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Iphofen
Iphofen bleibt beim strikten Nein für Freiflächen-Photovoltaik – und lässt sogar die Landrätin abblitzen
Für die Energiewende braucht es neben Windrädern große Solarparks in der Natur. Doch die Stadt Iphofen lehnt sie ab. Wie Bürgermeister und Bauausschuss ihr Nein begründen.
Solarpark auf freiem Feld bei Martinsheim: Iphofen lehnt große Photovoltaikanlagen auf seiner Gemarkung weiterhin ab.
Foto: Gerhard Krämer | Solarpark auf freiem Feld bei Martinsheim: Iphofen lehnt große Photovoltaikanlagen auf seiner Gemarkung weiterhin ab.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 11.02.2024 19:29 Uhr

Dass Iphofen ein von der Sonne hübsch beschienenes Fleckchen Erde ist, wird kaum einer bestreiten, der dort lebt oder Urlaub macht. Damit das so bleibt, soll nach dem Willen der Stadt auch künftig kein größerer Schatten auf die unverbaute Landschaft fallen. Konkret bedeutet das: Windräder kann man sich zwar (nach anfänglicher Ablehnung) inzwischen an einzelnen Standorten vorstellen. Doch die 7800 Hektar große Iphöfer Flur soll auch weiterhin frei von großen Solarparks bleiben – das hat der Bau- und Umweltausschuss am Montagabend noch einmal grundsätzlich klargestellt, nachdem erneut zwei einschlägige Projekte auf dem Ratstisch gelandet waren, eines davon vom Landkreis Kitzingen.

Solarparks, wie die Freiflächen-Photovoltaik landläufig genannt wird, boomen. Ende 2020 gab es 2210 Anlagen in Bayern, meist entlang von Autobahnen und anderen Fernstraßen, aber auch an überregionalen Bahnstrecken oder aufgelassenen und aufgefüllten Deponien und ähnlichen Konversionsflächen. Die Zahl hat sich seither beträchtlich erhöht. Ende 2022 waren laut Wirtschaftsministerium bereits 2900 Anlagen am Netz. Und sie werden immer größer.

Am Rande von Michelfeld soll – gegen große Widerstände der dortigen Bevölkerung – ein elf Hektar großes Solarkraftwerk entstehen. In Martinsheim gingen im Sommer entlang der Autobahn gleich zwei Solarparks ans Netz, die auf insgesamt 37 Hektar Strom für fast 8000 Haushalte erzeugen. Und auch in Hellmitzheim gibt es bereits einen Solarpark an der Bahnlinie. Er wurde vor dem Grundsatzbeschluss des Stadtrats errichtet und nahm im April 2020 den Betrieb auf.

Mitte 2020 fasst der Stadtrat seinen Beschluss gegen Solarparks

Während beim Ausbau der Windkraft die regionalen Planungsverbände Vorranggebiete festlegen, ist die Ausweisung von Standorten und die Genehmigung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen Sache der Kommunen. Iphofen hat dieses Instrument in der Bauleitplanung als starken Hebel genutzt und sich gegen Solarparks in der freien Natur ausgesprochen. Mitte 2020 hatte der Stadtrat mit Blick auf drei konkrete Anträge aus den Stadtteilen Nenzenheim und Possenheim um eine grundsätzliche Haltung in dieser Sache gerungen. Nur ein Viertel der 16 Stadträte sprach sich dafür aus, die Landschaft für den Bau großer Solarparks freizugeben und damit auch externen Investoren die Tür zu öffnen. Die große Mehrheit, angeführt von Bürgermeister Dieter Lenzer, räumte dem Schutz der Landschaft höheres Gewicht ein als den wirtschaftlichen Interessen Einzelner und widerstand auch allen Rufen nach einem Beitrag zur Energiewende.

Das Kirchbachtal bei Hellmitzheim und dahinter die südliche Bergkette des Steigerwalds: Diese Landschaft will sich die Stadt Iphofen nicht mit Solarmodulen verstellen.
Foto: Guenther Fischer | Das Kirchbachtal bei Hellmitzheim und dahinter die südliche Bergkette des Steigerwalds: Diese Landschaft will sich die Stadt Iphofen nicht mit Solarmodulen verstellen.

Daran hat sich nichts geändert. In der Sitzung des Bauausschusses am Montagabend ging es denn auch weniger darum, sich dieser ablehnenden Haltung zu vergewissern, sondern um zwei "Sonderfälle", die Bürgermeister Lenzer dem Gremium auf den Tisch gelegt hatte. Zum einen um einen Antrag des Hellmitzheimer Landwirts Christian Schmidt, der im April 2020 – noch vor Inkrafttreten des Grundsatzbeschlusses – mit einem weiteren Gesellschafter entlang der Bahnlinie eine Photovoltaikanlage in Betrieb genommen hat und diese nun erweitern will. Zum anderen um eine Bauvoranfrage des Landkreises, der auf der Bauschuttdeponie Iphofen die Machbarkeit einer Freiflächen-Photovoltaikanlage prüft.

Auch der Landkreis will in Iphofen einen Solarpark errichten

Beide Vorhaben sah Lenzer kritisch. Das Solarkraftwerk in Hellmitzheim lasse sich schwerlich unter dem Aspekt der Erweiterung betrachten, denn mit dem gleichen Argument könne man hergehen und die Anlage in alle anderen Richtungen erweitern. Die Voranfrage des Landkreises sei aus Gleichbehandlungsgründen ebenfalls abzulehnen. Lenzer sprach von der "Sorge vor Präzedenzfällen". Würde das (öffentliche) Projekt des Landkreises genehmigt, könnten auch private Vorhaben nicht länger abgelehnt werden. Der Landkreis argumentiert, das Landschaftsbild Iphofens werde durch die Ausrichtung der Solarmodule nach Süden nicht beeinträchtigt. Landrätin Tamara Bischof hatte die Kommunen im Kreistag wiederholt dazu aufgerufen, dass auch sie ihren Beitrag zur Energiewende leisten müssten.

Das sieht man im Bauausschuss anders. Otto Kolesch warf dem Landkreis vor, bei der Energiewende "lange geschlafen" zu haben. Ein Solarpark an der Bauschuttdeponie sei ein "gewaltiges Bauwerk", das sich an dieser Stelle "sehr negativ" auswirke. Die Stadt entwickelt dort gerade ihr neues Gewerbegebiet. Die Idee, über der ehemaligen Hausmülldeponie in Nenzenheim eine solche Anlage zu errichten, hielt Kolesch für gänzlich abwegig. Dort seien Hunderttausende Euro in Rekultivierung und Abdichtung geflossen, öffentliche Gelder, die auch auf die Müllgebühren durchgeschlagen hätten. Der Bau einer großen Photovoltaikanlage berge die Gefahr, dass die Abdichtung beschädigt werde und Wasser eindringe. Inzwischen sieht der Landkreis einen Solarpark an dieser Stelle selbst als "nicht vorstellbar".

Eine Gesellschaft soll den Ausbau der erneuerbaren Energien steuern

Bürgermeister Lenzer empfahl dem Ausschuss, beide Projekte abzulehnen und abzuwarten, bis sich im Landkreis die von den drei Energieversorgern LKW, ÜZ Mainfranken und N-Ergie getragene Gesellschaft gegründet hat, die den Ausbau der erneuerbaren Energien koordinieren soll. Sie kommt zustande, wenn mindestens 20 der 31 Landkreis-Kommunen dafür stimmen. Mit ihr, so ließ sich Lenzers Aussage deuten, könnte neue Dynamik in die Sache kommen. Die Gesellschaft soll verhindern, was Lenzer derzeit als größtes Problem sieht: "Es gibt in Bayern immer noch zu viel Strom aus Photovoltaikanlagen, der nicht ins Netz eingespeist werden kann und für den wir trotzdem alle bezahlen."

 
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  • holle4es
    Vielleicht sollte man wirklich eine Regelung einführen, die bei Stromknappheit oder Blackout solche Kommunen, die ihre Landschaft oder ihr Stadtbild über Versorgungssicherheit stellen, dann erst ganz zum Schluss wieder ans Netz nimmt. Kerzenschein passt ja sowieso viel besser zu solch historischen Städtchen als LED Lampen.
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  • SlartiBartfasz
    Jeder möchte gerne erneuerbare Energie aus der Steckdose. Die Erzeugung vor der eigenen Haustür oder auf dem Dach in der Altstadt will man dann aber doch lieber nicht haben, das sollen mal die anderen machen.

    Fragen wir mal ChatGPT wie man das nennt.
    Ein solches Verhalten wird oft als "Doppelmoral" bezeichnet, wenn man von anderen erwartet, dass sie etwas tun, das man selbst nicht tun möchte. Es kann auch als "Heuchelei" oder "Scheinheiligkeit" bezeichnet werden, wenn man vorgibt, bestimmte Werte oder Verhaltensweisen zu haben, aber selbst nicht danach handelt. In beiden Fällen gibt es einen Widerspruch zwischen dem, was man sagt und dem, was man tut oder erwartet.
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  • adischoen@online.de
    Ein Glück, dass sich die Logistikzentren der Fa. Knauf so wunderbar in die Landschaft einfügen, die nicht mit einer PV-Anlage die Landschaft verschandeln.
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