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Iphofen/Nordheim
Weinbergsbewässerung: Millionen fließen nach Iphofen und Nordheim
Es ist mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein: Als Teilnehmer am Pilotprojekt des Freistaats winken den zwei Weinbaugemeinden Millionen. Noch sind knifflige Fragen zu klären.
Wertvolle Tropfen: Viele Weinberge in Franken werden bereits künstlich bewässert. Ein Pilotprojekt fördert nun auch Anlagen in Iphofen und Nordheim.
Foto: Thomas Obermeier | Wertvolle Tropfen: Viele Weinberge in Franken werden bereits künstlich bewässert. Ein Pilotprojekt fördert nun auch Anlagen in Iphofen und Nordheim.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:13 Uhr

Hansi Ruck hat die „Korken knallen lassen“ – zur Feier des Tages. Als am vergangenen Freitag die Mitteilung aus dem bayerischen Umweltministerium kommt, dass Iphofen beim bayernweiten Pilotprojekt Weinbergsbewässerung dabei sein wird, sitzt der Winzer und Vorsitzende des örtlichen Weinbauvereins gerade am Mittagstisch. Jahrelang hat Ruck um das Projekt gekämpft, immer wieder wortreich dafür geworben. Nicht weniger als die Existenz und die Zukunft des Iphöfer Weinbaus sieht er auf dem Spiel stehen. Jetzt ist ein erstes Etappenziel erreicht. Der Freistaat wird Iphofen Millionen als Starthilfe gewähren, so wie zwei weiteren unterfränkischen Kommunen: Oberschwarzach und Nordheim am Main. Ihnen bleibt nun bis 30. Juni 2022 Zeit, die Vereinbarungen mit dem Ministerium wasserdicht zu machen.

Für die ausgewählten Orte geht es um viel Geld: In Iphofen stehen Investitionen von 17 Millionen Euro im Raum, in Nordheim geht es um 14 Millionen und in Oberschwarzach sogar um 23 Millionen. Der Freistaat trägt die Hälfte dieser Kosten, maximal aber zehn Millionen Euro. Wie der Rest finanziert wird, ist derzeit in allen Gemeinden offen. In Iphofen will Bürgermeister Dieter Lenzer jetzt „zwei Dinge“ tun: Das Erste ist, unter den Winzern breiten Konsens herzustellen, dass es sinnvoll ist, in das Projekt zu investieren; das Zweite ist, die Planung und Finanzierung auszuarbeiten. Beide Punkte hängen eng zusammen, denn mancher Winzer wird zunächst wissen wollen, was ihn die Sache kostet, ehe er dafür ist.

Der Verbandschef rechnet die drohenden Verluste vor

Verbandschef Ruck hat in den vergangenen Jahren immer wieder bei seinen Iphöfer Kollegen geworben, sich an dem Projekt zu beteiligen. Während einer turbulenten Stadtratssitzung Anfang März kam dann heraus, dass der größte Teil – der 200 der insgesamt 262 Hektar Iphöfer Rebfläche bewirtschaftet – grundsätzlich bereit sei, bei der Sache mitzumachen. Rucks Rechnung, mit denen er Unschlüssige zu überzeugen versucht, geht so: Je nach Ausmaß der zu erwartenden Trockenschäden verliere jeder Winzer künftig 8000 bis 10 000 Euro pro Jahr und Hektar. Wie hoch im Gegenzug die einmaligen Investitionskosten und die jährlichen Betriebskosten für die Bewässerung sind, muss in den nächsten Monaten ermittelt werden. Für Ruck steht schon heute fest: „Nichts zu machen kostet die Betriebe am meisten Geld.“

Bislang hat Iphofens Stadtrat konkrete Festlegungen gescheut, mit welcher Summe sich die Stadt an den Kosten von geschätzt 17 Millionen Euro beteiligen wird. Erst sollen alle Fakten auf den Tisch, sagt Bürgermeister Lenzer. Er wünscht sich, dass Winzer auch später noch die Chance haben, in das Projekt einzusteigen. Die Machbarkeitsstudie sieht vor, Wasser über eine sieben Kilometer lange Zuleitung vom Main bei Kitzingen herbeizupumpen und in einem 195 000 Kubikmeter großen Becken jenseits der Westumgehung zu speichern.

Andere Optionen wie die Entnahme von Tiefenwasser oder das Sammeln und Speichern von Niederschlägen kommen laut Studie nicht in Betracht. Der hohe Sulfatgehalt im Boden macht das Wasser unbrauchbar; es würde die Schläuche der Tröpfchenbewässerung verstopfen. Ruck sagt: „Die Idee, Wasser aus dem Main zu pumpen, stammt vom Wasserwirtschaftsamt und nicht aus Iphofen.“

Die Weinberge oberhalb Iphofens prägen eine jahrhundertealte Kulturlandschaft, die durch die zunehmende Trockenheit in Gefahr gerät.
Foto: Daniel Peter | Die Weinberge oberhalb Iphofens prägen eine jahrhundertealte Kulturlandschaft, die durch die zunehmende Trockenheit in Gefahr gerät.

In Nordheim sind die Voraussetzungen völlig anders. Die Main-Anliegergemeinde betreibt das Projekt gemeinsam mit dem Nachbarort Sommerach. Betroffen sind insgesamt um die 250 Winzer. Die Strukturen sind viel kleinteiliger, das Projektgebiet mit 615 Hektar deutlich größer. Und: Die Kosten liegen mit 14 Millionen Euro etwas niedriger als in Iphofen, was auch an der vorhandenen Bewässerungsinfrastruktur in Sommerach liegt. Spricht man mit Bürgermeisterin Sibylle Säger, dann äußert sie sich einerseits „sehr überrascht“, dass ihre Gemeinde den Zuschlag aus München erhalten habe; andererseits betont sie die hohe Wirtschaftlichkeit des Projekts, das beste Verhältnis von Kosten zu beregneter Fläche.

In Nordheim spricht Winzer Borst von "etwas Tollem"

Der Vorsitzende des Nordheimer Weinbauvereins, Thomas Borst, versucht die Dimensionen so zu erklären: „Wenn in Nordheim vier Winzer an einem Tisch sitzen, sind sie zusammen so groß wie einer in Iphofen.“ Borst, der sechs Hektar Weinberge in Nordheim bewirtschaftet, kann kaum einschätzen, wie viele seiner Kollegen sich letztlich der Sache anschließen werden. „Eine Mehrheit ist dafür“, sagt er. Wie Hansi Ruck in Iphofen verweist auch Borst auf die Größe des Projekts. „Das ist keine Investition für die nächsten zehn Jahre, sondern für mehrere Generationen. So gesehen relativiert sich der Preis wieder.“ Gegen das, was seinerzeit die Flurbereinigung gekostet habe, sei die Bewässerung „geschenkt“. Er sieht in dem großzügig geförderten Projekt die „große Chance, etwas Tolles umzusetzen“.

Bürgermeisterin Sibylle Säger lässt nicht erkennen, wie viel die Gemeinde über den vom Freistaat geforderten zehnprozentigen Pflichtanteil hinaus beisteuern wird. Aber mit ihrer Sommeracher Kollegin Elisabeth Drescher sei sie sich einig, dass man nun „Gas geben“ wolle. Geplant ist der Bau zweier Speicherbecken – eines in jedem Ort –, die mit Wasser aus dem Mainkanal gefüllt werden sollen. Der jährliche Bedarf wird mit 370 000 Kubikmeter Wasser angegeben.

Seit Frühjahr 2010 gibt es in Volkach das Bewässerungsprojekt Vinaqua, hier das Speicherbecken unterhalb der Kapelle Maria im Weingarten.
Foto: Thomas Obermeier | Seit Frühjahr 2010 gibt es in Volkach das Bewässerungsprojekt Vinaqua, hier das Speicherbecken unterhalb der Kapelle Maria im Weingarten.

Während Iphofen und Nordheim die Gewinner der Ausschreibung sind, steht Volkach erst einmal mit leeren Händen da. „Etwas enttäuscht“ reagierte Bürgermeister Heiko Bäuerlein auf den Negativbescheid aus München. Seine Stadt hatte sich gleich mit zwei Vorhaben beworben – eines für Volkach und Fahr (303 Hektar), eines für Astheim, Escherndorf und Köhler (216 Hektar). Die wenig erhellende Begründung für die Ablehnung: Technisch seien die Konzepte wohl nicht ganz ausgereift.

Bäuerlein verweist auf das „sehr gut funktionierende“ Bewässerungsprojekt Vinaqua, aber vielleicht war gerade das ein Grund, dass Volkach mit seiner Bewerbung durchgefallen ist. Mit dem im Frühjahr 2010 eröffneten Projekt gibt es bereits ein von vielen Seiten als beispielhaft gelobtes Modell. Nun hofft Bäuerlein darauf, dass solche Vorhaben in Bayern „möglichst bald“ breit gefördert werden und dann auch Volkach profitiert.

 
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