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Kitzingen
Kampf gegen leere Schaufenster: Wie diese Frau die Kitzinger Innenstadt ein bisschen bunter und freundlicher machen will
Cristina Schuster aus Kitzingen haucht einem verwaisten Laden in der Kitzinger Innenstadt neues Leben ein – sehr zur Freude des Inhabers. Was steckt hinter der Idee. Ein Geschäftsbesuch.
Cristina Schuster stellt in den sonst leeren Schaufenstern in der Kitzinger Herrnstraße ihre abstrakte Kunst aus.
Foto: Sarah Gräf | Cristina Schuster stellt in den sonst leeren Schaufenstern in der Kitzinger Herrnstraße ihre abstrakte Kunst aus.
Sarah Gräf
 |  aktualisiert: 18.12.2024 02:35 Uhr

Es ist bereits ihre vierte Ausstellung. Und doch ist Cristina Schuster jedes Mal aufs Neue aufgeregt, wenn sich die Gelegenheit ergibt, ihren Bildern eine Bühne zu bieten. "Bevor sie bei mir auf dem Dachboden eingepackt verstauben", sagt sie schmunzelnd.

Etwa 100 Bilder hat sie schon gemalt, genau weiß sie das gar nicht. "Gezählt", sagt sie, "habe ich sie nie." Ihr Traum ist es, irgendwann von der Kunst leben zu können – die aktuelle Ausstellung in den Schaufenstern der Kitzinger Herrnstraße: "eine spontane Idee" mit der Hoffnung, sichtbarer zu werden. "So eine Ausstellung kostet Überwindung", sagt Cristina Schuster. "Zweifel sind da. Ist ja nicht so, dass man malt und sich sicher ist, dass es anderen gefällt."

Seit 2005 malt die zahnmedizinische Fachassistentin schon, ihre Bilder präsentierte sie das erste Mal 2020, im Schloss Crailsheim in Fröhstockheim. Damals kam Corona dazwischen. 2021 ein neuer Versuch in einem Restaurant in Randersacker. 2023 konnte man ihre Kunst in einem Ochsenfurter Lokal bestaunen. "Man tastet sich heran", sagt die 49-Jährige. "Und man entwickelt sich weiter – das ist auch gut so."

Die leerstehenden Geschäfte, wie das in der Herrnstraße, kennt die Kitzingerin nur zu gut. Beim Vorbeilaufen sei ihr die Idee gekommen, hier auszustellen. Der Besitzer der Räume, Gerd Högner, sei auch im Handumdrehen ausfindig zu machen gewesen. Dem 82-Jährigen kam die Anfrage Schusters im November sogar gelegen, wie er berichtet: "Es ist mal was in den Schaufenstern drin, es kommt Abwechslung rein."

Zu jedem Kunstwerk von Cristina Schuster gibt es eine kleine Geschichte – sie verbirgt sich hinter den QR-Codes neben ihren Bildern.
Foto: Sarah Gräf | Zu jedem Kunstwerk von Cristina Schuster gibt es eine kleine Geschichte – sie verbirgt sich hinter den QR-Codes neben ihren Bildern.

Seit Mai 2022 steht das Geschäft in der Herrnstraße, inmitten der Kitzinger Innenstadt, leer. Klamotten wurden dort zuletzt verkauft, vorher Bücher und noch früher Sportartikel. Trotz einer Handvoll Interessenten war bislang nichts Passendes dabei, um die Räume wieder zu belegen, wie Högner sagt. Um diese dennoch sinnvoll zu nutzen, "gab es schon den Gedanken, hier etwas Künstlerisches umzusetzen. Das mit Frau Schuster hat einfach gepasst", so Högner.

Der pensionierte Buchverleger hatte 1985 schon einmal Kunstschaffenden seine ehemaligen Geschäftsräume überlassen. "Ich fand das damals schon toll, diese Möglichkeit zu geben." Für einen Obolus darf Schuster nun die Schaufenster nutzen.

Abstrakte Kunst, die zum Nachdenken anregen soll

Dass es so einfach und schnell gehen würde, hat die Künstlerin gefreut –  Anfang Dezember ging's schon los. Inzwischen scheint die 49-Jährige, was das Ausstellen betrifft, Routine zu haben: Neben den Bildern, die sie sorgsam in den Schaufenstern drapiert hat, finden sich QR-Codes mit allerhand Informationen dazu. "Jedes Bild hat eine eigene kleine Geschichte", sagt sie. Sie alle beschäftigen sich mit einem zentralen Thema: Hoffnung. 

In ihrer Kunst bilde sie ab, wie es ist, "aus verschiedenen Lebenslagen herauszukommen", sagt Schuster. "Das Leben läuft nicht immer glatt, doch man sollte nicht verharren." Mit ihren Bildern möchte sie zum Nachdenken anregen, Hoffnung vermitteln. Sie zeigt auf ein rot-gelbes Gemälde mit einer zusammengekauerten Figur, es trägt den Titel "gefangen", und sie erklärt: Die Darstellung stehe sinnbildlich für Menschen in einer Lebenskrise. Das Licht, das von oben herab scheint: ein Hoffnungsschimmer.

Zuversicht vermitteln soll dieses Bild von Cristina Schuster, sichtbar am Hoffnungsschimmer, der von oben herab scheint.
Foto: Sarah Gräf | Zuversicht vermitteln soll dieses Bild von Cristina Schuster, sichtbar am Hoffnungsschimmer, der von oben herab scheint.

Reich wird sie mit den Bildern nicht, es geht ihr um etwas anderes

Die größten Bilder in der Pop-up-Galerie, die noch bis Ende Januar besteht, kosten schon mal 1400 Euro, das günstigste ist für 35 Euro zu haben. Reich werde man damit nicht; auch davon leben könne sie nicht, erzählt die zahnmedizinische Fachangestellte. Es gehe vielmehr um Sichtbarkeit. Und "vielleicht mag auch jemand etwas kaufen", so Schusters Hoffnung. 

Obwohl sie sich mit der Organisation der Ausstellungen nach eigenen Worten auch Stress auflädt, sei es etwas sehr Schönes. "Es macht mich stolz. Vor allem, wenn schönes Feedback zurückkommt." Am Ziel angekommen sei sie dabei noch lange nicht. "Es ist sehr schwierig, in der Kunstszene Fuß zu fassen", sagt die Künstlerin. "Mein Traum ist es, irgendwann davon leben zu können." Die Hoffnung stirbt zuletzt – auch bei ihr.

 
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Kommentare
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  • Norbert Meyer
    "Grün" ? Das ist nun seit einiger Zeit die "Elendsfarbe" in Deutschland !
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  • Dietmar Eberth
    Ihre negativen Assoziationen mit der Farbe grün tun mir sehr leid.

    Grün steht bei Menschen als Sinnbild für das Leben und die Natürlichkeit. Wir verbinden mit Grün häufig Glück, Hoffnung und Zufriedenheit. Auf die Psyche wirkt Grün erholsam und ausgleichend und es soll Körper und Geist in Einklang bringen.
    Ich fahre sehr gerne Fahrrad in der grünen Natur und wünsche Ihnen das sie das auch genießen können und nicht ständig an Parteien denken müssen.
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