
Wenn am Rosenmontag um 11 Uhr Menschen aus Oberaurach oder der Umgebung den Fernseher einschalten, dann liegt bei vielen der Fokus ganz klar auf Mainz. Denn beim Umzug dort laufen Bekannte mit: Zum 50. Mal ist die Trachtenkapelle Trossenfurt-Tretzendorf heuer beim Mainzer Rosenmontagszug dabei.
Seit 1970 erleben die Musikerinnen und Musiker der Trachtenkapelle und viele Unterstützerinnen und Unterstützer aus benachbarten Kapellen einen langen und anstrengenden, aber auch ganz besonderen Rosenmontag. "Nur der Golfkrieg, Sturm und Corona, als die Züge abgesagt wurden, konnten uns aufhalten, sonst waren wir immer in wechselnder Besetzung dabei", erzählt Thomas Albert.
Erstmals 1970 beim Rosenmontagszug dabei
Ganz am Anfang dabei war Eduard Bühl, jahrzehntelang der "Chef" bei der Trachtenkapelle wie auch beim Faschingszug in Trossenfurt-Tretzendorf. Ende der 1960er-Jahre spielte er mit der Trachtenkapelle einen Faschingstanz im Saal des Gasthauses Moser in Trossenfurt. Mit dabei: Alex Wenzel aus Mainz mit seiner Frau Marga – einer gebürtigen Trossenfurterin.

Wenzel war aktiv im GCV, dem Gunsenheimer Carneval Verein, und als er fragte, ob die Trachtenkapelle beim Rosenmontagszug spielen würde, war der damals 34-jährige Eduard Bühl sofort begeistert. Bei den Musikern gab es aber auch einige kritische Stimmen. Die Sander waren nämlich auch in Mainz und die waren nicht begeistert. Bühl aber ließ nicht locker und so saßen die Musiker am Rosenmontag 1970 erstmals im Bus gen Mainz.
Was sich nach einem fröhlichen Ausflug anhört, macht zwar Laune, ist aber auch sehr strapaziös. Spätestens um 5 Uhr muss der Bus los, denn nach 10 Uhr darf er nicht mehr nach Mainz hineinfahren. Kurz vor dem Aussteigen dort ertönt auch heute noch Eduard Bühls legendäre Ansage durch die Lautsprecher: "Richt' euch z'amm, Ihr Musiker, wir sind bald do. Vergesst mer euern Hut und Binder net." Seit einigen Jahren fährt der heute 93-Jährige nicht mehr mit nach Mainz, aber die jeweiligen Sprecher halten diese Tradition hoch.
Acht Kilometer beträgt die Zugstrecke
In verschiedenen Schulen treffen sich die Akteurinnen und Akteure des Rosenmontagszugs, die Steigerwälder steuern die Goetheschule an. Früher gab es dort eine Suppe, doch irgendwann fand sich dann kein Sponsor mehr. Also sorgen sie selbst für Verpflegung. Die muss sein, denn der Tag wird sportlich: Knappe acht Kilometer lang ist der Zug.
Und auch wenn der um 11 Uhr startet: "Wenn du Zugnummer 112 bist, dann läufst du um 14 Uhr los", erinnert sich Georg Jäger. Neun war er, als er zum ersten Mal mit nach Mainz durfte. "Auf der ganzen Strecke ist Stimmung und wenn du willst, kannst du da mit drei Promille raus", erzählt er. Aber die Musiker müssen ja spielen. Wenn der Zug steht, wird ein Schunkellied angestimmt "oder auch mal 'Schneeflöckchen, Weißröckchen', als ein mächtiger Schneeschauer über Mainz niederging", erzählt er.
Der Zug hat zudem ganz unterschiedliche Phasen, stellenweise müssen die Musikerinnen und Musiker ganz eng laufen, weil die Zuschauerinnen und Zuschauer von allen Seiten drängen. Kurz vor der Ehrentribüne werden die Abstände dann größer, weil die Kameras durch den Zug laufen. "An der Kamera haben wir dann immer 'Tief im Steigerwald' gespielt, damit alle hören, wo wir herkommen", erzählt Jäger. Gleich nach den Kameras "laufen die Smartphones der Musikerinnen und Musiker heiß, denn Familie, Freunde und Arbeitskollegen schreiben, dass sie uns gesehen haben", sagt Thomas Albert.
Verstärkung kommt aus der Umgebung
Aufgrund der langen Zusammenarbeit sei die Organisation mit den Gunsenheimern mittlerweile ganz entspannt, sagt er. "Seit drei Jahren ist Andreas Müller der Geschäftsführer des GCV mit seinen 900 Mitgliedern. Ich hatte vorher schon mit Ewald Wohn ein gutes Verhältnis. Meist genügt ein Anruf und zwei, drei Nachrichten, dann ist alles geklärt."
Daheim gibt es auch allerhand zu organisieren, denn natürlich können nicht alle Musikerinnen und Musiker der Trachtenkapelle jedes Jahr am Rosenmontag und Faschingsdienstag Urlaub nehmen. Deshalb gibt es Verstärkung aus Zell, Kirchaich, Oberhaid und Limbach. Mit den Limbacher Trompetern habe man vor Jahren sogar einen Pakt geschlossen, dass sie mindestens bis zum 50. Zug dabei sind.
Es kann leicht 17 Uhr werden, bis die Musikerinnen und Musiker ihren Dienst getan haben. Dann geht es zusammen mit dem GCV und der Mainzer Füsiliergarde direkt ins sogenannte Feldlager, das im Kurfürstlichen Schloss in Mainz stattfindet.
Hier erleben die Musikerinnen und Musiker mit ihren Mainzer Freunden noch ein paar schöne Stunden, bevor sich um 22 Uhr der Bus wieder in Bewegung setzt und morgens gegen 3 Uhr seine Passagiere wieder im Steigerwald abliefert. Auch wenn es immer schwerer wird, diesen Kraftakt zu stemmen, werden die Steigerwälder am Montag ihren Jubiläumszug genießen. Und ein Ziel hat Albert im Blick: "Die närrische 55."