Es gibt sie einfach im Leben, diese Schicksalstage. Der 31. Mai war so ein Schicksalstag. Veit Plietz hatte am Morgen im Bett die Nachrichten gehört. Von Überschwemmungen in Ebrach war da die Rede. „Ach, die Armen“, dachte er sich noch. Zwei Stunden später gehörte er selber zu den „Armen“ – als es plötzlich um seine Existenz ging.
Man muss schon zweimal hinschauen, um den Silberbach zu entdecken, der sich an der Schwarzacher Demeter-Gärtnerei entlangschlängelt. Ein Bächlein. Wenn Kinder darin spielen, reicht das Wasser so eben bis zum Knöchel.
Am 31. Mai war das anders. Aus knöcheltief wurde kurz nach 9 Uhr ein reißender Fluss, 15 Meter breit. Über den Castellbach kam Wasser aus dem Steigerwald angeschossen, wie es niemals zuvor passiert war. Wobei bis heute keiner so richtig weiß, warum genau es zu der Katastrophe kam und welche Faktoren zusammengespielt haben. Für den Betrieb hieß das: Die Überschwemmung war innerhalb von Minuten da. Selbst Zwei-Zentner-Erdsäcke, schnell noch als Absicherung aufgebaut, wurden von der Strömung einfach weggerissen. Wie Spielzeug.
Die Felder – unter Wasser. Wie sich später zeigen sollte, war ein Drittel der Pflanzen futsch. In den Gebäuden stand das Wasser gut 30 Zentimeter. Mit fatalen Folgen, wie sich ebenfalls kurz darauf zeigte: Die Gipsplatten wurden feucht, es bildete sich Schimmel – was monatelange Sanierungsarbeiten nach sich zog.
Das Wasser sollte recht schnell wieder verschwinden – doch die nächsten Wochen brachten den Gärtnerei-Chef an seine Grenzen. Die Gebäude waren nicht nutzbar. Zwei Container mussten als provisorische Büros her. Den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten – fast ein Ding der Unmöglichkeit. Dazu bohrende Fragen: Wie existenzbedrohend ist das? Wie hoch ist der Schaden? Was ist kaputt? Was zu retten? Wo gibt es Hilfe? Und wann geht endlich das Telefon wieder?
Die psychische Belastung war enorm, die Motivation in den Wochen danach im untersten Kellerregal. „Wenn jetzt noch was passiert, nehme ich meinen Hund und laufe einfach nach Spanien“ – mit Galgenhumor versuchte der 55-Jährige irgendwie über die Runden zu kommen. Die Soforthilfen – 5000 Euro für den Betrieb und 1500 Euro als Privatmann – können da nur bedingt Trost spenden.
Ende August, drei Monate nach dem verheerenden Hochwasser. Veit Plietz sitzt immer noch in dem Behelfscontainer. Bis vor wenigen Tagen liefen die Gebläse im Haus. Handwerker gingen ein und aus, um die Schäden zu beheben. Jetzt, am vorletzten Augusttag, haben sie es geschafft. Der Schaden, den sie mühsam behoben haben, liegt bei 30 000 Euro. Geld, das zum Glück die Elementarversicherung zahlt. Für die restlichen Schäden, die nichts mit den Gebäuden zu tun haben (Einrichtung und Gärtnerei) muss Veit Plietz aufkommen. Die Schadensbilanz hier: um die 70 000 Euro.
In den nächsten Tagen steht der Umzug zurück an. Veit Plietz stehen bereits die Haare zu Berge: Die gesamte Technik muss wieder umgestöpselt werden – und da geht bekanntlich immer etwas schief. Der Gärtnermeister hat sich schon darauf eingestellt, wieder nächtelang im Büro zu verbringen.
Wie sehr der Betrieb – im 30. Jahr seines Bestehens – in Gefahr war? „Einmal kann man das wegstecken“, so der 55-Jährige. Oder anders gesagt: Noch ein Hochwasser sollte so schnell nicht kommen. Was natürlich kein gutes Gefühl ist – weil spätestens beim nächsten Dauerregen wieder die Angst hochkommt.
Jetzt hofft Plietz erst einmal, über verschiedene Fördertöpfe an Geld zu gelangen, um finanziell einigermaßen wieder auf die Beine zu kommen. Zusagen gibt es bereits, wie viel es am Ende sein wird, steht noch in den Sternen. In all dem Unglück gab es aber auch Lichtblicke: Die Hilfsbereitschaft war überwältigend. Freunde, Kollegen aus dem Sportverein – alle packten mit an. Ein unbeschreibliches Gefühl für einen, der es gewohnt ist, sich nur auf sich zu verlassen: „Schön, wenn jemand an einen denkt!“ Ruhe kehrt aber auch nach dem Umzug zurück ins sanierte Gebäude auf absehbare Zeit nicht ein: Eine schon länger geplante Hallenerweiterung soll sich anschließen und wird dafür sorgen, dass die Sieben-Tage-Wochen für Veit Plietz so schnell nicht abreißen.
Zum 30-jährigen Bestehen findet am Sonntag, 15. September,10 bis 17 Uhr, ein Hoffest in der Gärtnerei, Am See 9, statt.