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Kitzingen
Kampf "bis zum letzten Tag": Wie der Kitzinger Stadtrat an einem Abend ein Mammutwerk von 110 Millionen Euro durchboxt
Es geht um Geld, viel Geld. Von einem "Rekord" an Investitionen ist die Rede. Vor allem drei Millionenprojekte stehen auf dem Prüfstand des Stadtrates.
Kitzingens Mitte von oben: Der Bereich von Königsplatz und Kaiserstraße ist eine der großen Baustellen der nächsten Jahre.
Foto: Laurens Emmerich | Kitzingens Mitte von oben: Der Bereich von Königsplatz und Kaiserstraße ist eine der großen Baustellen der nächsten Jahre.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 31.03.2025 02:32 Uhr

Der Abend im Kitzinger Ratssaal war weit fortgeschritten, die Stimmung aufgekratzt, da stellte Bürgermeisterin Astrid Glos (parteilos) einen "Antrag zur Geschäftsordnung". Man möge doch mit Blick auf die Zeit – es ging auf 21 Uhr zu – die Sitzung an dieser Stelle beenden und sich lieber noch einmal treffen. Vier Stunden saßen die meisten da schon bei Kaffee und Butterbrezeln beisammen, um den kniffligen Haushalt der Stadt zu beraten. Doch so schwer es manchen Stadträten auch fiel, Augen und Geist wachzuhalten: Die große Mehrheit wollte das Mammutwerk an diesem Abend durchboxen.

Um kurz nach 21.30 Uhr am Dienstagabend war der Durchbruch geschafft und auch die letzte Unklarheit beseitigt. Das 110-Millionen-Euro-Werk war auf den Weg gebracht – am 10. April soll es verabschiedet werden.

Kampf 'bis zum letzten Tag': Wie der Kitzinger Stadtrat an einem Abend ein Mammutwerk von 110 Millionen Euro durchboxt

"Bis zum letzten Tag" hatten Franziska Hager und ihr Team der Kämmerei gekämpft, damit der Entwurf rechtzeitig auf dem Tisch des Stadtrats landen konnte. Seit Längerem ist die Spitze der Finanzverwaltung verwaist, erst im Herbst soll der Posten wieder besetzt sein. Und so präsentierte Hager – nun im zweiten Jahr in Folge – das komplexe Zahlenwerk mit einem "Rekordniveau an Investitionen", aber auch mit einem drastischen Anstieg der Schulden. Um alle Wünsche zu befriedigen, braucht es 13 Millionen Euro neuer Kredite.

Zieht man Zins- und Tilgungsleistungen ab, bleiben im Vermögenshaushalt rund 29 Millionen Euro, die in mehr als 300 Einzelprojekte fließen. Zu den drei größten gab es am Dienstagabend manch kritische Nachfrage und Diskussion.

1. Entwicklung am Bahnhof: Das zentrale Element lässt vorerst auf sich warten

Mehr Grün und weniger Beton soll es künftig am Kitzinger Bahnhof geben. Der Umbau wird noch dieses Jahr beginnen.
Foto: Daniel Peter | Mehr Grün und weniger Beton soll es künftig am Kitzinger Bahnhof geben. Der Umbau wird noch dieses Jahr beginnen.

Vier Jahre, nachdem die Stadt den Bahnhof gekauft hat, geht es nun an die Entwicklung des weitläufigen Areals. Noch stehen die Bagger einen Steinwurf entfernt, am Amalienweg und den geräumten Kleingärten, schon bald soll sich die Baustelle nach oben schieben. Für manchen ist das riesige Projekt kaum zu durchdringen. Auf bis zu 20 Millionen Euro könnten sich die Kosten am Ende summieren, hat Stadtrat Andreas Moser (CSU) noch einmal hochgerechnet, und nicht nur er wunderte sich, wohin das viele Geld fließen soll.

In den großen Busbahnhof, das zentrale Element des Projekts, vorerst nicht. Der wird erst in einigen Jahren kommen, und Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) stimmte den Stadtrat schon jetzt auf komplizierte Verhandlungen mit dem Landkreis ein, der einen Teil der Kosten tragen muss. Gut möglich, dass dann noch einmal nachgebessert und gespart wird, etwa an der Überdachung der großzügigen Busbuchten.

2. Sanierung der Sickergrundhalle: Die Millionen fehlen der Stadt an anderer Stelle

Seit Frühjahr 2022 läuft die Erneuerung der Sickergrundhalle, hier der Stand im Sommer 2023.
Foto: Julia Volkamer | Seit Frühjahr 2022 läuft die Erneuerung der Sickergrundhalle, hier der Stand im Sommer 2023.

Die Generalsanierung der in die Jahre gekommenen Großsporthalle steht kurz vor der Vollendung. Der OB nennt als Zielmarke den 20. September. An diesem Tag soll die Halle nach dann dreieinhalb Jahren Bauzeit offiziell wieder eröffnet werden. Genutzt werden könne sie schon vorher. Bei rund 18,6 Millionen Euro werden sich die Kosten am Ende einpendeln, der Staat gewährt Zuschüsse. Doch die seien "für eine öffentliche Turnhalle" schon sehr mickrig, sagte Stadtrat Andreas Moser (CSU), "eigentlich eine Lachnummer". Die zunächst im Raum stehende Fördersumme von 2,2 Millionen Euro korrigierte Franziska Hager zwar im Laufe der Sitzung auf 3,346 Millionen Euro, "viel ist das trotzdem nicht", erklärte der OB. Für Moser besonders bitter: "Das Projekt hat uns handlungsunfähig gemacht in Bezug auf andere Maßnahmen."

3. Umbau der Innenstadt nicht vor 2027: Der OB will "jederzeit handlungsfähig sein" 

Wann geht es los mit der Umgestaltung von Kaiserstraße und Königsplatz? 'Nicht vor 2027', sagt der OB.
Foto: Eike Lenz | Wann geht es los mit der Umgestaltung von Kaiserstraße und Königsplatz? "Nicht vor 2027", sagt der OB.

Viel besser angelegt fände Moser das Geld in der Umgestaltung von Kaiserstraße und Königsplatz. Das sei ein "Projekt, das nicht zur Verschuldung der Stadt" führen werde, denn hier stünden Zuschüsse von bis zu 90 Prozent im Raum. Und: Nach der Kleinen Gartenschau, die im Jahr 2011 Zehntausende Gäste in die Stadt lockte, sieht Moser den Umbau der Innenstadtachse als "erste Stadtentwicklungsmaßnahme, die erkennbar die Aufenthaltsqualität verbessert". Dass das Vorhaben im Haushaltsplan nicht abgebildet ist, hält Moser für "sehr traurig".

Die CSU hatte deshalb beantragt, zwei Millionen Euro der auf insgesamt 15 Millionen Euro kalkulierten Maßnahme ins Jahr 2028 vorzuziehen. Fraktionsvorsitzender Stephan Küntzer begründete dies mit einem "psychologischen Effekt". Es sei "extrem ungut", wenn überhaupt kein Startpunkt ersichtlich sei. Die Mehrheit des Stadtrats lehnte den Vorstoß ab. Selbst die für 2025 im Etat stehenden 200.000 Euro Planungskosten stellte Klaus Sanzenbacher (Grüne) in Frage. "Wenn wir nicht wissen, wann wir das Projekt umsetzen, brauchen wir auch nicht weiter zu planen." Der OB rechtfertigte den Ansatz: Auch wenn der Umbau "nicht vor 2027" beginnen werde, "wollen wir handlungsfähig sein, um jederzeit loslegen zu können".

 
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