etwa doppelt so hoch. Doch die Kämmerei zeichnet ein düsteres Bild – mit vielen dunklen Wolken in den nächsten Jahren. Wenn die sich entladen, hätte die Stadt größte Mühe, den Schuldenstrom zu kanalisieren. Er schwillt nach heutigen Berechnungen auf 28,8 Millionen Euro bis 2027 an, getrieben auch von immer neuen Kreditaufnahmen: 26 Millionen Euro, davon achteinhalb Millionen in diesem Jahr. Die Stadtkämmerei blickt "mit Sorge" auf diese Entwicklung, bei der vieles aber noch im Ungefähren liegt und mit Vorsicht zu genießen ist.

Was passiert demnächst mit der Grundsteuer?

Bei der Grundsteuer handelt es sich um eine jener Steuern, die komplett der Kommune bleiben. Sie ist "nach der Gewerbesteuer als zweitwichtigste Gemeindesteuer unverzichtbar", heißt es aus dem Rathaus. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ihre Bemessung neu zu regeln. Spätestens von 2025 an müssen die Bescheide geändert sein. Der Stadt Kitzingen liegen gegenwärtig allerdings "zu wenig Daten" vor, um sicher sagen zu können, was bei dieser Rechnung herauskommt. Sicher ist demnach nur eines: dass sich der Hebesatz von 315 Prozent ändern werde.

 
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