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Kitzingen
"Gewisse Tendenzen" in der AfD: Warum der unterfränkische Fraktionschef Christian Klingen aus der Partei austritt
Paukenschlag bei der bayerischen AfD: Co-Fraktionschef Christian Klingen und ein weiteren Abgeordneter verlassen die die Partei. Wie es nun weitergeht.
Christian Klingen, AfD-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag, hat seinen Austritt aus Fraktion und Partei erklärt.
Foto: ArchivTobias Hase, dpa | Christian Klingen, AfD-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag, hat seinen Austritt aus Fraktion und Partei erklärt.
Andreas Brachs
 und  dpa
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:04 Uhr

Der Co-Vorsitzende der bayerischen AfD-Landtagsfraktion, Christian Klingen, und der Landtagsabgeordnete Markus Bayerbach haben ihren Austritt aus Fraktion und Partei erklärt. Das bestätigten beide am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Zunächst hatte der Bayerische Rundfunk (BR) berichtet.

Der unterfränkische Abgeordnete Klingen aus Markt Einersheim (Lkr. Kitzingen) war erst im Oktober 2021 neben Ulrich Singer zum Chef der zerstrittenen Landtagsfraktion gewählt worden. Die beiden folgten damals auf Ingo Hahn und Katrin Ebner-Steiner, die dem aufgelösten rechtsnationalen "Flügel" der AfD zugerechnet wurde und die eine Vertraute des AfD-Rechtsaußens Björn Höcke ist. Markus Bayerbach (Augsburg) wurde damals zum stellvertretenden parlamentarischen Geschäftsführer gewählt.

Christian Klingen will "gewisse Tendenzen" in der AfD nicht mittragen

Klingen begründete seinen Austritt mit "gewissen Tendenzen" in der Partei. Es gebe Entwicklungen, die er nicht mehr mittragen wolle. Und dafür wolle er als Co-Fraktionsvorsitzender auch keine Verantwortung übernehmen, sagte er dieser Redaktion.

Bayerbach wollte zu den Gründen für seinen Austritt am Sonntag zunächst nichts sagen. Es darf allerdings vermutet werden, dass unter anderem jüngste Äußerungen von AfD-Mitgliedern im Landtag eine Rolle für die Abkehr von der Partei gespielt haben - zumindest für den Unterfranken Klingen.

So hatte der mittelfränkische AfD-Abgeordnete Ferdinand Mang vergangene Woche im Landtag behauptet, viele westliche Staaten – darunter Deutschland und die Ukraine – hätten in den letzten beiden Jahrzehnten Angriffskriege geführt, und dass der "Werte-Westen der größte Aggressor und Kriegstreiber" sei. Mang hatte dafür von anderen Rednern des Landtags heftige Gegenworte bekommen.

Schon seit ihrem Einzug in den Landtag hatte die AfD quasi durchgängig mit internem Streit für Schlagzeilen gesorgt. Vor Klingen und Bayerbach hatten schon vier Abgeordnete die Fraktion verlassen, zudem gab es erbitterte Machtkämpfe und Intrigen. Mit den beiden weiteren Austritten ist die AfD-Landtagsfraktion von ehemals 22 Abgeordneten auf nun nur noch 16 geschrumpft.

Klingen will alle seine Mandate behalten

Gegenüber dieser Redaktion erklärte Klingen, alle seine Mandate behalten zu wollen. Im Landtag möchte er seine Arbeit nun als Fraktionsloser fortsetzen. Im Kreistag Kitzingen bildet er zusammen mit seiner Frau Andrea und Kreisrat Alfred Ackermann die AfD-Fraktion. Diese Dreier-Gruppe will weiterhin zusammenbleiben. Auch Andrea Klingen kündigte ihren Austritt aus der AfD an. Sie will zusätzlich zu ihrem Kreistagsmandat ihren Sitz im Bezirkstag von Unterfranken behalten, dort als Parteilose.

Mit Christian und Andrea Klingen hat auch Dietmar Huff, Schatzmeister im Kitzinger Kreis-Vorstand der AfD, seinen Parteiaustritt erklärt. Christian Klingen geht davon aus, dass weitere Parteimitglieder ihrem Beispiel folgen werden.

AfD-Chef Protschka fordert Rückgabe der Landtagsmandate

Der bayerische AfD-Landeschef Stephan Protschka nannte die Parteiaustritte der beiden AfD-Abgeordneten "schade", betonte aber, sie hätten keine Auswirkungen auf die Arbeit der Partei. Er vermutet, Klingen und Bayerbach hätten als Beamte nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln "unbegründete Ängste" in Bezug auf ihr Berufsleben gehabt. Das Gericht hatte Mitte März einen Eilantrag der AfD gegen ihre Einstufung als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz abgelehnt.

Der Niederbayer Protschka forderte die beiden Landtagsabgeordneten dazu auf, ihre Mandate zurückzugeben: "Sie wurden über die AfD-Liste in den Landtag gewählt." Er mache sich aber keine großen Hoffnungen, dass sie diesen Schritt gehen würden.

Martin Hagen: "Diese rechtsradikale Chaostruppe zerlegt sich nach und nach selbst"

Reaktionen aus anderen im Landtag vertretenen Parteien ließen nicht lange auf sich warten. "Die Radikalisierung innerhalb der AfD läuft bereits seit Jahren", sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. "Deswegen ist das Verlassen der AfD im Jahre 2022 wahrlich keine Heldentat. Die AfD-Landtagsfraktion ist eine antidemokratische Chaostruppe."

Etwas anders sah das der Fraktionschef der Freien Wähler, Florian Streibl: "Lieber spät als nie! Ich respektiere jeden, der den Rechten den Rücken kehrt und erkennt, wessen Geistes Kind sie sind."

SPD-Fraktionschef Florian von Brunn sagte: "Sogar eingefleischten AfDlern werden rechtsradikale Ausrichtung und Nazi-Umtriebe zu viel." Jetzt müsse auch im Landtag die Rednerreihenfolge geändert werden. "Es kann nicht sein, dass 16 Rechtsradikale vor der SPD als der demokratischen Partei mit der längsten Geschichte sprechen."

FDP-Fraktionschef Martin Hagen sagte: "Diese rechtsradikale Chaostruppe zerlegt sich nach und nach selbst. Gut so!"

 
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  • J. B.
    Wenn drei Zitronen zusammenkommen, dann ist es Zeit eine Partei zu verlassen: 1. Zitrone der neue Landesvorstand mit einem Landesvorsitzenden, der sich selbst als den Franz-Josef-Strauß sieht , kein Hochdeutsch sprechen kann und mit Leuten wie Hock und Nolte Negativschlagzeilen am Band produziert. 2. Zitrone: Einstufung als Verdachtsfall - 3. Zitrone: Jüngste Aktionen wie die eines MdB, der offen einen Hitlergruß zeigte und gegen den nun die Staatsanwaltschaft München ermittelt und grobe Missachtung der Unvereinbarkeitsliste der Partei durch Aufnahme von Nazis des verbotenen "Blood&Honour"-Netzwerkes - 3 Zitrone in einer Reihe: JACKPOT!
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  • G. W.
    Da ihr Kommentar nicht verständlich ist, haben wir ihn nicht freigeschaltet.
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  • J. H.
    Ein Blitz Merker, der Herr Klingen, Respekt!
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  • J. H.
    Einzig und alleine das „AfD-Prüfffall Urteil“ hat den ehemaligen Beamten, aus Angst vor dienstrechtlichen Konsequenzen hinsichtlich seiner Pension, zu diesem Schritt bewogen!
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  • L. W.
    @ MaHa

    Wenn das so ist, dann ist das eine positive Folge einer überfälligen Entscheidung.
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • P. K.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • O. L.
    Vermutlich war es ihm doch zu viel, das die AfD selbst 3 Wochen nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine immer noch eine "Sicherheitspartnerschaft" mir Russland, statt der NATO, eingehen möchte.

    Quelle:
    Homepage AfD - Außenpolitik | Sicherheit - Verhältnis zu anderen Staaten "überdenken":

    - "Die Landesverteidigung ist jedoch durch die europäischen Staaten weitgehend eigenständig zu gewährleisten."
    - "Es liegt im deutschen Interesse, Russland in eine sicherheitspolitische Gesamtstruktur einzubinden..."
    -"Die AfD tritt für die Beendigung der Sanktionspolitik ein. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland soll vertieft werden."
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  • L. W.
    Da haben vermutlich

    mehrere Faktoren zusammen gewirkt, dass diese beiden Abgeordneten jetzt auch die Fraktion und Partei verlassen haben.

    Egal was es ist, alles was zur Schwächung der faschistischen Abwärts für Deutschland führt, ist richtig.
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  • F. W.
    Liebe Mainpost. Sucht bitte mal danach. Klingen wird/wurde selbst dem Höcke-Flügel zugerechnet.
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  • D. E.
    Glückwunsch.
    Wie man sieht, hilft es selber zu denken und es nicht anderen überlässt.
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  • S. F.
    Es is, wie es is. Die AfD ist ein blinder, rechtsradikaler Haufen.
    Zum Fremdschämen. Punkt!!!
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  • A. F.
    Und wieder jemand, der den Verstand wieder gefunden hat ...
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  • F. A.
    Der nächste und auch konsequente Schritt wäre der sofortige Abschied von Herrn Klingen aus dem Landtag und von seiner Frau aus dem Bezirkstag.
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  • L. W.
    Dann würden linientreue @ angenesportfan

    Faschisten nachrücken.

    Die Demokratie hätte also nichts gewonnen.
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    Kein Wort zu den eigenen rechtsradikalen Aussagen im Wahlkampf der zwei Klingen. Hört sich nur nach einer Konzentration auf die eigene Karriere an. Es gibt immer weniger AfD-Wähler zum Abfischen. Demnächst kommt dann ein Eintritt in dieBasis. Da gibts einen Aufwärtstrend
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  • F. W.
    Mich hat die Begründung auch verwirrt. Gibt genug Äußerungen von ihm
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  • O. L.
    "Gewisse Tendenzen"?

    Wie jetzt.....

    Zu weit Rechts, zu lasch, zu Liberal, Corona-Schwubler, Putin-Freunde .....?

    Ich hoffe da wird von dem zukünftigen parteilosen Landtagsabgeordneten noch eine
    Erklärung nachgeliefert.
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  • L. W.
    @ meefisch

    Trotzdem gut dieser Schritt. Zumindest profitiert die Fraktion nicht mehr von deren Anwesenheit im Landtag. Wenn linientreue Faschisten nachrücken würden, wäre es für die Demokratie schlechter.

    Auch die Abwärts für Deutschland muss es lernen: Gewählte Abgeordnete sind nicht weisungsgebunden und nicht der Partei verpflichtet sondern nur ihrem Gewissen, auch wenn es vielleicht nur rudimentär entwickelt ist.
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