Die Dinge sind ins Rutschen geraten, nur nicht so, wie viele Beteiligte sich das wünschen. Seit am 1. Juni zwischen Kitzingen und Mainstockheim bei einem großen Unwetter Teile des Hangs heruntergekommen sind, tun sich Gräben auf: in der Landschaft und im Verhältnis der von dem Unglück Betroffenen.
Die Deutsche Bahn ist seit Monaten mit schwerem Gerät bemüht, den Berg zu beackern und gegen ein weiteres Naturereignis dieser Art zu sichern, aber dazu braucht sie Raum und Zeit – zu viel von beidem, wie Stadt und Landkreis inzwischen finden. Sie haben der Bahn kürzlich ein Ultimatum gestellt – und inzwischen hat die Bahn reagiert.
Der Brandbrief an die Bahn enthält eine "dringende Bitte"
Das Protestschreiben vom 22. Oktober an die Bahn trägt den Briefkopf und die Signatur der Landrätin, dazu die Unterschriften des Kitzinger Oberbürgermeisters sowie der Bürgermeister von Dettelbach, Mainstockheim und Buchbrunn. Sie kommen in dem Brief gleich zur Sache mit der "dringenden Bitte, die Baustelle zügig zu Ende zu bringen".
Und: Sie kündigen an, die bis zum 29. November befristete Vollsperrung der Staatsstraße zwischen Kitzingen und Mainstockheim auslaufen zu lassen. Zuständig ist hier die Stadt Kitzingen als Verkehrsbehörde. "Wir können und werden unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht weiter erklären, dass die Bahn wieder zweigleisig fährt, aber die Straße gesperrt bleibt."
Die Bahn nutzt die Straße, um darauf Material und Maschinen abzustellen, das für die Arbeiten in dem steilen Gelände gebraucht wird. Spezialunternehmen aus dem In- und Ausland sind seit Monaten damit beschäftigt, den Berg und die auf der Krone verlaufenden Gleise absturzsicher zu machen. Landkreis und Kommunen bezweifeln, dass das mit dem gleichen Nachdruck geschieht wie noch zu Beginn. Sie werfen der Bahn in ihrem Brief vor, dass "diese Baustelle nicht mehr priorisiert behandelt wird und nicht im gleichen Maße vorankommt wie zuvor".
Inzwischen hat die Bahn geantwortet und auf zwei Seiten beschrieben, wo die Herausforderungen liegen. Klar ist: Es wird keine einfache und wohl auch keine schnelle Lösung geben. Dem Vorwurf, dass die Bauarbeiten verschleppt würden, widerspricht die Bahn. Sie verlangt deutlich mehr Zeit als bis Ende November und legt dar, was geht – mehr noch: was nicht geht.
Den Platz auf der Straße etwa brauche man zwingend für die Baustellen-Logistik. Eine Aufhebung der Vollsperre und selbst eine Teilöffnung der Straße hätten zur Folge, dass die Arbeiten unverzüglich eingestellt werden müssten, heißt es von der Bahn.
Was versteht die Bahn unter "provisorischen Umfahrungen"?
Jetzt wird hinter den Kulissen an Lösungen gearbeitet – immer mit dem Ultimatum im Hinterkopf, das OB und Landrätin der Bahn gesetzt haben. Die Stadt teilt auf Anfrage mit, die Bahn habe "mehrere Möglichkeiten" aufgezeigt, wie der Verkehr auf der Verbindungsstraße ab Anfang Dezember wieder fließen könnte. Tatsächlich schrumpfen diese Möglichkeiten bei genauerer Prüfung zu einer einzigen vagen Option.
So hat die Bahn in einem Halbsatz "provisorische Umfahrungen" angedeutet. Wer die Situation rund um die Baustelle kennt, tut sich schwer nachzuvollziehen, was genau damit gemeint ist. Eine Umleitung mittels neuer Trasse, die dann aber im Bereich der angrenzenden Wiese erst hergestellt und aufgeschüttet werden müsste? Direkt neben der Staatsstraße verläuft der Radweg, drumherum zieht sich weiträumig ein Trinkwasserschutzgebiet. Das alles spricht eher gegen einen tiefen Eingriff im Gelände.
Beim Landratsamt verweist man auf Gespräche, die im Hintergrund laufen. Beteiligt sind die Abteilung Wasserrecht, das Wasserwirtschaftsamt, Obere und Untere Naturschutzbehörde sowie der Wasserversorger LKW. Konkrete Ergebnisse gibt es bislang weder seitens der Stadt noch des Landkreises.
Bei der angrenzenden Gemeinde Mainstockheim hält man wenig von einer halbseitigen Öffnung der Straße mit Ampelregelung, wie sie Kitzingens OB zuletzt ins Gespräch gebracht hat. "Auch bei einer Einbahnregelung samt Ampel muss eine Umfahrung geschaffen werden", sagte Bürgermeister Karl-Dieter Fuchs jüngst im Gemeinderat.
Buchbrunns Bürgermeister denkt an dramatische Stunden
Der Buchbrunner Bürgermeister Hermann Queck war in der Unwetternacht des 1. Juni mit draußen und erinnert sich an dramatische Stunden. Er war erleichtert, dass die Bahn so schnell reagiert und die Strecke unverzüglich gesperrt hat. Nicht auszudenken, wenn ein ICE über den aufgeweichten Damm gedonnert wäre.
Queck ist es auch, der der Bahn jetzt gerne die Zeit lassen würde, um die Schäden ordentlich zu beheben, auch wenn das bedeuten würde, dass der Verkehr an manchen Tagen wie eine Lawine über seinen kleinen Ort kommt.
Wie lange die Bahn sich an der Stelle noch Zeit lassen will? Man rechne, so heißt es, mit einem Abschluss der Arbeiten im ersten Quartal 2025.