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Kitzingen
Der Kampf ums Wasser: Darf Iphofen künftig bei Kitzingen den Main anzapfen?
Ökologischer Schildbürgerstreich oder sinnvolle Lösung? Für sein Millionenprojekt Weinbergsbewässerung braucht Iphofen Mainwasser. Kommt die Stadt mit ihrem Antrag durch?
Hochwasser im Juli 2021 am Main in Kitzingen: Für ihr Pilotprojekt Weinbergsbewässerung will die Stadt Iphofen 200.000 Kubikmeter Wasser im Jahr aus dem Fluss pumpen.
Foto: Silvia Gralla | Hochwasser im Juli 2021 am Main in Kitzingen: Für ihr Pilotprojekt Weinbergsbewässerung will die Stadt Iphofen 200.000 Kubikmeter Wasser im Jahr aus dem Fluss pumpen.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 09.02.2024 12:42 Uhr

Sehr viel schlauer ist man nach diesem Abend nicht. Man weiß zwar jetzt, wie viel Wasser in einem durchschnittlichen Winter den Main hinunterläuft – es sind etwa zwölf Millionen Kubikmeter jeden Tag. Aber ob die Stadt Kitzingen nun der Stadt Iphofen erlauben wird, 200.000 Kubikmeter davon im Jahr zu entnehmen, um die dortigen Weinberge zu bewässern, bleibt weiterhin die spannende Frage. Die Bitte von Iphofens Bürgermeister Dieter Lenzer um eine zeitnahe Entscheidung hat der Bauausschuss des Kitzinger Stadtrates wohl gehört, allein: Er sieht sich für ein Urteil noch nicht gewappnet.

Die Iphöfer hatten am Donnerstagabend zur Sitzung im Kitzinger Rathaus einiges aufgeboten. Neben dem Bürgermeister waren erschienen: der Bauamtsleiter, der Geschäftsführer der Verwaltung, die Tourismuschefin sowie zwei Stadträte. "Dann machen wir heute mal großen Bahnhof", sagte Kitzingens OB Stefan Güntner erfreut. Zumal auch noch der Fachberater Matthias Mend von der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim und Senta Möbus vom Wasserwirtschaftsamt in der ersten Reihe saßen.

Sie alle sollten über ein Vorhaben sprechen, das sich Pilotprojekt nennt und nach jüngsten Schätzungen mindestens 18 Millionen Euro kosten wird. Der bayerische Staat will es mit bis zu zehn Millionen Euro fördern, die Stadt Iphofen mit weiteren Millionen. Geld scheint in diesem Fall also nicht das Problem zu sein.

"Ein privatwirtschaftliches Vorhaben, von dem nur ein kleiner Kreis begünstigt ist."
Klaus Sanzenbacher, Grünen-Stadtrat Kitzingen

Damit das Projekt zum Erfolg wird, braucht es Wasser aus dem Main. Die Iphöfer wollen es im Winter, wenn der Fluss in der Regel mehr Wasser führt als im Sommer, über eine sieben Kilometer lange Leitung in einen künstlichen Speichersee pumpen und daraus bei Trockenheit den größten Teil ihrer 262 Hektar großen Weinberge betröpfeln. Eine technisch sinnvolle und nachhaltige Lösung, wie das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg in einem Schreiben von 2017 erklärt. Ein "ökologischer Schildbürgerstreich", wie die Kitzinger Grünen in einem aktuellen Antrag schreiben. Sie lehnen das Vorhaben ab und wollen den Wassertransport verhindern; das hat ihr Vertreter Klaus Sanzenbacher am Donnerstag noch einmal klargemacht.

Tröpfchenbewässerung im Weinberg bei Nordheim: Auch Iphofen will mithilfe staatlicher Fördergelder ein solches System installieren.
Foto: Johannes Kiefer | Tröpfchenbewässerung im Weinberg bei Nordheim: Auch Iphofen will mithilfe staatlicher Fördergelder ein solches System installieren.

Sanzenbacher sieht in dieser Sache ein "privatwirtschaftliches Vorhaben, von dem nur ein kleiner Kreis begünstigt ist", in diesem Fall etwa 20 Iphöfer Weingüter. Für ihn mutet es absurd an, dass Wasser aus dem Raum Iphofen über die Sicker in den Main bei Kitzingen fließt und von dort nach Iphofen zurückgepumpt wird. Warum man das Regenwasser nicht in Iphofen sammle und speichere, war seine Frage an die Experten.

Mend und Lenzer erklärten, genau das sei in einer langwierigen Machbarkeitsstudie untersucht worden. Aber das Wasser nehme – sobald es auf Iphöfer Boden fällt – zu viel Sulfat auf und verstopfe in kürzester Zeit die Leitungen der Tröpfchenbewässerung. Auch andere Lösungen, etwa Wasser aus Quellen zu bergen, habe sich als nicht effizient erwiesen. Iphofen hängt also am Tropf des Mains.

Den Kritikern des Vorhabens machte Mend deutlich, dass es hier nicht nur um die Förderung einer kleinen Berufsgruppe und einer weinseligen Klientel gehe, sondern um den Erhalt der in Jahrhunderten gewachsenen Kulturlandschaft am Schwanberg und um die Existenz einer Branche, die im Jahr 3,2 Milliarden Euro Umsatz in ganz Franken macht. Die 200.000 Kubikmeter Wasser, die Iphofen für sein Projekt braucht, spielten für den Wasserhaushalt des Mains "keine Rolle". Sie würden auch nicht für Industrie und Handwerk verwendet. Das immer wieder mal gestreute Gerücht, der Baustoffkonzern Knauf könnte davon einen Gutteil für seine Produktion abzweigen, könne er hier gern entkräften, sagte Mend.

Viele Fragen im Ausschuss begannen mit den Worten "Was wäre, wenn . . .": Wenn der Pegelstand im Winter etwa zu gering sei, um dem Main Wasser zu entnehmen? "Dann könnte man die Entnahme rechtlich stoppen", sagte Senta Möbus vom Wasserwirtschaftsamt. Wenn der Pegel im Sommer zu sehr fällt und sich der Fluss bedrohlich erwärmt? "Dann haben wir einen Alarmplan Main", so Möbus. Wenn der Wasserstand in den nächsten Jahren durch die Trockenheit insgesamt zurückgeht. "Dann", so die Expertin, "können wir Bescheide ändern. Oberste Priorität ist, dass der Wasserhaushalt erhalten bleibt."

Wenn Kitzingen Nein sagt, hält Lenzer das Projekt für "gestorben"

Für Kitzingens Umweltreferent Uwe Hartmann waren damit zwar "viele Fragen ausgeräumt", aber es lagen nicht alle Antworten auf dem Tisch. Der Stadtrat will deshalb in seiner Sitzung am 14. Juli einen Antrag seines Mitglieds Thomas Rank beraten, in dem es um die Bestellung eines Gutachters geht. Dieser soll die Auswirkungen der Mainwasser-Entnahme für die Stadt Kitzingen prüfen. Von den Ergebnissen dürfte abhängen, wie der Stadtrat sich entscheidet.

In Iphofen muss Bürgermeister Lenzer jetzt erst mal darum kämpfen, die Reihen der Winzer zu schließen. Noch haben sich zu wenige verbindlich für das Vorhaben angemeldet. Und was, wenn die Stadt Kitzingen die Entnahme von Wasser und den Bau der Leitung über ihre Gemarkung ablehnen würde? "Dann“, sagte Lenzer, "wäre das Projekt gestorben."

 
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  • 91189
    Warum sollte Alkohol(konsum) auch noch mit 18 Mio gefördert werden ? Weinstöcke sind außerdem Tiefwurzler und brauchen (außer vll.bei Neuanlage) überhaupt keine Bewässerung.
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  • reutjo
    Für Iphofen wäre das Projekt ...

    dann nicht gestorben, wenn Sie sich mit " Mainbernheim " gegen " ein bisschen Obolus zu-
    sammentun. Auch dort wächst Wein und der Stadteigene Wengert liegt oben am Berg wo das
    Regenwasser hinunter nei die "Sicker läuft. Auf der ganzen "Sickerbachlänge klappert keine Mühle mehr ; aber der Bezug zum Main wäre vom Ortsnamen gegeben. Vielleicht fällt dann den" KTer Räten die Genehmigung leichter. Und die Mainbernheimer treten dann das Hochwasser als ihr Mainwasser an Iphofen ab. Alles nur eine Frage der Perspektiven und des Geldes. So wie auch noch die eines Speichersees. Iphofen hat Geld .... und andere brauchen es.

    Im Weinlandkreis Kitzingen lefft das Wasser dann bergauf. Dieses Wunder könnte man auch touristisch nutzen. Wer kann so etwas schon vorweisen! ? " Kitzi, Barna und Ipouf " ham ke Buckel und ke Kroupf ! ( Früher hat man das Frankengstanzel anders gesungen ) ...... die Zeiten
    ändern sich !! Klimawandel..... und Grüne mit viel Fantasien !
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  • RupNeu@t-online.de
    Lieber Herr Lenz,
    Vielen Dank, nicht nur für diesen Artikel, sondern auch für alle Ihre anderen. Es ist wahrlich ein Genuss, solche "Perlen" eines sorgfältigen und ausgewogenen Journalismus zu lesen. Alle Ihre Artikel basieren anscheinend auf einer akribischen Recherche.
    Journalismus wie er sein muss / sein sollte (leider nicht selbstverständlich).
    Herzliche Grüße,
    GoethePuschkin
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  • sabbel
    Ethisch betrachtet, muss man den Iphöfern die Wasserentnahme gestatten, da führt kein Weg daran vorbei. Im Gegenzug sollte Iphofen dann aber seinen Namen in "Iphofen am Main" ändern.
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  • susorf20512503
    Inwiefern "muss man" den Iphöfern "ethisch betrachtet" die Wasserentnahme gestatten?

    Wir leben in einer Zeit, in der es einigen Menschen nicht möglich ist, genug Geld für Energie und Lebensmittel aufzubringen und hier kommen ein paar Leute mit "Luxusproblemen".

    Kulturlandschaften ändern sich - das war schon immer so.

    Geschickter wäre es wohl auch, wenn sich die Betroffenen den klimatischen Verhältnissen dauerhaft anpassen (muss dort Wein angepflanzt werden?) und man sich vermehrt Gedanken darum macht, wie man den Tourismus auch ohne bzw. mit weniger Weinanbau attraktiv gestaltet.

    18 Millionen für ein solches Unternehmen in die Hand zu nehmen, ist meiner Meinung nach ethisch nicht zu vertreten und ich hoffe, dass die Grünen sich hier durchsetzen.
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  • elkatvelo@t-online.de
    Ethisch betrachtet, müsste man die 18 Millionen und die anderen Millionen von den Wasser-Alkoholprojekten nehmen und den Ärmsten unter den Armen und unter der Dürre am meisten leidenden zur Verfügung stellen, damit dort niemand verdursten muss.

    Bei uns soll das Wasser ja nur für die Volksdroge Bier und Wein verwendet werden.
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