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Kitzingen
Neugründung im Landkreis Kitzingen: Warum die "Omas gegen Rechts" nett, anständig, aber lautstark demonstrieren
Rund 150 dieser Gruppen gibt es bereits bundesweit. Was es mit der Bewegung in der Region auf sich hat, warum und wofür insbesondere ältere Frauen auf die Straße gehen.
Die Regionalgruppe Kitzingen von "Omas gegen Rechts" bei einer Demonstration für Demokratie in Kitzingen.
Foto: Hanjo von Wietersheim | Die Regionalgruppe Kitzingen von "Omas gegen Rechts" bei einer Demonstration für Demokratie in Kitzingen.
Marius Flegler
 |  aktualisiert: 15.07.2024 19:31 Uhr

Die Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv, die die Remigrationspläne der AfD öffentlich gemacht haben, waren für die "Omas gegen Rechts" aus Kitzingen der Anlass, eine größere Demonstration zu planen. Deshalb schlossen sie sich Mitte Januar einer Würzburger Veranstaltung an. Rund 250 Demonstrierende sollten es werden. Am Ende waren es mit 3000 Menschen sogar zwölfmal so viele.

Ein Lichtblick für Ingrid von Wietersheim, eine der Sprecherinnen des Kitzinger Bündnisses, das sich Mitte Februar dieses Jahres gegründet hatte. Denn, schon länger beobachte sie, dass antidemokratische Tendenzen in der Gesellschaft immer weiter zunehmen – und habe sich gefragt, weshalb sich die Menschen dagegen nicht endlich zur Wehr setzen. 

Lebenserfahrung und Vertrauenswürdigkeit: die Stärke der Omas

Auch ihr 29-jähriger Sohn habe demonstrieren früher eher als unnütz erachtet, sagt sie. Er entstammt einer Generation, die lange von großen Krisen und politischen Missständen verschont blieb. Seit kurzem geht auch er auf die Straße. Denn, was von Wietersheim bereits in den 80er-Jahren erfahren hat, als sie etwa gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf demonstrierte, habe nun auch die Generation ihrer Kinder gelernt: Auf die Straße zu gehen, kann durchaus Wirkung zeigen.

Grundsätzlich sei das eine Stärke der "Omas gegen Rechts": die Lebenserfahrung und der geschärfte Blick für gesellschaftliche Strukturen. Und das behagliche Gefühl im sonst so aufgeheizten politischen Diskurs, das allein der Begriff "Oma" bei vielen auslösen dürfte: "Wir achten auf einen anständigen Ton. Dabei geht es immer auch um Wertschätzung und Respekt gegenüber anderen", sagt von Wietersheim. Selbstverständlich bedeute das nicht, dass sie nicht auch deutlich widersprechen, wenn sie es für nötig erachten. 

Bei ihrer Gründung waren die Kitzinger Frauen zu zwölft. Fast alle kommen aus dem Landkreis. Fünf weitere haben bereits mitgeteilt, dass sie sich beteiligen wollen. Ein durchgängiges Motiv: ihren Kindern und Enkeln die freiheitliche Gesellschaft erhalten.

Die Kitzinger Omas gegen Rechts. Vorne: Helge Düll, hinten von links: Barbara Emrich, Sigrid Plutz, Ingrid von Wietersheim, Reinhilde Holzmann, Annelie Kling-Hammer, Inge Weimann, Gabriele Wachtarz-Pregitzer, Edeltraud Schramm, Angela Nrusko, Tina Kreile und Marion Eyselein. 
Foto: Reinhilde Holzmann | Die Kitzinger Omas gegen Rechts. Vorne: Helge Düll, hinten von links: Barbara Emrich, Sigrid Plutz, Ingrid von Wietersheim, Reinhilde Holzmann, Annelie Kling-Hammer, Inge Weimann, Gabriele Wachtarz-Pregitzer, ...

Feiner, aber wichtiger Unterschied: rechts oder rechtsextrem?

Die Kitzinger Gruppe ist eine von bundesweit 150 Regionalgruppen: "Wir sind eine Arbeitsgemeinschaft, die sich sehr niedrigschwellig organisiert", erklärt von Wietersheim. Sowohl was das Mitmachen betrifft als auch die eigentliche Arbeit der Gruppe. Also das Organisieren von Demonstrationen, das Schreiben von Briefen an die Politik und den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber auch schlichtweg die Vernetzung und den Austausch. Dafür trifft sich die Gruppe einmal monatlich in Kitzingen. Die Kommunikation läuft über E-Mail und den Messengerdienst Whatsapp. 

Der Name "Omas gegen Rechts" kommt ursprünglich aus Österreich, wo die Initiative 2017 von der Theologin und Psychotherapeutin Monika Salzer gegründet wurde. Der Name ist griffig. Doch vertritt die politische Rechte – sofern sie auf demokratischen Grundwerten fußt – nicht legitime Positionen?

Auf jeden Fall, sagt von Wietersheim. Der Name habe inzwischen Slogan-Charakter. Gemeint sei selbstverständlich "rechtsextrem". Den ersten deutschen Ableger hätten gar CDU-Mitglieder mitgegründet. Vom Spektrum CSU bis zur Linken besuche die Gruppe sämtliche Veranstaltungen – je nachdem, ob man den Veranstaltungszweck für unterstützenswert halte. Das sei jedes Mal eine individuelle Entscheidung, sagt von Wietersheim. 

Ältere Frauen in politischer Öffentlichkeit unterrepräsentiert

Auch Männer begleiten die Omas gegen Rechts zu Demonstrationen, erklärt von Wietersheim. Über Unterstützung freuen sich die Frauen immer. Doch sieht sie die Idee der Gruppe durchaus darin, als spezifische Frauenbewegung wahrgenommen zu werden.

Denn: Ältere Frauen seien im politischen Diskurs kaum repräsentiert. Doch auch sie seien mitunter schon früher politisch aktiv gewesen: "Wir haben definitiv auch etwas zu sagen." Ein Mindestalter für den Beitritt gibt es nicht. Auch jüngere Frauen dürfen mitmachen: "Sie sind ja auch potenzielle Omas", sagt von Wietersheim mit einem Schmunzeln.

Demonstrationen müssen in handfeste Bündnisarbeit übergehen

Dass die besucherstarken Demos gegen Rechts in den vergangenen Wochen so konsequent anhalten, dürfte bei so manchem für Erstaunen sorgen. Doch so wie von Wietersheim sehen offenbar viele den Zustand unserer Demokratie bedroht. Während der Corona-Pandemie sei vieles digital gelaufen, sagt sie. Die Masse an Fake News habe viele in die Fänge von Verschwörungstheorien getrieben. Auch Politiker von demokratischen Parteien, sagt sie, tragen mit ihrem Populismus zur Spaltung der Gesellschaft bei

Wie lange also werden die Omas gegen Rechts noch auf die Straße gehen? "Ehrlich gesagt glaube ich, dass das eine längere Geschichte ist", sagt von Wietersheim. Irgendwann werden wohl auch die großen Demos wieder abebben. Die Demos müssten dann in echte Bündnisarbeit übergehen, sodass der Charakter Bewegung auch politisch nachhält: "Wir müssen die Leute erreichen und das Gespräch suchen. So mühsam es ist."

Wer bei Omas gegen Rechts, Regionalgruppe Kitzingen, mitmachen möchte, kann per E-Mail an: ogrkt@mail.de Kontakt aufnehmen.

 
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Kommentare
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  • Norbert Meyer
    Es gibt auch die "Omas gegen Grün". Die finde ich noch besser.
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  • Dietmar Eberth
    Hab mal gegoogelt. Mehr als ein Video und ein T-Shirt gibt es dazu nicht.
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