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Iphofen
Iphöfer Bewässerung: Wird damit die Alkoholerzeugung subventioniert?
Wieder gibt es bei der Diskussion um die Weinbergsbewässerung im Stadtrat teils harsche Kritik. Dabei ist die Grundrichtung klar. Eine entscheidende Frage gilt es jetzt zu klären.
System Weinbergbewässerung: In Schläuchen wird das Wasser tröpfchenweise auf die Reben ausgebracht, wie hier in Volkach.
Foto: Matthias Merz, dpa | System Weinbergbewässerung: In Schläuchen wird das Wasser tröpfchenweise auf die Reben ausgebracht, wie hier in Volkach.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 12.02.2024 18:42 Uhr

Wenn ein Weinbauexperte davon spricht, dass für ihn „das Glas halbvoll“ sei, lohnt es sich, etwas genauer hinzuhören. Uwe Matheus, Geschäftsführer des Weinguts Wirsching, hat diese Formulierung gewählt, als er am Montagabend im Iphöfer Stadtrat auf den Stand in Sachen Weinbergsbewässerung verwies. Iphofen ist Mitte März von der bayerischen Staatsregierung als eine von drei Gemeinden in Unterfranken für ein entsprechendes Pilotprojekt ausgewählt worden. Es bringt der Stadt bis zu zehn Millionen Euro Fördergelder vom Freistaat.

Doch aus den Äußerungen, die an diesem Abend nicht zum ersten Mal in dieser Sache fielen, hatte Matheus kaum Gründe, Zuversicht zu destillieren. Der Stadtrat Otto Kolesch stellte die kühne These auf: „Wir subventionieren hier die Produktion von Alkohol.“ Und erntete umgehend Widerspruch. Es gab jedoch auch andere, deutlich differenziertere Kritik an dem Vorhaben.

Bürgermeister Dieter Lenzer hatte das Thema auf die Agenda gesetzt – „nicht dass der Eindruck entsteht, es täte sich nichts“. Dann zählte Lenzer auf, was sich seit Mitte März alles getan hat. Mit dem Wasserwirtschaftsamt habe es Ende Mai ein „gutes Gespräch“ gegeben.

Auch mit Mainbernheims Bürgermeister und dem Kitzinger OB habe er gesprochen. Über deren Gemarkung wird sich die etwa sieben Kilometer lange Rohrleitung ziehen, die Kernstück des Projekts ist. Mithilfe dieser Leitung soll eines Tages das Wasser vom Main in die Iphöfer Weinberge gelangen. Und dann gab es am Montagnachmittag noch eine Videokonferenz mit Innen-Staatssekretär Gerhard Eck und der Landtagsabgeordneten Barbara Becker, die eine Wasserstrategie für das besonders trockene Nordbayern auf den Weg bringen wollen.

Ein Experte der Landesanstalt für Weinbau in Veitshöchheim habe errechnet, dass es zur Bewässerung von 2000 Hektar Rebfläche in Franken, dem Zielwert des Fränkischen Weinbauverbands, rund anderthalb Millionen Kubikmeter Wasser brauche; es soll dem Fluss möglichst bei hohen Pegelständen im Winter entnommen werden. Lenzer schloss daraus: „Die Behauptung, dass wir den Main leerpumpen würden, ist völlig aus der Luft gegriffen.“

Blick auf eine Schlauchanlage zur Tröpfchenbewässerung in der Weinlage 'Würzburger Pfaffenberg' im Stadtteil Dürrbachau. 
Foto: Patty Varasano | Blick auf eine Schlauchanlage zur Tröpfchenbewässerung in der Weinlage "Würzburger Pfaffenberg" im Stadtteil Dürrbachau. 

Bis zur Sitzung am 5. Juli, so der Appell des Bürgermeisters, sollten sich die Stadtratsfraktionen darüber beraten, wie hoch der Anteil der Stadt an den auf gut 18 Millionen Euro geschätzten Investitionskosten sein soll. Fest steht, dass der Freistaat sich zur Hälfte beteiligen wird und die Stadt mindestens zehn Prozent tragen muss. Um die noch offenen 40 Prozent geht es. Dem Vernehmen nach ist zumindest ein Teil der Winzer dazu bereit, diese Differenz zu übernehmen.

Stadtrat Kolesch bringt Bürgerentscheid ins Spiel

Kolesch betonte, angesichts der verwendeten Steuergelder sei es eine „demokratische Aufgabe“, zu dem Projekt „auch einmal die Allgemeinheit zu befragen“, etwa in Form eines Bürgerentscheids. Bislang habe er nur das Ja der großen Winzer zu dem Projekt gehört, es gehe aber auch um die Einbindung der kleineren. Der Bürgermeister ging nicht näher auf diesen Einwand ein, sagte aber, am Wein hänge nicht nur das Produkt selbst, sondern auch Gastronomie oder Tourismus, „Milliarden Euro Umsatz in Franken“. Deswegen stehe er voll und ganz hinter dem Pilotvorhaben. Stadträtin Peggy Knauer ergänzte, es gehe um Biodiversität in den Weinbergen und um den Erhalt der Kulturlandschaft.

Für Jürgen Kößler wird genau diese Kulturlandschaft „deutlich verändert“, wenn sich Projekte dieser Art ausbreiten. Überall entstünden dann große Speicherseen. Er wünschte sich als Erstes eine vernünftige Wasserstrategie und erst danach den Einstieg in solche Projekte. Bislang vermisse er im Übrigen ein repräsentatives Meinungsbild der örtlichen Winzer. Und: „Warum lassen wir umliegende Gemeinden wie Rödelsee oder Wiesenbronn außen vor?“ Lenzer erklärte, es gehe im ersten Schritt darum, das Projekt auf den Weg zu bringen und dann um die Beteiligung möglicher weiterer interessierter Gemeinden. Auch als Freizeitareal sei das Wasserbecken mit geplanten 193 000 Kubikmeter Volumen denkbar.

Die Winzer mit den größten Flächen sind wohl dafür

Uwe Matheus, der als Geschäftsführer das mit 90 Hektar größte Privatweingut Frankens leitet, erklärte noch einmal, dass Iphofen „froh“ sein könne über die Möglichkeit einer so großzügigen Förderung. An Kolesch adressiert, sagte er: „Es geht nicht um große oder kleine Winzer, sondern abgerechnet wird nach Hektar.“ Und da wiederholte Matheus, was er in einer der vergangenen Sitzungen erklärt hatte: 80 Prozent der Flächen, die bewässert werden sollen, würden von Weingütern bewirtschaftet, die für das Projekt seien. Kolesch entgegnete daraufhin: „Wir leben in einer Demokratie. Es geht nicht nach Flächen, es geht nach Köpfen.“ Deshalb sollten alle Winzer in dieser Sache gehört werden.

 
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  • Arcus
    Auch wenn es die Grosswinzer nicht hören wollen. Hier wird mit massiven Steuermitteln eine der gefährlichsten Drogen, der Alkohol subventioniert. Die Alkoholsucht kostet nach Angaben vom Gesundheitsministerium bundesweit weit über 40.000 Menschen, jährlich, das Leben. Experten gehen von deutlich höheren Zahlen aus. Von den sozialen Verwerfungen ganz abzusehen.
    Die Wasserknappheit in Unterfranken wird weiter zunehmen. Der Main überhitzt jetzt schon im Sommer. Das Wasser im Winter zurückzuhalten und es im Sommer wieder zufließen zu lassen und für die dringend notwendige Nahrungsmittelproduktion zu nutzen, ist wäre sinnvoll. Das Geld was jetzt für die Subventionierung der Droge Alkohol ausgegeben wird, sollte besser in Projekte, die das Ziel haben, die Wasserversorgung in Unterfranken sicherzustellen, fließen.
    Der alte weiße Mann Eck und die Winzerin BB sind die denkbar ungeeignetsten Politiker*innen, um dieses Wahnsinnsprojekt in die richtige Sackgasse zu führen.
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  • eckard.bier
    Also bitte: Wein ist kein Suchtmittel - sondern Genussmittel!
    Oder sehe ich etwas falsch?
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  • Arcus
    Wein ist Alkohol und Alkohol ist eine Droge. Übrigens deutlich gefährlicher als Marihuana.
    Marihuana ist verboten. Konsumenten werden kriminalisiert. Übrigens oft von den politischen Parteien, die den Alkoholkonsum subtil fördern.
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  • elkatvelo@t-online.de
    Dass sich der Klimawandel auf den Weinbau, vor allem in Unterfranken stark auswirkt ist eindeutig. Ob die Subvention von Alkohol derart gefördert werden soll, ist auf jeden Fall diskussionswürdig.
    Und dass hauptsächlich die großen Weingüter bevorzugt werden bei dem Projekt ist natürlich logisch. Wer die Flasche zwischen 7,- bis 15,- verkauft, kann natürlich den Anteil pro Hektar ganz anders verkraften, als der kleine Häckerschmatzer, der an die Genossenschaft abliefert, oder eben auch an ein Weingut. Aber der muss wohl den gleichen Preis pro Hektar bezahlen ?? Kann der das überhaupt ?? Wird der Kleine platt gemacht. ??

    Und jetzt mal den Klimawandel weiter gedacht? Wenn das Wasser dann läuft und die Weinberge trotzdem öfters erfrieren, weil durch das Klima der Wein früher blüht ? Wird dann künftig die Frostversicherung auch von der Allgemeinheit bezahlt ??
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