
Die Heftigkeit, mit der das Wasser kleiner Bäche am Freitag Ortschaften im Landkreis Kitzingen überflutete, überraschte Betroffene und Einsatzkräfte gleichermaßen. Am Samstag, als sich die Lage entspannt hatte, begann das große Aufräumen, unterstützt von Kräften aus den Landkreisen Aschaffenburg und Miltenberg.
Ob Münsterschwarzach, Stadelschwarzach oder Wiesentheid: Am Samstag früh knatterten die Pumpaggregate oder surrten Elektropumpen. Aus den Kellerfenstern oder ebenerdigen Hauseingängen förderten Schläuche Wasser nach draußen. Nasse Sandsäcke wurden von Feuerwehrleuten oder Helfern wieder zusammengesammelt. Der Schaden ist immens.
An das letzte größere Hochwasser 2013 erinnern sich noch viele im Schwarzacher Becken. Jetzt kam es noch schlimmer. Das jetzige Café Luise, früher Café Haun, hatte noch nie Wasser im Keller. Das weiß der frühere Betreiber Gottfried Haun, der nebenan wohnt. Auch er ist betroffen, wie etwa 30 weitere Anwesen. „So ein Hochwasser hatten wir noch nie“, bekräftigt er mit einem Kopfschütteln. Das Wasser sei mit so einer Wucht gekommen. 2013, so erinnert er sich, sei es langsamer gestiegen.
Anscheinend hätten die Bemühungen um den Hochwasserschutz nichts gebracht, bedauert er. Beim Haus nebenan spricht Maria Haun von einem „Totalschaden“ bei der Wohnung im Erdgeschoss. „Die Feuerwehr hat sich sehr bemüht“, lobt sie. Doch auch sie habe gegen die Wassermassen hier keine Chance gehabt.
Das Hochwasser brachte vor allem die Schwarzach in den Ort. Aber auch der Castellbach und Silberbach gehörten zu den Sorgenkindern des Feuerwehrkommandanten Christoph Dülch. Manche der Kameraden hätten die Nacht durchgearbeitet, um den Pegel zu halten und Schlimmeres zu verhindern, berichtet er am Tag danach. Zusammen mit den Kräften des Hilfeleistungskontingents aus dem Raum Miltenberg waren die örtlichen Wehren am Samstag noch mit dem Auspumpen von Kellern und Aufräumen beschäftigt.
Der Schwarzach entlang weiter waren die Ortsdurchfahrten von Reupelsdorf und Laub gesperrt. In Laub erzählen Einwohner, dass das Hochwasser 30 bis 40 Zentimeter höher als das von 2013 gewesen sei. Ein Anwohner kommt kopfschüttelnd vom Uferbereich zur Brücke. Seinen kleinen Auto-Anhänger hat er nicht in der Nähe gefunden, den die über die Ufer getretene Schwarzach wohl mitgerissen hat.
Dennoch: Trotz aller Betroffenheit huschte bei vielen schon wieder ein zuversichtliches Lächeln über das Gesicht, weil nur Sachschäden entstanden sind. Lachen konnte auch schon wieder eine Bewohnerin, obwohl deren Toilette nicht benutzt werden kann. „Zum Glück wohnt mein Bruder nebenan“, sagt sie.
Haus des Feuerwehrkommandanten zuerst erwischt
Heftig erwischt hat es auch das Anwesen von Dr. Michael Leisten. „Wir liegen halt am tiefsten Punkt“, erklärt er und zuckt die Schultern. Dabei hatte er Vorkehrungen für seine Seminarräume getroffen. Doch das Wasser stieg diesmal höher. „Wir müssen uns noch mehr Gedanken machen, um gegen solche Dinge gerüstet zu sein“, meint er. Großes Lob hat er für die Feuerwehr und die Helfer: „Die waren superschnell da.“ Auch die Solidargemeinschaft im Ort habe „wunderbar gegriffen“. Bis nachts um drei hätten die Leute geholfen.
Auch in Stadelschwarzach ist die gegenseitige Hilfe groß. Als erstes hat es dort das Haus des Feuerwehrkommandanten Patrick Schubert erwischt. Im Ort war es der Mauerbach, der den Ortskern überflutete. Auch ein Öltank schwamm dort auf. Es sei höchste Zeit, dass etwas beim Hochwasserschutz passiere, fordert Schubert nach dem erneuten Jahrhunderthochwasser innerhalb von acht Jahren. Landkreis und Gemeinde müssten nun handeln.

Außer Feuerbach hat es laut Kommandant Michael Rückel alle Wiesentheider Ortsteile heftig getroffen. Neben dem Fasanenbach war es der Sambach. Bei letzterem hat man mit Bigpacks versucht, das Wasser aufzustauen und in die Breite zu bekommen.
Stolz ist er nicht nur auf seine Leute, die seit Donnerstagabend im Einsatz waren, sondern auf die vielen freiwilligen Helfer, die am Freitag bis in die Nacht Sandsäcke abgefüllt hätten. Aus dem Landkreis Aschaffenburg hätten dann Hilfeleistungskontingente die örtlichen Einsatzkräfte entlastet. Von alteingesessenen Wiesentheidern hat Rückel erfahren, dass es noch nie so schlimm gewesen sei. Sorgen bereitet ihm der erneut angekündigte Regen.
Feuerwehrleute waren ausgepowert
Kreisbrandrat Dirk Albrecht ist froh über die Unterstützung aus anderen Landkreisen. „Unsere eigenen Kräfte waren ausgepowert.“ Im Bereich Dettelbach, Marktbreit und Kitzingen habe man Wehren als Reserve zurückgehalten. Auch für eventuelle Autobahneinsätze sei vorgesorgt worden. Die Führungsstelle wurde von Wiesentheid dann nach Kitzingen verlegt.
Dort hatte Alexander Fischer vom THW die Einsatzleitung, der die Zusammenarbeit aller lobte. Landrätin Tamara Bischof nahm, wie es in einer Pressemitteilung des Landratsamtes heißt, an der Lagebesprechung im Einsatzzentrum bei der Feuerwehr Kitzingen am Samstagmittag teil. Vor Ort, unter anderem in Wiesentheid und Stadelschwarzach, informierte sich die Landrätin über die Schäden und suchte das Gespräch mit Betroffenen. „Wir können sehr froh sein, dass wir scheinbar mit einem blauen Auge davongekommen sind und dass niemand schwerverletzt wurde“, wird die Landrätin in der Pressemitteilung zitiert. Denn laut Fischer haben sich zwei Helfer verletzt: eine Feuerwehrfrau, die die Nacht im Krankenhaus verbringen musste, am Samstag aber wieder entlassen werden konnte, sowie ein Helfer des THW.