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Kitzingen
Der Kampf ums Mainwasser: Kitzinger Stadtrat entscheidet im fünften Anlauf über Wasserleitung nach Iphofen
Das Signal an Iphofen und seine geplante Weinbergsbewässerung steht: Kitzingens Stadtrat ist nicht grundsätzlich dagegen. Ein klares Ja bedeutet das aber noch nicht.
Für die Tröpfchenbewässerung seiner Weinberge braucht Iphofen eine Leitung vom Main in Kitzingen.
Foto: Thomas Obermeier | Für die Tröpfchenbewässerung seiner Weinberge braucht Iphofen eine Leitung vom Main in Kitzingen.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 02.03.2024 02:47 Uhr

Es wurde kein Wasser in Wein verwandelt, und doch kam der Vorgang manchem wie ein Mirakel vor. Viermal hatte sich der Kitzinger Stadtrat schon in der Frage vertagt, ob er eine Wasserleitung vom Main bei Hohenfeld über städtischen Grund zulässt, mit der künftig in Iphofen die Weinberge bewässert werden soll. Am Donnerstagabend hat er mit 16 zu 12 Stimmen die lange erwartete Entscheidung getroffen. Ein endgültiges Ja zu der Leitung ist das noch nicht, aber eben auch kein kategorisches Nein, wie es sich die Kitzinger Grünen mit ihrem Antrag vom Oktober 2021 gewünscht hätten.

Wäre es nach Grünen und SPD gegangen, hätte man das Thema an diesem Abend abermals von der Agenda genommen. Manfred Paul (SPD) hatte darum gebeten, man möge dem Stadtrat doch erneut Aufschub gewähren – und zwar so lange, bis klar ist, welchen Verlauf die Trasse nehmen würde. Klaus Sanzenbacher (Grüne) war noch einen Schritt weitergegangen. Sollte der Verlauf der gut sieben Kilometer langen Leitung feststehen, müsse man damit erst einmal in eine Bürgerversammlung gehen und den Leuten in Sickershausen erklären, was auf sie zukomme und welche Flächen dafür hergenommen würden.

Bei der Weinbergsbewässerung in Iphofen geht es um Millionen

Bei Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) und der Mehrheit des Stadtrats kamen diese Argumente nicht an. Es sei ja eine "ganz nette Strategie", die Sache immer weiter zu verzögern, sagte Güntner. Aber man sollte Iphofen jetzt mal ein "klares Zeichen" senden, um dann von dort den gewünschten Trassenverlauf zu erhalten. Denn warum sollte Iphofen in eine Planung investieren, wenn gar nicht klar sei, ob Kitzingen überhaupt Wegerechte gewährt?

Was hier im Stadtrat versucht werde, "grenzt an Rechtsmissbrauch", sagte der OB. Rechtsdirektorin Susanne Schmöger erklärte, noch mehr Zeit verstreichen zu lassen, sei "nicht ohne Weiteres" möglich. Mit Blick auf das geplante und an Fristen gebundene Millionenprojekt in Iphofen sagte sie: "Das gesamte Verfahren kommt zum Stillstand."

Rund 270 Hektar Rebfläche gibt es in Iphofen, ein Großteil soll künftig bewässert werden. Im Bild die Weinberge an der Kalb.
Foto: Annelie Kellermann | Rund 270 Hektar Rebfläche gibt es in Iphofen, ein Großteil soll künftig bewässert werden. Im Bild die Weinberge an der Kalb.

Alt-OB Siegfried Müller (UsW) sagte, die "Hin- und Herschieberei" des seit mehr als zwei Jahren vorliegenden Antrags müsse "endlich mal aufhören". Kitzingen solle sich jetzt als "zuverlässiger Partner" zeigen und Iphofen die Wegerechte einräumen. Wenn man in Sickershausen einen "Abzweig" der Wasserleitung hinbringe, um den dortigen See zu füllen, sei für alle etwas gewonnen. Auch der OB betonte, die Sache müsse einen "Mehrwert für Kitzingen und Sickershausen" haben. "Ich glaube nicht, dass der Kollege in Iphofen so naiv ist zu glauben, dass er die Rechte zum Nulltarif bekommt." 

Die Grünen sehen in Sickershausen 50 Bäume in Gefahr

Sanzenbacher wies den Vorwurf der Verzögerung zurück und richtete den Blick noch einmal auf mögliche negative Folgen für den Stadtteil Sickershausen. Obwohl noch nicht klar ist, wo die Trasse verläuft, sieht er 50 Bäume in Gefahr; auch Kanal und Gasleitung seien betroffen. Als sich im Laufe der Debatte abzeichnete, dass sein Antrag durchfallen wird, versuchte er, Teile davon zu modifizieren. Man solle beschließen, dass ein etwa 100 Meter langes Teilstück in Sickershausen aus der Trasse herausgehalten wird und der Stadtrat am Genehmigungsverfahren beteiligt bleibt. Das, so der OB, bleibe der Stadtrat so oder so.

Neben Sanzenbacher machte sich auch Brigitte Endres-Paul (SPD) dafür stark, nach Alternativen zu der geplanten Wasserleitung zu suchen, die auch über Mainbernheimer Grund laufen würde. Dem Main "ziellos" Wasser zu entnehmen, könne keine Lösung sein, zumal Recherchen dieser Redaktion aufgedeckt hätten, dass die Behörden noch nicht einmal genau wüssten, wie viel Wasser jährlich aus dem Main gepumpt werde.

Iphofen plant bei seinem auf mindestens 20 Millionen Euro taxierten Pilotprojekt, das Wasser im Winter zu entnehmen und in einen Speichersee zu pumpen, um damit im Sommer die Weinberge zu betröpfeln.

Das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld habe bis zu seiner Stilllegung 2015 rund 60 Millionen Kubikmeter Wasser jährlich aus dem Main gezogen, gab Stephan Küntzer (CSU) zu bedenken. "Jetzt reden wir von 200.000 Kubikmetern."

 
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  • Roland Albert
    Genau: jetzt können sie sich um die entsprechenden Förderungen, sprich Zahlungen des Steuerzahlers kümmern. Ironie aus...
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  • Andreas Gerner
    So ist das bei Pilotprojekten.

    Noch ist sowas nicht unbedingt nötig (noch gibt's ja meist noch genug Grundwasser für den heutigen Beregnungsbedarf) und in sich wohl noch nicht wirtschaftlich.

    Aber wenn absehbar ist, dass man sowas in Zukunft brauchen wird (bei knapper wrrdendem Grundwasser wird den Wasserwerken der Vorrangeingeräumt werden), muss man es schonmal probieren.

    Dann kann man auch im direkten Vergleich bewerten, wie das Konzept im Vergleich zu anderen Lagen, die mit Grundwasser beregnen, oder unter Zuhilfenahme wassersparender Methoden gar nicht bewässern. Und Kombinationen austesten.

    -

    Auch bei der Photovoltaik gab's ein sündhaft teures und damals noch nicht nötiges (Strom war ja überreichlich vorhanden) Pilotprojekt. Das 100.000 Dächer Programm.

    Das haben wir alle mitbezahlt und wegen der Vielzahl an Mikroanlagen war es halt ineffizient.

    Aber hat wertvolle Erkenntnisse gebracht, Vorurteile abgebaut und man muss es wohl als bis heute richtungsweisend bezeichnen.
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  • Dietmar Eberth
    Für Tröpfchenbewässerung muss man nur mal in andere Länder schauen die das schon Jahrzehnte lang großtechnisch machen. Zb Israel

    https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/israelische-bewaesserungstechnik-fuer-deutsche-landwirte-605041

    Und eine Wasserleitung zu legen braucht man kein Pilotprojekt und auch keine neuen Erfahrungen. Das wurde schon Hundertfach beim Anschluß von Kommunen und Städten an eine Trinkwasserversorgung gemacht und auch schon über dutzende von Kilometern und der Konsument muss das mit seinen Wassergebühren bezahlen.
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  • Andreas Gerner
    Da geht's um viel mehr.

    Wie ist die Qualität des Filtratwassers nach 6 Monaten Lagerung ? (Evtl Wie lässt sich bei Problemen wie Algen oder Keimen gegensteuern ?)

    Gibt es Ablagerungen am Grund des Speichersees ?

    Wie dauerhafter sind die Kpmponenten und Materialien ?

    Bleibt die Speicherfolie (Im Wechsel Wasser und Luft; UV-Einwirkung) auf Dauer dicht ?

    Wie lässt sich das Speicherbecken mit einer schwimmenden PV Anlage kombinieren ?

    Hat diese Art der Bewässerung Auswirkungen auf Qualität und Geschmack der Produkte ?

    Kann im direkten Vergleich mit ähnlichen Anbaulagen (die mit Grundwasser wässern) nachgewiesen werden, dass der Grundwasserstand merklich profitiert ?

    Nutzen Tiere den Speichersee (Enten, Gänse, Zugvögel) ?

    Wie stark kühlt der Verdunstungseffekt an heißen Sommertagen ?

    Was taucht während der Nutzungsdauer an Problemen und neuen Erkenntnissen auf, an die heute noch niemand denkt ?

    Erst die Praxis zeigt, ob sich alles so ergibt wie erwartet.
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  • Dietmar Eberth
    Oder wie gesagt, man schaut einfach mal beim Nachbarn vorbei.

    https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/frankreich-umstrittene-vorsorge-fuer-trockenzeiten-100.html

    https://www.lbeg.niedersachsen.de/download/133095&ved=2ahUKEwjEotrhssaEAxWngv0HHTK-AzY4ChAWegQIChAB&usg=AOvVaw1pNozgdCYtFlxbOXYAqOY9

    https://www.agrarheute.com/pflanze/duerre-trotz-landwirtsfamilie-legt-riesigen-wasserspeicher-609414

    https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/bewaesserungssystem-von-bauern-in-ersdorf-auf-der-zielgeraden_aid-88325387
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  • Reinhard Opel
    wie hoch werden die Kosten und wie werden diese Kosten refinanziert ? hier geht es ja spezifisch um die Bewässerung von Weinbergen, d.h. der Schoppen wird dann um den Betrag X teurer werden. oder soll die Finanzierung über den Allgemeinen Subventionstopf abgerechnet werden ??
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  • Peter Koch
    10 Millionen Euro sollen als Subvention vom Steuerzahler bezahlt werden weil das Ganze als Pilotprojekt deklariert wurde. Eine Dreistigkeit erster Güte ist das weil die Tröpfchenbewässerung von Weinstöcken Stand der Technik ist.
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  • Friedrich Angene
    Endlich hat der OB der Stadt Kitzingen von seinem Vorschlags- und Kompedenzrecht Gebrauch gemacht und sich gegen die ewigen Bedenkenräger aus Reihen der SPD und der Grünen durchgesetzt. Jetzt ist die Stadt Iphofen am Zug um zu liefern, damit diese unendliche Hängepartie vom Tisch kommt. Auch die Winzer in Iphofen sind jetzt gefordert die Planung entsprechend zu unterstützen. Die Stadträte in Iphofen, Mainbernheim und Kitzingen haben eigentlich wichtigere Aufgaben zu erledigen, als sich ständig mit dem Thema Bewässerung der Weinberge zu befassen.
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