Klimaneutral. Klingt gut. Ist es selbstredend auch – wenn es funktioniert. Um das zu erreichen, was man unter Klimaneutralität versteht, ist es ein langer Weg. Ein zu langer Weg, finden einige und kleben sich irgendwo fest oder fallen durch andere sinnfreie Aktionen auf. In der Politik sind es oft die Grünen, die aufs Tempo drücken.
Im Landkreis Kitzingen sieht die Sache etwas anders aus. Wenn es in der Kreispolitik um das Klima geht, ist einer mit Sicherheit immer ganz vorne mit dabei: SPD-Fraktionschef Robert Finster. Ein Mahner. Ein Forderer. Einer, der kaum ruhig sitzen bleiben kann, wenn sich die für mehr Klimaschutz zu bohrenden Bretter mal wieder als ausgesprochen dick erweisen.
Robert Finster ist einer der dienstältesten Kreisräte. 1990 kam er in das Gremium, seit 2002 ist er zudem Stellvertreter der Landrätin. Die laufende Periode startete 2020 und dauert bis 2026. Auch in seiner Heimatstadt Mainbernheim war Finster ein Dauerbrenner: 36 Jahre gehörte er dem Stadtrat an. 1984, mit knapp 34 Jahren, hatte er dort seinen Amtseid abgelegt. Mit seiner 36-jährigen Dienstzeit stellte er sogar den Rekord von Altbürgermeister Walter Baunach ein, der es auf knapp 35 Jahre im Stadtrat gebracht hatte.
Druck machen, laut werden, sich genervt zeigen
In seiner Zeit als Kreisrat ging Finster zwei Jahrzehnte ein gedeihliches Miteinander über alles. Einer, der für Kompromisse lieber einmal mehr zurücksteckte, dem Anecken so gar nicht behagte, der ein durchweg loyaler Stellvertreter der Landrätin war – dieser Robert Finster hat sich gewandelt: Druck machen, auch mal laut werden, sich genervt zeigen, wenn es aus seiner Sicht zu langsam geht. Manchmal hat es für die neutralen Beobachter des Kreisgeschehens gar den Anschein, als fahre der SPD-Mann in seinem siebten Lebensjahrzehnt eine neue Strategie: Das Hinausschießen über das Ziel setzt er bewusst ein, um gehört zu werden und seine Anliegen auf die Tagesordnung zu bringen.
Zuletzt bei den Haushaltsberatungen gab es wieder eine dieser neuen Szenen. Im Umweltausschuss brach es aus Finster geradezu heraus: Warum alles so langsam gehe. Warum so wenig gehe. Warum es in dem einen oder anderen Arbeitskreis stocke. Und dann kam er, der denkwürdige Moment: Der Landkreis, meißelte Finster einen Satz in Stein, habe in Sachen Klima- und Umweltschutz im Grunde genommen kein Konzept.
Die Landrätin hält die Gegenrede, aber Finster erreicht sie kaum
Bumm. Das saß. Kopfschütteln vielerorts, ein wenig Gemurre, fast schon empörte Gegenreden. Finster durfte sich einiges anhören. Allen voran von Landrätin Tamara Bischof. Es gehe sehr wohl vorwärts, es passiere doch viel, der Landkreis habe sich längst auf den Weg gemacht – etwa mit dem Versprechen, dass das Landratsamt, das vergangenen Herbst eine neue Pelletheizung mit 250 Kilowattstunden Leistung bekam, bis 2030 klimaneutral sein wird.
Robert Finster saß da, mit verschränkten Armen, fast schon trotzig. Die Körpersprache signalisierte: Wie gut, dass ich es endlich einmal gesagt habe. Hier sitze ich und kann nicht anders. So richtig erreichen wollte ihn die Gegenrede nicht – man sah es ihm regelrecht an.
Der Klima-Kampf im Kreishaushalt
Ein paar Wochen später, selbe Stelle. Im Sitzungssaal des Landratsamtes kommt der Kreistag zusammen, um den Haushalt 2023 zu verabschieden. In seiner Haushaltsrede legt Finster noch einmal nach. Beim Kampf ums Klima, so lautet eine der Spitzen in seiner ansonsten zustimmenden Rede zum Zahlenwerk, fehle ihm beim Landkreis "eine Klammer". Mehr noch: "Es fehlt ein Gesamtkonzept!" Etwas, das die Aktionen bündelt. Zielvorgaben, die sportlich sind und ständig überprüft werden müssten. Da war er wieder, der Druckmacher. Wenn man es überspitzt sagen will: der Klimakleber unter den Kreisrätinnen und Kreisräten.
Bumm. Auch das saß. Ein fehlendes Gesamtkonzept – das hatten bisher nicht einmal die Grünen als Klimaschutz-Vorkämpfer so formuliert.
Weil Landrätin Tamara Bischof das hatte kommen sehen, zog sie in ihrer Haushaltrede einen Joker aus dem Ärmel. Auf dem Joker stand eine durchaus imposante Zahl: 785.000 Euro. So viel gebe der Landkreis in diesem Jahr für Klimaschutz aus, rechnete sie auch und gerade in Richtung SPD vor. Und es war ganz sicher kein Zufall, dass in der Landrätin-Rede das Thema Klimaschutz schon auf Seite 2 seinen Eingang fand.
Klimaschutz müsse man "langfristig und zielorientiert angehen", führte die Landrätin aus. Um sodann eine ganze Latte von Maßnahmen aufzulisten. Sie nannte das Förderprogramm "Mobil im Landkreis Kitzingen mit E-Lastenrad und Co", das am 1. Juni startet. Man lasse einen landkreisweiten Energienutzungsplan erstellen, "um die Energiewende vor Ort strategisch und zielorientiert zu gestalten". Dafür seien 120.000 Euro veranschlagt.
Der Landkreis möchte die erneuerbaren Energien ausbauen
Darüber hinaus beteilige sich der Landkreis an der neu zu gründenden Gesellschaft zur Entwicklung von Windkraft- und Photovoltaikanlagen, dafür gebe man als Gesellschaftereinlage 12.500 Euro aus. Man verspreche sich davon "einen koordinierten Ausbau der erneuerbaren Energien in unserer Region". Und: Der Landkreis sei längst dabei, bei seinen Projekten "die Belange des Klimaschutzes sorgfältig auf den Prüfstand" zu stellen. Nicht zu vergessen: Programme für Photovoltaikanlagen und die Aufrüstung der Landkreis-Dächer.
Dann kam sie, die Zahl 785.000. Verbunden mit dem Hinweis, dass der Betrag insofern noch größer sei, weil viele andere Projekte auch in den Klimaschutz hineinspielen würden. Kurzum: Das Konzept sei da, die Klammer letztlich auch.
Da standen sie dann im Raum – zwei klare Ansagen. Die, auch wenn es zunächst auch so wirkte, sich am Ende gar nicht widersprechen müssen. Weil es womöglich so ist, dass beides stimmt: Der Landkreis macht eine Menge – egal ob mit oder ohne Klammer. Und gleichzeitig geht es, gemessen an der Dringlichkeit, wie überall zu langsam. Weshalb sich an der unruhigen Sitzposition von Robert Finster bei Klima-Themen im Kreis so schnell nichts ändern wird.
Mit ein paar € für Lastenräder macht man nun mal keine Verkehrswende und mit einer Pelletheizung auch keine Energiewende. Die meisten Renovierungen wären so oder so notwendig gewesen.
Das Radwegenetz ist ein Flickenteppich, gut die hälfte der Landstraßen hat gar keinen Radweg.
Wenn man Glück hat kommt stündlich ein Bus, meistens aber viel seltener. Das ist doch keine echte Alternative zum PKW. Zumal die Gewerbegebiete überhaupt nicht an den ÖPNV angebunden sind.
Mit Fernwärme könnte man viel mehr Haushalte erreichen und die Investitionskosten pro Kopf deutlich verringern. Egal ob mit Solar, Pellet, Erdwärme oder eine Kombination.
Ausreichend sichere (!) Fahrrad Stellplätze sollten an jedem öffentlichen Gebäude und an jeder Bushaltestelle zu finden sein.
Sichere Radwege für Kinder sollten zu jeder Schule führen.
Es ist bedenklich, dass mittlerweile jeder, der sich für unsere Lebensgrundlagen einsetzt, in ein dubioses Licht gerückt wird. Solche Menschen wie Herrn Finster brauchen wir in der Politik.
Ob Herr Finster im Recht ist, kann ich nicht beurteilen, da ich mich in der KTer Lkrs Politik nicht auskenne. Aber den Robert kenne ich seit gut 50 Jahren als kämpferischen, aufgeschlossenen und stets besonnen Vertreter seiner Partei. Und wenn der jetzt mal etwas lauter werden sollte denke ich, hat er bestimmt einen guten Grund dafür. Jedoch Vorsicht Robert, in unserem Alter ist unsere Gesundheit nicht mehr ganz so widerstandsfähig wie in früheren Jahren.
Noch viel Erfolg...
In vielen Gremien (auch im Kreistag in Kitzingen) und Firmen wird beim Umwelt- und Klimaschutz nämlich zumeist nur Greenwashing betrieben. Hierüber werden dann (zur Beruhigung der Bevölkerung bzw. als Werbemaßnahme) Pressemitteilungen herausgegeben, die die Medien oft ungeprüft 1:1 übernehmen oder wie es die Umweltaktivistin Greta Thunberg zutreffend ausdrückt, Greenwashing, Business as usual und viel Blablabla.