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Iphofen
Tourismus an der Mainschleife: Warum Volkach Vorreiter war und was die Region von Venedig unterscheidet
Die Mainschleife ist der Touristen-Hotspot im Landkreis Kitzingen. Doch warum profitiert der Normalbürger davon? Und welche Rolle spielt dabei Corona? Fragen an eine Expertin.
Das Smartphone ist mittlerweile überall dabei. Gemeinden, die keine Tourist-Information vor Ort haben, können mit Hilfe von QR-Codes wichtige Informationen zur Verfügung stellen.
Foto: Michael Koch | Das Smartphone ist mittlerweile überall dabei. Gemeinden, die keine Tourist-Information vor Ort haben, können mit Hilfe von QR-Codes wichtige Informationen zur Verfügung stellen.
Julia Lucia
 |  aktualisiert: 12.02.2024 14:44 Uhr

Wenn die Weinberge sich bunt färben, ist Hochsaison im Landkreis Kitzingen. Touristinnen und Touristen beleben die Innenstädte, erkunden auf den vielen Wanderwegen Wein, Wald und Main. Doch woran liegt es, dass es in manchen Gemeinden mehr Gäste gibt als in anderen? Claudia Bellanti, seit 2000 Leiterin der Tourist-Information Iphofen, wagt einen Erklärungsversuch, bei dem Volkach eine wichtige Rolle spielt.

Frage: Iphofen, Marktbreit und Prichsenstadt sind sicherlich so attraktiv wie Volkach. Warum zieht es so viele Gäste an die Mainschleife?

Claudia Bellanti: An der Mainschleife hat der Tourismus eine viel längere Tradition. Dazu gibt es einen viel höheren Vermarktungsdruck und eine höhere Vermarktungsdichte, weil auf die Fläche mehr Weinbau- und Gastronomiebetriebe kommen. Unter Waldemar Sperling fingen die Volkacher an, Busse und Ausflüge zu organisieren, um Touristen zum Weinkaufen und zu Weinproben zu locken. Vom Ortsbild her können die anderen Orte mithalten, aber die Installation einer Tourist-Information hat dort viel später angefangen.

Also war Volkach Vorreiter für den Landkreis?

Bellanti: In Volkach hat man den Weg bereitet. Man sagte sich, dass es für die Vermarktung eine Person braucht. Das war Waldemar Sperling, der Ende der 60er-Jahre anfing, als Volkacher Ratsherr Werbung zu machen. Hätte er den Tourismus damals nicht hoffähig gemacht und gezeigt, wie viel Umsatz durch Tourismus generiert wird, hätten sich andere Orte noch schwerer getan, Akzeptanz für eine bezahlte touristische Beratung zu schaffen.

Macht Volkach etwas anders als die anderen?

Bellanti: Wir kochen alle mit Wasser. Es gibt nicht einen Standard in allen Orten, weil es unterschiedliche Organisationsstrukturen gibt. In Iphofen zum Beispiel ist es eine städtische Abteilung. Marco Maiberger als von Volkach angestellter Leiter der Tourist-Information ist auch Vorsitzender des Marketingvereins, der sehr viel selbst finanziert. Manchmal ist es nur ein Verkehrsverein wie zum Beispiel in Randersacker. Sie machten es ehrenamtlich, hatten während Corona keine Einnahmen mehr und können nun keinen Touristiker mehr zahlen. Deswegen ist ein Vergleich schwer.

Claudia Bellanti leitet seit 22 Jahren die Tourist-Information in Iphofen.
Foto: Michael Koch | Claudia Bellanti leitet seit 22 Jahren die Tourist-Information in Iphofen.
In manchen Gemeinden fehlt das Geld für Tourismus, manche wollen gar nichts ausgeben. Ein Fehler? Oder muss man knallhart sagen, dass nicht jeder das Potenzial für Tourismus hat?

Bellanti: Das Potenzial haben sehr viele Orte, weil sie Natur, historische Bausubstanz und pittoreske Ortsbilder haben. Tourismus ist eine freiwillige kommunale Aufgabe, also entscheidet der Stadt- oder Gemeinderat, was ihm das wert ist. Sich um Gewerbebetriebe und Gewerbegebiet zu kümmern ist selbstverständlich. Tourismus dagegen ist ein Add-on. In Iphofen ist Wirtschaftsförderung gleich Tourismusförderung. Geld, das wir in die kommunale Tourismuswerbung stecken, fließt nicht in unsere Kassen zurück. Jeder Marketinggroschen geht in den Geldbeutel der Wirte, Winzer und Übernachtungsbetriebe. Manche müssen sich noch damit vertraut machen, dass es ein Zugewinn an Lebensqualität ist, in den Tourismus zu investieren.

Das heißt, auch die Bürgerinnen und Bürger, die nicht von Gästen leben, haben etwas von Tourismusförderung?

Bellanti: Nach Corona haben das viele verstanden. Sie haben gemerkt, wie gut es ist, ausgeschilderte Wanderwege und eine ordentliche Infrastruktur zu haben. Da war auf einmal Wertschätzung. Man konnte nicht weg und stellte fest: Wow, ist ja richtig cool bei uns. Das ganze Angebot an Wanderwegen, Kultur, Gastronomie und Veranstaltungen gäbe es nicht, und die besuchen ja auch die Einheimischen und haben so einen Mehrwert an Lebensqualität. 

Wann ist dann zu viel Tourismus?

Bellanti: Oh je, das könnte jetzt eine Grundsatzdiskussion werden. Ich würde behaupten, bei uns im fränkischen Weinland gibt es noch keinen Overtourism. Davon kann ich in Venedig oder anderen Metropolen sprechen. Wann ist es zu viel? Wie definiere ich Tourismus überhaupt? Sind es wirklich die Übernachtungsgäste oder ist es auch der einheimischen Ausflugsverkehr, der dazu führt, dass ein Mülleimer überquillt? Wir haben noch keinen Overtourism, wenn dreimal im Jahr ein Parkplatz überfüllt ist. Da wehre ich mich dagegen. Mülltourismus, Sozialtourismus, Katastrophentourismus – das Wort Tourismus wird im Moment so falsch verwendet. Dabei ist es etwas Tolles, ein Tourismusgebiet zu sein. Man muss es sich bewusst machen: Wir leben in einem Ort, der so schön ist und so viel Spaß macht, dass Leute hunderte Kilometer fahren, um ein paar Tage bei uns mitleben zu dürfen. 

Wie wichtig ist der Internetauftritt? Ein Post bei Instagram oder Facebook?

Bellanti: Es ist unerlässlich, digital sichtbar zu sein. Das digitale Sich-Informieren findet statt, egal ob ich das möchte oder nicht. Das ist mittlerweile vom Gast gelernt. Wichtig ist es, vor Ort die digitale Info analog zu verknüpfen. Es gibt ein Informationsüberangebot, und der Tourist-Information muss es gelingen, das persönliche Angebot für den Kunden zu finden. Ich muss im Netz sichtbar sein, aber die passgenaue Beratung kann das Internet nicht ersetzen.

Anzeige für den Anbieter Instagram über den Consent-Anbieter verweigert
Was bedeutet das für kleine Gemeinden, die zwar im Internet vertreten sind, sich aber keinen Touristiker vor Ort leisten können?

Bellanti: Zusammenschlüsse, wie zum Beispiel im Weinparadies, finde ich wichtig. Auch eine sehr gute Internetpräsenz hilft. Vor Ort muss ich mich um die Infrastruktur kümmern. Viel kann man heute mit QR-Codes lösen. Es gibt auch noch den klassischen Ortsaushang. Allerdings muss ich dann jemanden in der Verwaltung haben, der den Aushang aktualisiert. Ein altes Plakat ist keine Werbung. Wenn ich am Wanderparkplatz eine fünf Wochen alte Info sehe, habe ich nicht das Gefühl, als Tourist erwartet zu sein. Es ist ein Zeichen der Gastfreundschaft, alles in Schuss und aktuell zu halten. 

 
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