Als Holm Schreiter 1993 in die Bundeswehr eingetreten ist, war der Kalte Krieg gerade mal drei Jahre vorbei. Knapp 30 Jahre später erlebt der heutige Kommandeur des Logistikbataillons 467, dass auch die Mainfranken-Kaserne in Volkach "unter Beobachtung" steht, die Ausspähversuche zunehmen und man sich frage: "Wie haben wir es denn früher gemacht?"
Es ist spät am Abend im Casino der Volkacher Mainfranken-Kaserne, als der Oberstleutnant darüber spricht, was sich verändert hat seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Zuvor hatte die Sitzung des Volkacher Stadtrats im großen Saal der Kaserne stattgefunden – zum zweiten Mal nach der Premiere im Dezember 2021. Beide Seiten, Stadt und Bundeswehr, wollen damit auch ihre gegenseitige Verbundenheit demonstrieren.
Neunte Patenschaft mit Gerolzhofen im Frühjahr geschlossen
Das ist ein Punkt, der dem Standort-Chef besonders wichtig ist. Sichtbar zu sein als Bundeswehr in der Bevölkerung. Dazu tragen auch die mittlerweile neun Patenschaften mit Kommunen bei, die jüngste mit der Stadt Gerolzhofen wurde erst im Frühjahr geschlossen.
Von dem Montagabend in der Kaserne erhoffte sich Volkachs Bürgermeister Heiko Bäuerlein (CSU) "ein Update, was unsere Soldaten bewegt", wie er zu Beginn der Stadtratssitzung sagte. Vom Kommandeur bekamen er, die Stadtratsmitglieder und eine Handvoll Zuhörer dann "einen kurzen Ritt durch das Jahr", so Holm Schreiter. Er ist Chef von rund 1000 Soldatinnen und Soldaten.
Wichtiger Punkt darin natürlich: der Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar. "Alle Kräfte hier im Standort waren in Alarmbereitschaft, innerhalb von sieben Tagen einsatzbereit zu sein", sagte Schreiter über die neue Lage. Und fügte hinzu, dass diese Zeit ab dem 1. Januar noch verkürzt werde. Zudem ging der Standort-Chef auf verschiedene Übungen ein, darunter eine zehntägige Übung in Nordrhein-Westfalen, bei der ein Bündnisfall der Nato simuliert und die "NRF" (Nato Response Force) alarmiert wurde, zu der auch ein großer Teil des Volkacher Bataillons zählt.
Zudem ging Schreiter auch auf die Frage eines Bürgers ein, der den Bürgermeister nach Volkachs Plänen für einen möglichen Blackout gefragt hatte. Was die Bundeswehr angeht, müsse die Stadt über das Landeskommando Bayern Antrag auf Amtshilfe stellen. Das sei der offizielle Weg. Aber der Kommandeur fügte hinzu: "Der Bürgermeister hat meine Handynummer, und dann kriegen wir das die ersten Tage unbürokratisch gelöst." Vorrang hätten dann erstmal Feuerwehr und Polizei, deren Fahrzeuge man beispielsweise in der Mainfranken-Kaserne betanken könne. "Das Material dafür hätten wir."
Dieses Thema greift Holm Schreiter auch später im Gespräch nochmals auf: In seinen Augen beschäftigen vor allem die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs wie die hohen Energiekosten die Menschen in Deutschland, weniger eine mögliche Bedrohung selbst. Und er hat beobachtet: "Unsere Corona-Amtshilfe hat mehr zum Bild beigetragen als diese Gefahr jetzt."
Lob für die in Krankenhäusern eingesetzten Soldatinnen und Soldaten
Seine Soldatinnen und Soldaten waren nicht nur in Ämtern, sondern auch in Krankenhäusern eingesetzt. Und von dort viel Lob: "Man war begeistert, wie schnell sie sich eingebracht und mitgedacht haben – und dass sie wirklich teamfähig waren."
Dieser Corona-Einsatz ist offiziell beendet. Das positive Bild, das davon bleibt, ist für Schreiter ebenso wichtig wie die Präsenz seiner Truppe in der Öffentlichkeit. Ihn freut es, wenn Touristen stehenbleiben, weil ein öffentliches Gelöbnis für sie ungewöhnlich ist. Und ihn freut es, dass es für die Bürgerinnen und Bürger von Volkach eben nicht ungewöhnlich ist, dass er und seine Leute in Uniform an der Weinfest-Eröffnung teilnehmen.
Dazu passt die Idee, im neuen Jahr auf genau diesem Weinfestplatz ein öffentliches Gelöbnis stattfinden zu lassen. Corona hatte das zeitweise komplett gestoppt, doch jetzt möchte Schreiter möglichst wieder pro Quartal eines pro Patengemeinde haben.
Als Schutztruppe war die Sichtbarkeit der Bundeswehr wichtig
Diese für ihn so wichtige Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit war sonst auch bei den Einsätzen der Bundeswehr als Schutztruppe wichtig. Doch das ändere sich im Fall einer Bündnisverteidigung, erklärt Schreiter. "Und das muss ich dann auch anders ausbilden."
Als konkretes Beispiel nennt Schreiter, dass Soldatinnen und Soldaten im Einsatz als Schutztruppe erst schießen, wenn auf sie geschossen wird. "In der Landesverteidigung muss ich vielleicht zuerst schießen." Ebenso müssten die vielen jungen Kräfte in der Bundeswehr erst wieder lernen, sich gut zu tarnen. "Die Ausspähversuche haben zugenommen", sagt der Kommandeur. Die Drohnen über dem Truppenübungsplatz in Wildflecken seien ein prominentes Beispiel gewesen, doch auch in Volkach habe sich das Ausspionieren verstärkt.
Wie man ein zwölf mal sechs Meter großes Tarnnetz richtig aufspannt, wurde in Volkach jedenfalls schon wieder geübt. Und, sagt Holm Schreiter mit einem Lachen, dabei auch darauf geachtet, dass dieses Netz eine Frühlings- und eine Herbstseite hat.
Auch ausserhalb der Kaserne trifft man durchgehend auf geerdete, freundliche Soldaten.
Wir älteren Kitzinger wissen noch, wie unmöglich sich viele U.S. Soldaten nach Einbruch der Dunkelheit benommen haben ...
Von daher sollte der Beruf des Soldaten finanziell attraktiver gemacht werden, weil es sich auch in dieser Berufsgruppe lohnen muss, wenn Menschen ihr Leben riskieren ...