Rund 94 Millionen Euro will die Stadt Kitzingen in diesem Jahr ausgeben, das sind noch einmal 13 Millionen Euro mehr als 2022. Aber was steckt eigentlich hinter den nackten Haushaltszahlen? Wo lauern Potenziale, Risiken und Gefahren? Dienstagabend hat der Stadtrat in dreieinhalb Stunden die Eckpunkte beraten, am 2. März soll der Etat verabschiedet werden.
1. Wo gibt es die größten Lichtblicke im Finanz-Dickicht?
Der Blick auf die jüngsten Gewerbesteuereinnahmen zaubert Stadtkämmerin Elisa Müller ein Lächeln ins Gesicht. Mit 16,2 Millionen Euro lag das Ergebnis für 2022 deutlich über dem Ansatz von 12,9 Millionen Euro. Müller spricht von "außerordentlich hohen" Zahlen – und sieht einen Silberstreif am sonst eher düsteren finanziellen Horizont der Stadt. Auch in diesem Jahr sollen von Industrie und Gewerbe wieder 15 Millionen Euro in die Stadtkasse fließen. Hinzu kommen deutlich höhere Schlüsselzuweisungen des Freistaats (7,6 Millionen Euro) und ein spürbar höherer Anteil an der Einkommensteuer-Beteiligung (12 Millionen Euro). Dies alles kompensiere die hohen Kosten für Personal und Energie.
2. Warum wird die Finanzlage in den nächsten Jahren schwieriger?
Trotz der guten Steuerkennzahlen blickt die Stadtkämmerin mit Sorge auf die nächsten Jahre. "Wahnsinnig viele Investitionen" habe die Stadt bis 2026 zu schultern, das gehe auf Dauer nicht ohne Rückgriff auf das Ersparte oder gar durch die Aufnahme neuer Kredite. Allein in diesem Jahr schiebt die Stadt ein Investitionsprogramm von knapp 30 Millionen Euro vor sich her – und anders als in den Vorjahren geht die Kämmerin davon aus, dass ein Großteil der Projekte auch "kassenwirksam" wird. Heißt: dass sie planmäßig umgesetzt werden. So könnte die üppige Reserve von 24 Millionen Euro im düstersten Szenario bis 2026 auf nahe null abschmelzen und der Schuldenberg zusätzlich wachsen. Für 2023 wird die Stadt vermutlich noch ohne weitere Kredite auskommen, für nächstes Jahr könnte das schon anders aussehen. Die dringende Bitte aus der Kämmerei an den Stadtrat lautet daher: Prioritäten setzen!
3. Wo lauert die größte Gefahr im aktuellen Haushalt?
Noch ist alles nur eines von mehreren denkbaren Szenarien, aber sicher scheint: Die Kreisumlage wird in diesem Jahr steigen. Das ist jene Abgabe der 31 Städte und Gemeinden, die den Landkreis finanziell am Leben hält. Rund 50 Millionen Euro kamen 2022 durch die Umlage herein. Sie liegt bisher bei 41 Punkten und könnte nun auf einen Schlag um dreieinhalb bis vier Punkte steigen. Das ist die Botschaft, die derzeit aus dem Landratsamt dringt.
Wenn es so kommen sollte, kostet das die Stadt bis zu 1,2 Millionen Euro – Geld, das dann für andere Projekte verloren ist, wie Stadtrat Timo Markert (CSU) wissen wollte. Im Zweifel ja, so die Antwort des OB. Entweder man verschiebe schon geplante Maßnahmen nach hinten, oder man decke den Verlust durch Kredite – das seien die zwei Möglichkeiten. Stadträtin Gertrud Schwab (CSU) kritisierte, dass das Landratsamt "vor ein paar Tagen nur eine ungefähre Nummer zur Kreisumlage" herausgelassen lasse.
Von Rechtsdirektorin Susanne Schmöger kam der Hinweis, dass Kommunen einen "Anspruch" hätten, an der Berechnung der Kreisumlage beteiligt zu werden, und dass es durchaus "Rechtsmittel" gebe, um sich gegen eine überhöhte Umlage zu wehren. Vorerst bleibt die Umlage der größte Risikofaktor.
4. Was sind die größten Streitpunkte im Investitionsprogramm?
Ein Haushalt besteht aus Tausenden kleiner und großer Posten, die wenigsten bergen Konfliktpotenzial und landen dann auf der Agenda des Stadtrats. Dabei geht es nicht immer ums große Geld, sondern eher um Grundsätzliches. Soll der Stadtrat weiterhin in der Alten Synagoge tagen, die man in der Corona-Pandemie dem engen Sitzungssaal im Rathaus vorgezogen hatte, und braucht es dann eine moderne Mikrofonanlage für 45.000 Euro, lautete eine dieser Fragen. Und die Mehrheit beantwortete sie zweideutig: Ja für die Alte Synagoge, Nein vorerst für die neue Technik.
Der größte Streitpunkt – weil er nicht frei von Ideologie war – drehte sich um die schon länger geplante, aber immer wieder verschobene Renaturierung von Sicker- und Rödelbach. Dass beide Projekte jetzt noch einmal nach hinten gerückt waren, wollte Klaus Sanzenbacher (Grüne) so nicht mehr hinnehmen. Umweltreferent Uwe Hartmann (Bayernpartei) sah sich zu einer Grundsatzrede herausgefordert, die in dem Satz gipfelte: "Ich finde es beachtlich, dass immer dort der Rotstift angesetzt wird, wo es um die Natur geht, nur um irgendwelche Fantasieprojekte zu finanzieren."
Das mochte Stephan Küntzer (CSU) "so nicht stehen lassen". Bei Sicker- und Rödelbach gehe es "nur um die Frage des Wann, nicht des Ob". Die Stadt gebe in diesem Bereich "viel Geld" aus. Mit 14 zu 10 Stimmen einigte sich der Stadtrat darauf, die Planung für die Sicker auf 2023 und die Renaturierung des Rödelbachs auf 2024 vorzuziehen.
5. Wie schlagen die hohen Energiepreise auf die Stadt durch?
Die explodierenden Bezugspreise für Energie gehen auch an den Kommunen nicht spurlos vorüber und bilden sich entsprechend im Haushalt ab. Zwar profitiert auch die Stadt von den Stabilisierungshilfen wie der Gas- und Strompreisbremse, aber wie hoch die Effekte tatsächlich sind, lässt sich heute schwer sagen. Derzeit gehen die Berechnungen mindestens von einer Verdoppelung der Kosten aus: Beim Strom erhöht sich der Ansatz auf 1,19 Millionen Euro (nach 657.000 Euro im Vorjahr), beim Heizen auf 548.000 Euro (nach zuletzt 210.000 Euro). Weil immer noch zu viele Straßenlampen im Stadtgebiet herkömmliche Leuchtmittel tragen, erhöhen sich die Stromkosten dafür um 80 Prozent auf 610.000 Euro.