zurück
Iphofen
Alarm bei den Christbäumen: Warum die klassische Weihnachtstanne in Iphofen vom Aussterben bedroht ist
Man habe alles versucht, sagt der Stadtförster. Aber die Tannenbäume wollen nicht mehr wachsen. Auch Buchen und Eschen pflanzt er nicht mehr. Wie sieht der neue deutsche Wald aus?
Weihnachtsstimmung vor dem Iphöfer Rathaus: Aus dem eigenen Stadtwald wird es künftig wohl keine  Christbäume mehr geben.
Foto: Susanne Himsel | Weihnachtsstimmung vor dem Iphöfer Rathaus: Aus dem eigenen Stadtwald wird es künftig wohl keine  Christbäume mehr geben.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:46 Uhr

Es gehörte zu den schönen Traditionen in Iphofen, dass die Stadt jedes Jahr zu Weihnachten die örtlichen Vereine und Kirchen mit Christbäumen bescherte. Lange Zeit war das kein Problem – Nachschub gab es schließlich genug im eigenen Stadtwald. Doch damit ist jetzt Schluss. Die Stadtteile erhalten dieses Jahr zwar noch ihren Weihnachtsbaum, um diesen im öffentlichen Raum aufzustellen. Für alle anderen hat Stadtförster Rainer Fell eine nicht ganz so frohe Botschaft: "Wir liefern die Bäume noch, aber bei uns im Stadtwald finden wir sie nicht mehr."

Der Klimawandel schlägt nun also auch auf die heimischen Christbaumkulturen durch. Über mehrere Jahre hat die Stadt versucht, in der Waldabteilung Schießgrund Tannen nachzuziehen – ohne Erfolg. Jedes Mal sind sie vertrocknet. "Ja", sagte Fell am Montagabend im Iphöfer Stadtrat, "uns gehen die Christbäume aus."

Und so wird sich hierzulande ein beliebter Weihnachtsschlager bald überholt haben: O Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter? Nicht mehr lange. "Selbst die Blaufichte schafft es nicht mehr", sagt Fell. Bei brüllender Hitze und auf den ausgemergelten Böden rund um den Schwanberg werfen Fichten und auch Tannen reihenweise ihre Nadeln ab. Allenfalls die Schwarzkiefer könnte überleben – als einzige heimische Nadelbaumart.

Der Klimawandel als Baumkiller: keine Buchen, keine Eschen mehr

Warum nicht auf Alternativen ausweichen wie die andernorts gut eingeführten Zedern, die mit Hitze und Trockenheit weit besser umgehen können? Eine hübsche Vorstellung. "Aber wir sind FFH-Gebiet", sagt Fell, "wir dürfen gar nicht im großen Stil Zedern pflanzen." So oder so werden in den nächsten Jahrzehnten bestimmte Baumarten aus heimischen Wäldern verschwinden. Da sie unter Mainfrankens Sonne kaum mehr überlebensfähig sind oder zunehmend von Krankheiten bedroht, pflanzt man im 2300 Hektar großen Iphöfer Stadtwald schon heute keine Eschen, Buchen oder Bergahorn mehr.

Abgestorbene Kiefern an den Hängen des Schwanbergs: Nadelbäume werden es künftig im trockenen Unterfranken schwer haben.
Foto: Eike Lenz | Abgestorbene Kiefern an den Hängen des Schwanbergs: Nadelbäume werden es künftig im trockenen Unterfranken schwer haben.

Noch immer dominiert dort – mit einem Anteil von weit mehr als 50 Prozent – die Eiche. Sie kann nach heutigem Wissensstand den Trockenstress mit am besten bewältigen und wird in Zukunft verstärkt Gesellschaft bekommen von Feldahorn, Linde, Hainbuche und – der Baumhasel, auch Türkische oder Byzantinische Hasel genannt. Noch ist sie weitgehend in Südosteuropa und Kleinasien verbreitet, aber ihren Siegeszug könnte sie bald auch in Mitteleuropa antreten. In den deutschen Wäldern wird man sich mit fortschreitendem Klimawandel an so manche Exoten gewöhnen müssen.

Die zunehmende Trockenheit hat aber noch andere Effekte. Das Wachstum der Bäume wird verlangsamt, und sie werden insgesamt an Höhe einbüßen. Für eine waldreiche Region wie Iphofen hat das weitreichende Folgen. Will man weiterhin nachhaltig wirtschaften, wird man dem Forst künftig weniger Holz entnehmen können. Das bedeutet auch weniger Einnahmen für die Stadt, die – neben Gips und Wein – seit jeher auf Holz und einen der letzten aktiv bewirtschafteten Mittelwälder Europas besitzt. Noch ist die jährliche Erntemenge auf rund 10.000 Festmeter festgeschrieben, wobei Stadtförster Fell auch im nächsten Jahr zum Großteil absterbendes Holz aufarbeiten lässt, ehe es zu totem Kapital wird.

Die Preise fürs Brennholz bleiben auf hohem Niveau

Auf die Brennholzpreise hat der Waldumbau (noch) keine Folgen. Die Nachfrage, so Fell, sei weiterhin hoch – "und kalt ist es ja aktuell auch". Der Preis also bewegt sich weiter auf hohem Niveau. Bleibt das Problem mit dem Wild. Mancherorts, etwa im Nenzenheimer Wald, richtet es weiterhin großen Schaden an den Jungtrieben an. Verstärkt kommen Fell dort viele leichtgewichtige Kitze unter. Exemplare mit sechs, sieben Kilogramm, kaum größer als ein ausgewachsener Hase, sind keine Seltenheit – und die Folge zu hoher Bestände bei zu knappem Nahrungsangebot. Die Sache, so prophezeit der Stadtförster, wird sich regulieren. "In zwei, drei Jahren werden wir das wieder im Griff haben."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Iphofen
Eike Lenz
Baumarten
Brennholz
Stadt Kitzingen
Wald und Waldgebiete
Weihnachtsbäume
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top