
Gerade im Kehraus haben Putzfrauen viel zu tun. So kam Ines Procter, zur Faschingszeit besser bekannt als "Putzfraa" von Mainz nach Kitzingen in die Florian-Geyer-Halle. Beim Rosenmontagsumzug musste sie den Rheinländern zeigen, wie in Franken gekehrt und gewischt wird. Für ihre vorbildliche Kehr-Arbeit wurden sie dann von der Kitzinger Karnevalsgesellschaft KiKaG mit dem Schlappmaulorden ausgezeichnet. Saubere Leistung – ist sie doch erst die achte Frau unter den 39 Ordensträgerinnen und -trägern.
Seit 1989 wird zu einem Kitzinger Schlappmaul, wer eine "gar trefflich lockere Zunge" hat. Damit reihte die 52-Jährige sich ein in eine Riege prominenter Namen, die zum Schlappmaul ernannt wurden.
Politiker wie Helmut Kohl und Markus Söder sind ebenso unter den Preisträgern wie (der gefallene) Starkoch Alfons Schuhbeck. Daraus ergaben sich in der Vergangenheit durchaus spannende Kombinationen, hält der Preisträger des Vorjahres doch traditionell die Laudatio auf seinen Nachfolger.
Die Dackelhandtasche musste Volker Heißmann für Mariechen haben

In diesem Jahr ist das die Aufgabe von Volker Heißmann. Der Komödiant aus Fürth lässt es sich trotz Erkältung nicht nehmen, die Laudatio auf Ines Procter zu halten – und das, obwohl er beim Empfang vor der Rosenmontagssitzung zunächst allein dasteht, denn Procter stand im Stau.
Nervös mache ihn das schon ein bisschen und so plaudert er zunächst über seine neue Dackelhandtasche: "Die habe ich ihn Wien gesehen. Die musste ich einfach haben." Zudem spricht er über die Ehre, dass es jetzt Waltraud-und-Mariechen-Kostüme gibt und über "Freud und Leid" bei gemeinsamen Geburtstagsfeiern mit Procter. Seit 2015 kenne er die "Putzfraa" und finde, "es gibt Unangenehmeres" als auf seine Kollegin die Lobrede zu halten.
Ines Procter kam inkognito – ohne Kittelschürze und Wischmopp
Gerade noch rechtzeitig zu Sitzungsbeginn schafft es Procter in die Florian-Geyer-Halle zu den gut 400 Gästen. Quasi inkognito, denn Wischmopp und Kittelschürze blieben im Schrank. Durchatmen, Mantel ausziehen und Lachen für die ersten Fotos.
Schon lange habe sie sich den Traum erfüllen wollen, beim Mainzer Umzug mitzumachen. Vor drei Jahren habe sie vereinbart, heuer dabei zu sein, verrät sie im Gespräch. "Da wusste ich ja noch nicht, dass ich das Schlappmaul werde", sagt sie und lacht. Noch während des Faschingszugs habe sie den Wagen verlassen müssen und sich durch die Zuschauermenge und die Sicherheitsabsperrungen gekämpft: "Das war echt verrückt."

Nur ein bisschen Heißmann-verrückt, aber vor allem wertschätzend und wohlwollend, ist das Loblied des 55-Jährigen auf das neue Schlappmaul Procter. Seit zehn Jahren kennen sie sich, doch es sei keine Liebe auf den ersten Blick gewesen. "Net scho wieder a Putzfraa", habe er sich damals gedacht. "Da könnten sich ja alte Männer auch als Frau anziehen."
Er und Procter hätten vieles gemeinsam, unter anderem das Gen, das einen auf die Bühne zieht. Wie ihr Vater habe auch sein Vater die Kulissen für den Fasching gemalt – und auch den Einkehrschwung beim Skifahren hätten sie gemein.
Ines Procter sei "das Herz der fränkischen Fastnachtsfamilie"
Procter wischt sich dezent ein paar Tränchen weg, als Heißmann von der BR-Sendung "Lebenslinien" erzählt, in der Procter von schweren Schicksalsschlägen berichtet hatte. "Großer Respekt, wie du dich geöffnet hast. Man hat gesehen, was du für ein wunderbarer und wertvoller Mensch bist", sagt Heißmann auf der Bühne. Weiter lobt er ihre Qualitäten als "Connectorin": Die fränkische Fastnachtsfamilie halte sie zusammen. Sie sei das Herz dieser Familie. "Wir brauchen sie."
Plötzlich blickt Heißmann von der Bühne zur Kitzinger Landrätin Tamara Bischof. "Tamara, schau her, du lächelst", ruft er ins Publikum. "Tamara ist einer der erotischsten Namen, die es in Franken gibt", zieht er die Landrätin auf. Fast klinge der Name wie ein Arzneimittel "Tamara forte". Sie sei seine Lieblingslandrätin, aber er kenne auch nur eine. Ines Procter lacht herzlich und der Schluss der Laudatio gehört wieder ihr und einer Gemeinsamkeit: "Wir tragen beide gerne Frauenkleider."

Volker Heißman singt ein Lied für Ines Procter
Und dann gibt es eine Premiere bei der Verleihung des Schlappmaulordens. Volker Heißmann singt ein Lied für Ines Procter. "Ein Lied wurde noch für keinen gesungen", sagt Sitzungspräsident Rainer Müller und schon legt Heißmann los: "Heut wird geehrt die Ines Procter. Und ganz bestimmt mit vollem Recht. Sie kennt hier jeder, putzt wie ein Feger. Der Schlappmaulorden steht ihr gut", singt er und der Saal klatscht begeistert mit.
Noch ganz gerührt, kommt Ines Procter auf die Bühne. Sie widme ihren Schlappmaulorden ihren Wegbegleitern, die sie immer unterstützt haben, dem Publikum und jedem, der so eine Veranstaltung unterstützt. "Der in der Küch' die Brötli schmiert und die Gurkenscheibli drauflegt." Fastnacht und die Gemeinschaft, die dadurch entstehe, sei ein "wunderbarer Dienst an der Menschheit – gerade jetzt", betont Procter.
Ihr Höhepunkt sei es, dass Volker Heißmann ihre Laudatio gehalten habe. "Du bist mein großes Vorbild. Wir sind beide Narren. Wenn es keine Narren gäbe, was wäre das für eine Welt?" Der Narr sei kein König, aber er sei stets frei in seinen Gedanken.
"Freiheit ist auch heute noch alles, was zählt", ruft Procter ins Publikum und bittet die Gäste, auch unterm Jahr "ein bisschen mehr Narr zu sein". Denn: "Ein kleiner Dachschaden macht den Blick auf die Sterne noch schöner."