
Wenn man von der Staatsstraße von Kitzingen kommend kurz vor Volkach links auf die sogenannte Weininsel abbiegt, muss man sich schnell entscheiden: nach der Brücke über den Mainkanal weiterfahren nach Nordheim oder abzweigen zur Hallburg? Für Georg Hünnerkopf ist die Antwort klar: "Wenn ich früh da rauffahre, denke ich, es gibt nichts Schöneres als die Hallburg."
Wer das nach 40 Jahren am selben Arbeitsplatz über diesen sagt, hat sein Glück gefunden. Eine solche Zufriedenheit strahlt der Gutsverwalter auch aus, wenn er über das Weingut – und über "seine Menschen dort" – spricht. Dabei sitzt der 66-Jährige im Gutshaus neben Alexander Graf von Schönborn, Sohn des Eigentümers Paul Graf von Schönborn und die 28. Generation der Adelsfamilie auf der Hallburg.
Klingt beeindruckend, ist aber nur ein kleiner Teil in der Geschichte der Hallburg. Diese reicht mindestens bis ins 14. Jahrhundert zurück. "Alle namhaften Franken waren Eigentümer", erläutert Georg Hünnerkopf und meint damit Familien wie Castell und Stauffenberg. Seit 1806 gehört die Hallburg zum weitverzweigten Schönborn'schen Besitz und ist damit dessen jüngster Betrieb.
Die Hallburg ist viel mehr als nur Schloss mit Biergarten
Diesen verwaltet Georg Hünnerkopf nun im 41. Jahr. Wobei "verwalten" eigentlich das falsche Verb ist für einen Mann, der das Weingut mit seiner an Rudolf Steiner angelehnte Philosophie jahrzehntelang geprägt hat. Im Fokus der Öffentlichkeit mag vor allem das Schloss stehen, dessen Gastronomiebetrieb bis zum verheerenden Brand 2016 die Menschen in Scharen zur Hallburg kommen ließ. Doch eine weitere Abzweigung führt hoch zum großen Gutshaus, in dem sich Büros und Wohnungen befinden.

Umgeben ist das stattliche Gebäude von großen Scheunen. Dort werden die Weintrauben verarbeitet, stehen die Maschinen – oder machen Platz für Hochzeiten, Betriebsfeiern oder öffentliche Veranstaltungen. Der gesamte Betrieb ist Arbeitsplatz für rund 25 Menschen in Vollzeit, Teilzeit und als Aushilfen.
Der Spitzname der Hallburg ist Gut Aiderbichl
Sein Spitzname: Gut Aiderbichl. Auf dessen Höfen bekommen Tiere das letzte Gnadenbrot. Die Hallburg wird wegen ihrer zahlreichen älteren Mitarbeiter so genannt. "Klar müssen die hier auch arbeiten", sagt Hünnerkopf und schwärmt vom Engagement und Wissen der älteren Kräfte, "aber bei uns verstehen sich die Leute und wissen genau, was sie tun."

Dabei angeführt werden sie seit 1984 von einem Mann, der nie aufgehört hat, etwas Neues lernen zu wollen – und das auch von seinen Leuten verlangt. Georg Hünnerkopf hat vor 50 Jahren im Hause Schönborn eine kaufmännische Ausbildung begonnen, wurde Winzer, Betriebswirt, Winzermeister, Sommelier – und Jäger, Rinderzüchter, Gemüsegärtner. Und der Rimbacher hat nicht nur Alexander Graf von Schönborn beigebracht, welchen Einfluss Mondphasen auf den Wein haben oder wie wichtig die richtige Bodenbearbeitung ist.
Die Stelle des Betriebsleiters der Hallburg ist ausgeschrieben
Auch der weiß, dass der Gutsverwalter eine große Lücke hinterlässt, wenn der 66-Jährige ab August die Verantwortung abgibt. Die Ausschreibung für einen neuen "Betriebsleiter (m/w/d) für das Weingut Graf von Schönborn – Schloss Hallburg" wurde gerade verlängert. Noch hat sich niemand gefunden, der in dem "renommierten, biologisch zertifizierten Familien-Weingut" alle operativen Geschäftstätigkeiten leiten will – oder kann.

"Ich dachte, ich ziehe meine Schuhe mal aus und er schlüpft rein", sagt Hünnerkopf und blickt zu dem 33-Jährigen neben sich. Alexander Graf von Schönborn kontert: "Ich habe sehr große Füße – und es gibt noch vieles zu klären." Er hat selbst Weinbau und internationale Weinwirtschaft studiert und auf der Hallburg in den vergangenen Jahren viel gelernt. Zum Beispiel, "mit Menschen umgehen, statt nur aufs Papier zu schauen – und sich für nichts zu schade zu sein".
Schönborn nennt die Hallburg einen "Rohdiamant" und "einen Platz, der geteilt werden muss". Seit Hunderten von Jahren hätten sich die Menschen hier getroffen. "Viele Menschen wurden hier gezeugt", ergänzt sein Gutsverwalter mit einem Grinsen. Dazu trage das besondere Mikroklima der Hallburg bei: Die kalte Luft im Tal fließt ab zum Main, die Leute verweilen länger – und kommen sich dabei anscheinend näher.
Zudem weiß Hünnerkopf: "Die Hallburg hat schon immer etwas Mystisches gehabt." Ihr Name stamme auch von dem Wort "verhehlen", also jemandem etwas verschweigen, verbergen.

Ihre Schönheit verbirgt sie an diesem klaren Wintertag nicht. Ist man eine Weile dort oben und blickt vom Hofgut hinüber zum Schloss Hallburg in der Abendsonne, möchte man nur ungern wieder wegfahren. Und stellt sich unweigerlich die Frage, wie es dort nun weitergeht. Die Gastronomie im Schloss ist bekanntlich Geschichte, der Biergarten wurde zuletzt eher sporadisch genutzt für Veranstaltungen.
Einen Biergarten gibt es nur mit einem externen Betreiber
Dazu hat Alexander Graf von Schönborn eine gute Nachricht: "Ab Mai wird es wieder einen Jazz-Frühschoppen geben." Weitere Ideen neben der Wiederauflage der legendären Sonntagvormittage gibt es viele, die seien aber noch nicht spruchreif. Fest steht dabei aber weiterhin, dass wenn dann ein externer Betreiber den Biergarten übernehmen soll, mit Küche und Arbeitsräumen im Erdgeschoss des Schlosses. Für Büros wäre darin zudem noch reichlich Platz.

Ziel sei auf jeden Fall, betont Schönborn, "wieder mehr Leben reinzubringen in die Hallburg". Gleichzeitig müsse das Konzept aber so ausgereift sein, dass es mindestens eine Generation überdauert. Georg Hünnerkopf wird dabei Berater bleiben, auch wenn er die Verantwortung abgibt. Und die Abzweigung hoch zu "seiner" Hallburg wird er eines Tages vielleicht einfach als Gast nehmen – für einen Schoppen in der Abendsonne.
Schön war’s dort dennoch immer…
Nicht nur der Jazz war top, auch die anderen Bands an den Dienstag waren seltenst Fallobst!