
Sichtlich nervös kommentiert Christian Klingen Fotos von AfD-Aktivitäten, die er aus dem Ausflugsschiff über einen Beamer an eine Leinwand wirft. Es ist der 14. September 2014, Wahlsonntag in Brandenburg und Thüringen. Die Unterfranken-AfD hat Sympathisantinnen und Sympathisanten auf den "Maintal-Bummler" geladen – Mitglieder sollen geworben und die fest eingeplanten Erfolge bei den Landtagswahlen gefeiert werden.
Klingen wirkt damals nicht wie jemand, der es einmal an die Spitze der Partei schafft. Ein eifriger Parteisoldat, ja, aber nicht mehr. Dass er sieben Jahre später Fraktionsvorsitzender im Landtag wird, ist für viele eine Überraschung. Klingens Austritt aus der AfD am vergangenen Wochenende auch.
"Gewisse Tendenzen" in seiner Partei, die er nicht mehr mittragen könne, gab der 57-Jährige aus Markt Einersheim (Lkr. Kitzingen) am Sonntag als Grund für seinen Schritt an. Auch Klingens Frau Andrea war in der AfD aktiv und ist nun ebenfalls ausgetreten. Die nebulöse Erklärung des Unterfranken wurde innerhalb der AfD so interpretiert: Nachdem die Partei aufgrund eines Gerichtsurteils nun bundesweit durch den Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft werden könne, habe der Beamte Klingen Angst um seinen Beamtenstatus.
Klingen: Angst vor Verfassungsschutz spielte keine Rolle
Dem widerspricht Klingen zwei Tage nach seinem Rücktritt gegenüber dieser Redaktion. Er habe kein Problem mit dem Verfassungsschutz: "Ich stehe mit beiden Beinen auf dem Boden der Verfassung. Ich habe mir nichts vorzuwerfen."
Rückblick, Mai 2016: Christian Klingen demonstriert in Schweinfurt Seit' an Seit' mit dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke. Auch NPD-Vertreter und Pegida-Anhänger sind vor Ort. Klingen, damals dritter Vorsitzender des AfD-Bezirksverbands Unterfranken, erklärt, "Vertreter extremistischer Verbände oder Parteien" seien bei der Veranstaltung nicht erwünscht.
Dass er lange Sympathien für Höcke gehabt habe, streitet Klingen auch heute nicht ab. Anfangs vor allem deshalb, weil der Politiker aus Thüringen mit seiner "Erfurter Resolution" kritisiert habe, dass sich die AfD unter ihrem damaligen Vorsitzenden Bernd Lucke den etablierten Parteien annähere. "Ich habe mich in Höcke getäuscht", sagt Klingen jetzt. Vom mittlerweile verbotenen AfD-Netzwerk "Der Flügel", in dem sich nationalistische und rechtsextreme Kräfte der Partei um Höcke sammelten, habe er sich schon vor Jahren losgesagt.
Zeigte AfD-Bundestagsabgeordneter den Hitlergruß?
Ob die fortschreitende Radikalisierung der AfD das ist, was er mit "gewisse Tendenzen" meinte, kommentiert der Landtagsabgeordnete nicht weiter. Doch Ereignisse, die in der Partei jüngst wieder für Unruhe sorgen, lassen es erahnen: Ermittler suchten die Geschäftsräume des AfD-Landesverbandes auf. Hintergrund war ein Video einer AfD-Demonstration in München, auf der ein Redner den Hitlergruß gezeigt haben soll.
Wie die Staatsanwaltschaft München I gegenüber der Redaktion erklärt, wurde dabei die Person ermittelt, die das Video auf einer AfD-Facebook-Seite veröffentlicht hat. Weiter bestätigt die Staatsanwaltschaft, dass es sich bei dem Redner um den Bundestagsabgeordneten Petr Bystron handelt. Gegen den früheren bayerischen AfD-Chef sei ein sogenanntes Prüfverfahren eingeleitet worden: Da Bystron als Abgeordneter Immunität genießt, muss erst der Bundestag grünes Licht für Ermittlungen geben.
Der AfD-Landesvorstand spielt den Vorfall in einer internen Mail, die der Redaktion vorliegt, herunter. Man spricht darin von "Repression" wegen einer "offensichtlich falsch interpretierten Armbewegung" des Redners "parallel zu seinem Ausruf 'Wir sind die AfD!'"
Steht Rechtsextremisten die Partei offen?
Aus AfD-Kreisen heißt es, dass immer häufiger Rechtsextremisten in die Partei aufgenommen würden - vor allem Mitglieder des Netzwerks "Blood and Honour". In Bayern soll derzeit Benjamin Nolte für die Mitgliederverwaltung zuständig sein. Der Regensburger hatte einst auf einem Parteitag gefordert, die sogenannte Unvereinbarkeitsliste der AfD abzuschaffen. Auf dieser Liste führt die AfD Organisationen auf, deren Mitgliedern ein Zutritt zur Partei verwehrt wird.
September 2021: Klingen übernimmt gemeinsam mit Ulrich Singer den Fraktionsvorsitz der AfD im Landtag, in dem er seit 2018 sitzt. Der Unterfranke gilt da schon als Vertreter des gemäßigten Flügels der zerstrittenen Fraktion. "Herrn Singer habe ich sehr geschätzt. Wir haben gut zusammengearbeitet", sagt Klingen heute. Doch im Hintergrund brodelt es offenbar.
Rechtsanwalt prüft Kassenführung der AfD-Fraktion
"Ich war entsetzt über das Finanzgebaren der alten Fraktionsführung", sagt Klingen im Gespräch mit der Redaktion. Eine Kassenkontrollkommission habe Verfehlungen im Umgang mit Geldern festgestellt. "Da mutmaßlich Straftatbestände vorliegen könnten", sei ein Rechtsanwalt beauftragt worden, die Kasse der Fraktion zu prüfen, so Klingen. Auch diese Angelegenheit nennt er als einen Grund für seinen Rückzug: Wenn sich der Verdacht bestätigen sollte, habe er als Fraktionschef nicht den Kopf für seine Vorgänger Katrin Ebner-Steiner und Ingo Hahn hinhalten wollen.
Und dann ist da noch die Personalie Oskar Atzinger. Wegen des Todes eines AfD-Abgeordneten rückte der Passauer AfD-Kreisrat und Ex-Republikaner Ende Februar in den Landtag nach. Unter Klingen wurde er aber nicht in die Fraktion aufgenommen. 75 Prozent der Fraktionsmitglieder hätten laut Satzung für die Aufnahme stimmen müssen. Das Quorum kam nie zustande, weshalb im Lager der Ex-"Flügel"-Anhänger gar über eine Satzungsänderung nachgedacht worden sein soll.
Klingen kann das nun egal sein. Der Aufforderung seiner Ex-Parteifreunde, sein Mandat niederzulegen, will er nicht folgen. "In Bayern haben wir eine Persönlichkeitswahl. Ich bin gewählt", sagt der 57-Jährige selbstbewusst. Er werde als Fraktionsloser weitermachen - "in meiner Art und Weise". Und, so Klingen: "Das geht jetzt sogar besser: Ich muss ja nicht mehr auf eine Partei Rücksicht nehmen."
was da im Umfeld der Landtagsfraktion so alles abgelaufen ist.
Der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron hat ja auch schön öfter Aufreger mit seiner politischen Ausrichtung erzeugt. Der ehemalige Flüchtling aus der CSSR hat ja speziell in den Jahren 2015 und 2016 heftige Pamphlete gegen die damaligen Flüchtlinge los gelassen. Er, der hier Zuflucht gefunden hat, gönnt sichtbar anderen Menschen diese Zuflucht nicht.
Im der vergangenen Legislaturperiode reiste dieses Ekel von einem Menschen auf Kosten der Steuerzahler nach Südafrika um dort mit Rechtsradikalen,die an der Wiederherstellung der Apartheid arbeiten, an militärischen Wehrübungen teilzunehmen. Wenn das keine üble Zweckentfremdung von Mitteln eines demokratischen Parlaments ist, was dann?
Unglaublich, solche Vorgänge! Und dann wundert sich diese seltsame Nichtalternative, dass ihre Kandidaten bei der Präsidiumswahl durchfallen, weil ihnen keine demokratische Gesinnung zugetraut wird?
Schließlich war er einer derjenigen, der neben Frau Bernd Höcke ("vor 10 Jahren konnte ich mich in Erfurt als Frau noch sicher fühlen" (O-Ton Höcke)) letztes Jahr hier in Würzburg in zynischer Weise der Opfer des Messerattentats im Juni gedacht hat. (Bildaufnahmen liegen vor)
Aber nichts desto trotz:
Je größer dass Chaos in der Apokalypse für Deutschland, desto größer die Freude ...