
Hühner und Hasen konnte Martin Schäfer noch so eben retten. Als er sich dann daran machen wollte, Sandsäcke herbeizuschleifen, war es bereits zu spät. Das Wasser kam schnell. Und mit Macht. Über das angrenzende Maisfeld ergoss es sich schlagartig in die Gärtnerei. So, als würde es dorthin gehören. Das Wasser drang ins Büro ein. Acht Zentimeter reichten, um Verwüstungen anzurichten und alle Gipsplatten kaputt zu machen. In den Gewächshäusern stand das Wasser knöcheltief. Die Freilandfelder: abgesoffen, teilweise weggespült.
Freitag, 9. Juli: Ein Tag, den Martin Schäfer nie mehr vergessen wird. Was im Landkreis Kitzingen mit Starkregen begann, sorgte am Nachmittag dafür, dass seine Gärtnerei zu einer Seenlandschaft wurde. Gegen das, was da wie ein Fluss über die Gärtnerei schwappte, war kein Kraut gewachsen. Er war an diesem Nachmittag alleine und konnte nichts anderes machen, als zu versuchen, nach Hause zu kommen.
Die Gärtnerei – sie war in diesem Moment aufgegeben. Und genau das dachte Martin Schäfer auch: Das war's. Weltuntergang. Zumindest seine Welt. Seine Zukunft war in diesem Moment weggespült –vom 50 Meter entfernten Silberbach, der oft nicht mehr als ein Rinnsal ist. Und seine Postanschrift "Am See", den es übrigens gar nicht gibt, hatte nun auf tragische Weise eine neue Bedeutung bekommen: im See.
Vom Rinnsal zum reißenden Fluss

Eine Zukunft stand auf dem Spiel, die doch gerade erst begonnen hatte. Nach einer gemeinsamen Kennenlernzeit hatte Martin Schäfer zu Jahresbeginn von Veit Plietz dessen Demeter-Gärtnerei endgültig übernommen. Wobei Plietz, seit drei Jahrzehnten ein Öko-Pionier im Landkreis, noch in der Gärtnerei in Sichtweite der Münsterschwarzacher Klostertürme mitarbeitet und seinem Nachfolger mit Rat, Tat und einem immensen Fachwissen zur Seite steht.
Sandbank auf dem Feld

Samstag, 10. Juli: Martin Schäfer tut sich schwer, seine Gärtnerei wiederzuerkennen. Die Welt besteht nur noch aus Wasser und Schlamm. Weit und breit keine Hilfe in Sicht. Ein vergessener Ort am Rande von Schwarzach. Alles scheint sinnlos. Martin Schäfer setzt eine WhatsApp-Nachricht ab, beschreibt seine Not, das Untergangsszenario.
Dann der Hoffnungsschimmer: Nach und nach rücken Freiwillige an, packen an, räumen auf. Oder es gibt einfach nur Zuspruch. "Haltet durch!" und "Wir brauchen euch!", hört der Gärtnerei-Chef immer wieder. Tut gut. Gibt Kraft. Für das, was kommt: Mit dem zurückgehenden Wasser zeigen sich die Schäden. Da ist ein kaputtes Büro. Ganze weggespülte Felder. Zwei Drittel der Kartoffeln – einfach weg. Ein Viertel des Anbaus in den Gewächshäusern: unbrauchbar. Der Salat: verloren. Dafür gibt es jetzt eine Sandbank mitten in der drei Hektar großen Gärtnerei.
Ingwer als Hochwasser-Gewinner
In den folgenden Tagen rechnet Martin Schäfer seine Verluste zusammen. Unterm Strich stehen am Ende über 20 000 Euro. Plus das, was sich so schnell nicht wieder ersetzen lässt: der gute Boden der Felder etwa, der sich auf natürliche Art nur ganz langsam wieder aufbauen lässt. So richtig gut kam im Grunde nur der Ingwer davon: Dem geht es so gut wie nie; seine nassen Füße haben ihm augenscheinlich gefallen.
Der gängige Glaube, dass ein solches Hochwasser nur alle 100 Jahre mal kommt, ist zumindest in der Gärtnerei verloren gegangen. 2013 sah es in Schwarzach schon einmal so aus. Ein verheerendes Hochwasser, das Veit Plietz damals – im 30. Jahr seines Bestehens – fast in den Ruin getrieben hätte. Schaden damals: Um die 100 000 Euro. Auf dem Großteil des Schadens, der nichts mit den Gebäuden zu tun hatte, blieb Veit Plietz damals sitzen. "Einmal kann man das wegstecken", machte sich der damals 55-Jährige selber Mut . Heute ist klar: Es hat keine 100 Jahre bis zur nächsten großen Flut gedauert.
Das Schicksal, auf dem Großteil des Schadens sitzenzubleiben, droht heute auch seinem Nachfolger. Martin Schäfer hat viel telefoniert und dabei eine große Erkenntnis gewonnen: Für Privathaushalte gibt es ebenso Hilfe wie für Gewerbebetriebe. Nur die Landwirtschaft geht leer aus. Keine Fördertöpfe, keine Sofortmaßnahmen. Nichts.
Derzeit keine Entschädigung
Warum das so ist, kann auch Andreas Becker nicht wirklich erklären. Am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Kitzingen ist er Bereichsleiter für die Landwirtschaft. Er betont zwar, dass einige lokale Politiker "dazu einen Antrag an die Landesregierung" gestellt hätten; versprechen kann er aber nichts. Wo kein Programm, da keine Entschädigung. Ob da noch was kommt, "ist unsicher", will Becker erst gar keine Hoffnungen wecken.

Deshalb hat Schäfer die Initiative ergriffen und ein Crowdfunding ins Leben gerufen. Die moderne Form des Spendens. Wer ihm helfen will, kann das online machen. Das Geld kommt direkt an, nimmt keine Umwege und hilft über das Schlimmste hinweg, erklärt er. Und hier sind die Hilfsbereitschaft und der Zusammenhalt rund um die Gärtnerei enorm: Bisher kamen unter www.gofundme.com/f/dringende-hilfe-gaertnerei-schwarzach fast 12 000 Euro von 152 Spendern zusammen.
Damit ist immerhin klar: Es gibt wieder eine Zukunft für die Raritätengärtnerei in Schwarzach. Und noch etwas: Nachdem auch die 2013 versprochenen Verbesserungen beim Hochwasserschutz zumindest in Schwarzach nicht erfüllt wurden, nimmt Martin Schäfer die Sache ab sofort selbst in die Hand: Dass er das Gelände umgestalten und mehr Schutz für Haus und Hallen einbauen wird, ist ausgemachte Sache. Und an Sandsäcken, das hat er sich geschworen, wird es ihm nie wieder fehlen. Oder wie Schäfer sagt: "Die gehören ab jetzt zum Inventar!"
Ich bin nicht bereit geld in eine solidarische Versicherung zu zahlen dafür das in vielleicht 2 Jahren wieder alles kaputt ist, und wiederum Geld zugeschlagen wird.
Bin mir sicher, würden die Schwarzacher da statt Salat und Gurken Autos produzieren oder noch besser: eine Bank betreiben, könnten sie sich vor staatlichen Hilfen kaum retten.
Da wo die Politiker sich engagieren könnten und auch einmal den Leuten helfen ,
hört man nichts und passiert auch nichts. Auch keine Grünen , welche lieber ja
mit Verboten und leider mit wenig sinnvollen , realistischen Plänen glänzen .
weil es eine Solidarversicherung ist und weil zu Elementarversicherungen nicht nur Hochwasser zählen, sondern wie der Name schon sagt auch Hagel, Sturm etc etc. Und diese Schäden können künftig durch den Klimawandel auch dort auftreten, wo sie bisher noch keine größeren Schäden angerichtet haben. Und hoffen wir, das sie eben "Viele" nicht brauchen werden, dann bleiben die Kosten für alle geringer.
Und bei Steuergeldern trifft es eh auch alle , also dann lieber gleich eine Versicherung. Wenn dann durch entsprechende Risikoeinschätzungen bei den exponierten Lagen gewisse Zuschläge erhoben werden, dann ist der finanzielle Anteil auch einigermassen gerecht verteilt.
Ich fahre auch mit meinem Auto viel weniger Kilometer wie mein Nachbar und habe dadurch nur einen kleinen finanziellen Vorteil. Und dass ich in einer teureren Versicherungs region wohne durch die vielen Autobahnen (Kreuz Biebelried) hat für mich auch nur Nachteile. so what
Das Märchen mit der teuren Autoversicherung wegen dem Biebelrieder Kreuz gibt's es seit 30 Jahren nicht mehr. Ihre Versicherung berechnet sich nach der Schadenshäufigkeit Ihres Zulassungsbezirk sprich Kennzeichen, und nicht danach ob der Hamburger oder Berliner bei uns auf den BAB in einem crash verwickelt ist
Wenn alles an der gleichen Stelle wie bisher wieder aufgebaut wird, dann ist da Hopfen und Malz verloren. Das ist gegen den gesunden Menschenverstand! Und solch einen Blödsinn möchte ich nicht durch eine solidarische Versicherung mitfinanzieren. Aber generell bin ich für eine solidarische Versicherung.
Frau Weisgerber und Frau Becker - hier muss geholfen werden - wo bleiben die versprochenen Hochwasserhilfen. Was ist passiert nach 2013 ????
Oder wie sagte ein Betroffener im Flutgebiet NRW zu dem Laschet, nachdem seit 3 wochen nur private Hilfe zu sehen ist: " Jetzt kommt der Clown und will die Welt retten" Hauptsache ein Tross mit Kameraleuten dabei - ist ja schliesslich Wahl
Der Söder stapft auch mit Gummistiefel durch Berchtesgaden