
Die fünf Jahre im Bayerischen Landtag waren für den Unterfranken Christian Klingen eine regelrechte Achterbahn-Fahrt: Zunächst wurde er mit dem AfD- Wahlerfolg 2018 als einer von zwei Unterfranken in den Landtag gespült. Gleichzeitig kam seine Frau Andrea Klingen für die AfD in den Bezirkstag und 2020 das Ehepaar Klingen in den Kreistag Kitzingen.
Im Landtag zählte Klingen anfangs zum Rechtsaußen-Flügel der Partei. Später wurde er jedoch ein erklärter Gegner der ersten AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner, die aus ihrer Nähe zum völkischen Lager um den Thüringer Landeschef Björn Höcke kein Geheimnis macht. Wobei allerdings im Dunkeln blieb, ob Klingens Gegnerschaft zu Ebner-Steiner mehr inhaltlicher oder persönlicher Natur war.
Im Oktober 2021 wurde Klingen in der in Richtungskämpfen zunehmend zerriebenen und tief zerstrittenen AfD-Landtagsfraktion zusammen mit dem Schwaben Ulrich Singer überraschend zum Co-Fraktionsvorsitzenden gewählt – um nicht einmal ein halbes Jahr später nicht nur diesen Posten wieder hinzuschmeißen, sondern gleich ganz aus der AfD auszutreten. Die letzten eineinhalb Jahre im Landtag verbrachte der heute 58-jährige Verwaltungswirt schließlich als Parteiloser auf den parlamentarischen Hinterbänken.

Klingen fiel im Landtag selten auf
Besonders aufgefallen im Maximilianeum ist Klingen allerdings auch zuvor in einer mitunter sehr schrillen Landtags-AfD nicht. Mal sorgte er für Schlagzeilen, weil er den menschengemachten Klimawandel leugnete, mal warf er den öffentlich-rechtlichen Medien "öffentlich-unrechtliche Gehirnwäsche" und "linken Moralfetischismus" vor. Die großen Reden im Plenarsaal hielten für die AfD meist andere Abgeordnete.
Während der Corona-Pandemie wetterte Klingen ausdauernd gegen die Maskenpflicht: Diese sei nur verhängt worden, "weil unfähige Politiker zu viele und zu teure Masken gekauft haben", behauptete er. Intern soll er aber Corona-Schutzmaßnahmen weniger kritisch gesehen haben als viele andere in der AfD.
Der Würzburger Polizei und der Stadtverwaltung warf der ehemalige Polizist Klingen im Sommer 2019 zudem vor, in der Stadt "Bandenkriminalität ignoriert oder gar geleugnet" zu haben, weil die Herkunft der Täter "nicht zum politischen Wunschbild einer friedlichen, vielfältigen Gesellschaft" passe. Dass die Polizei recht erfolgreich sogar mit Sonderermittlern tätig gewesen war und darüber zuvor auch öffentlich berichtet wurde, störte Klingen offenbar nicht.
Als Fraktionschef sah Klingen die AfD als "bürgerlich-konservative Partei", wollte sich aber vom Rechtsaußen-Flügel um Björn Höcke auch nicht distanzieren: "Herr Höcke macht das gut in Thüringen, und wir machen das nun hoffentlich gut in Bayern", erklärte er stattdessen.
Klingens Schlingerkurs bei politischen Themen und im Verhalten

Ein knappes halbes Jahr später begründete er seinen AfD-Austritt dann jedoch mit "gewissen Tendenzen" in der Partei, die er nicht mehr mittragen wolle. Ob er damit die zunehmende Radikalisierung der Partei auch in Bayern meinte, ließ er offen. Der Vorgänger-Fraktionsführung um Katrin Ebner-Steiner warf er zudem einen möglicherweise strafbaren Umgang mit öffentlichen Geldern vor. Dafür habe er als Fraktionschef nicht seinen Kopf hinhalten wollen, erklärte er damals.
Nach seinem Parteiaustritt verschwand Klingen im Landtag weitgehend in der Versenkung. Zwar nahm er weiter an Landtagssitzungen und offiziellen Terminen teil. Mit inhaltlichen Initiativen oder als Redner in Plenardebatten fiel er jedoch nicht mehr auf.
Auch Abgeordnete anderer Fraktionen gestanden Klingen zu, etwa als Mitglied im Umweltausschuss – anders, als andere AfD-Abgeordnete – durchaus vorbereitet und informiert gewesen zu sein. Er habe zumindest Interesse an parlamentarischer Sacharbeit gezeigt, hieß es dort. Allerdings sei der Grat zwischen sachlich-inhaltlicher Argumentation und "verbalen Ausfälligkeiten" bei Klingen oft sehr schmal gewesen.