Der unterfränkische AfD-Landtagsabgeordnete Christian Klingen ist überraschend zum Vorsitzenden der Landtagsfraktion seiner Partei gewählt worden. Diese Funktion teilt er sich künftig mit seinem schwäbischen Kollegen Ulrich Singer. Das Duo verdrängte bei der turnusgemäßen Neuwahl die zum Rechtsaußen-Lager der AfD gehörende Katrin Ebner-Steiner aus Niederbayern sowie den Oberbayern Ingo Hahn.
AfD im Landtag bleibt auch mit neuer Fraktionsspitze tief gespalten
Die AfD im Landtag ist bereits seit Längerem tief gespalten: Erst im Frühjahr 2020 war eine Gruppe von zwölf Abgeordneten der damals noch 20-köpfigen Fraktion an der Entmachtung Ebner-Steiners gescheitert. Die Politikerin aus Deggendorf, hinter der eine achtköpfige Gruppe steht, zu der auch der Schweinfurter AfD-MdL Richard Graupner gezählt wird, macht aus ihrer Nähe zum rechts-nationalen Lager ihrer Partei um den Thüringer Landeschef Björn Höcke kein Geheimnis.
Damals wäre zur Abwahl eine zwei Drittel Mehrheit notwendig gewesen. Nun genügte zur Neuwahl die einfache Mehrheit. Die sechs Männer, die künftig den erweiterten AfD-Fraktionsvorstand bilden, stammen allesamt aus der Gruppe, die im Vorjahr noch erfolglos war. Und alle wurden offenbar mit elf gegen sieben Stimmen gewählt – ein AfD-Abgeordneter fehlte bei der Abstimmung, ein anderer hat sich aus dem Landtag zurückgezogen.
Klingen war nach dem Einzug in den Landtag 2018 zunächst dem Rechtsaußen-Flügel seine Partei zugerechnet worden. Damals sorgte er etwa mit der Leugnung eines menschengemachten Klimawandels für Schlagzeilen oder warf dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk "öffentlich-unrechtliche Gehirnwäsche" vor.
Anfangs habe es auch eine "Höcke-Nähe" gegeben, räumte der Abgeordnete aus dem Landkreis Kitzingen am Freitag ein: "Aber man entwickelt sich weiter." Es habe Aussagen des umstrittenen Thüringer Landeschefs gegeben, "die mir nicht gefallen haben", erklärte Klingen. Komplett distanzieren wollte sich der Unterfranke allerdings nicht: "Herr Höcke macht das gut in Thüringen, und wir machen das nun hoffentlich gut in Bayern."
Ohnehin versuchte die neue Fraktionsspitze, die Neuaufstellung der bayerischen Landtagsfraktion nicht als Teil des bundesweiten Richtungskampfes in der AfD erscheinen zu lassen: Während im Osten das rechts-nationale Höcke-Lager dominiert, kämpfen in den westlichen Bundesländern die rechts-konservativen Kräften um mehr Einfluss in der Partei. Es sei doch ganz normal, dass eine Partei wie die AfD in verschiedenen Bundesländern verschiedene Wähler-Ansprachen habe, findet die neue Führung: "Wir sind nicht Sachsen oder Thüringen", erklärte der neue parlamentarische Geschäftsführer Andreas Winhart: "Wir wollen uns als bayerische Patrioten präsentieren."
Die AfD im Landtag will keine Ein-Thema-Partei mehr sein und "bayerischer" werden
Die AfD sei "eine bürgerlich-konservative Partei", sagt Klingen. Sie brauche aber gerade in Bayern ein breiteres Angebot an Inhalten als nur das Thema Zuwanderung: "Wir wollen den Wählern zeigen, dass wir keine Ein-Thema-Partei sind." Im Landtag wolle sich die AfD zudem offener präsentieren, auch für die bislang oft kritisierten Medien.
Außerdem will die AfD im Landtag "deutlich bayerischer werden": Der alten Fraktionsspitze um Ebner-Steiner war auch intern immer wieder vorgeworfen worden, nur ein ideologisches Anhängsel der Höcke-AfD zu sein. Sogar mehr Anschluss an die CSU will die neue Fraktionsspitze suchen: "Unser Ziel muss sein, die CSU zu einer konservativen Wende zu zwingen", fordert der neue Fraktionsvize Gerd Mannes.
wirklich noch eine konservative Partei in Bayern?
Zumindest das Höcke-Anhängsel hat die Landtagsfraktion jetzt mal abgeschüttelt.