Das kleine Irsee ist gerade groß herausgekommen. Die "Süddeutsche Zeitung" hat der 1500-Seelen-Gemeinde im Ostallgäu einen Artikel gewidmet, den man getrost als Heldengeschichte sehen darf. Wenn man Irsee ein leuchtendes Beispiel nennt, wird man der Sache allerdings nicht ganz gerecht. Denn die Gemeinde ist eine Meisterin im Verdunkeln.
Die Straßenbeleuchtung hat sie nachts weitgehend abgeschaltet, und das schon seit zwölf Jahren, eben seitdem es im Rathaus ein Energiesparkonzept gibt. Bedenken, so wird der Bürgermeister zitiert, gebe es im Dorf nicht. Kann Irsee ein Vorbild für andere Kommunen in Bayern sein, indem auch sie ihr Licht künftig unter den Scheffel stellen? In Kitzingen ist man da skeptisch. Die großen Einsparpläne scheinen vom Tisch.
Energie hat sich in den vergangenen Monaten rasant verteuert. Auch Kommunen sind dazu aufgerufen, Strom und Gas zu sparen. Sie überbieten sich gerade darin, Energiesparkonzepte aufzusetzen und Sparziele zu entwickeln. Die Straßenbeleuchtung ist im Energiehaushalt der Kommunen oft der größte Posten, deshalb bietet sich hier ein besonders starker Hebel. Manche schalten die Beleuchtung nachts komplett ab.
Auch in Irsee sind zwischen 1 und 5 Uhr nur noch gefährliche Kreuzungspunkte an der Kreisstraße wie gewohnt ausgeleuchtet; in allen anderen Bereichen tappt man im Dunkeln. Andernorts werden die Straßenlampen gedimmt. Die Stadt Würzburg etwa fährt die Helligkeit ihrer 17.000 Laternen zwischen 21 und 6 Uhr um 60 Prozent herunter und hat 10.000 davon mittlerweile auf LED-Technik umgerüstet. Dadurch sank der Energieverbrauch seit 2014 von 6,6 Millionen Kilowattstunden auf 4,3 Millionen Kilowattstunden.
Auch in Kitzingen sah man bis vor Kurzem noch riesiges Potenzial. Als die Stadt ihr "Energie-Notfall-Programm für die Wintersaison 2022/23" aufsetzte, war der Punkt Straßenbeleuchtung der mit Abstand dickste Brocken. 535.000 Kilowattstunden Strom wollte man allein dadurch sparen, dass jede zweite Lampe im Stadtgebiet nachts zeitweise abgeschaltet und alle Laternen früher ausgeknipst würden. Doch die Sache ist vom Tisch – weil Kitzingen nach der Umstellung auf LED-Beleuchtung in der südlichen Siedlung und in allen Stadtteilen schon genug spare und in allen anderen Bereichen eine Abschaltung "kritisch" gesehen werde, wie Oberbürgermeister Stefan Güntner jetzt im Bau- und Umweltausschuss sagte.
Mit der Umrüstung auf LED-Leuchten spart Kitzingen schon einiges
Seit 2018 hat die Stadt laut Bauamtsleiter Oliver Graumann 671 ihrer Straßenlaternen auf LED umgerüstet, das ist etwa die Hälfte des Bestands. Der Kostenanteil der Stadt an dieser Umrüstung lag bei 136.000 Euro. Da umgekehrt aber 400.000 Kilowattstunden Strom im Jahr weniger verbraucht würden, rechne sich der Schritt schon nach spätestens sechs Jahren. Nächstes Jahr sollen weitere 113 Straßenlampen umgerüstet werden, zuerst die älteren, besonders energieintensiven Modelle. Bei den LED-Lampen dimmt die Stadt zwischen 22 und 5 Uhr die Leuchtkraft um 50 Prozent.
Von einer Komplettabschaltung sind inzwischen viele Städte abgerückt. Dort ist die Situation anders zu beurteilen als auf dem Land, weil in einigen Bereichen aus Sicherheitsgründen das Licht nicht ausgehen darf. An Fußgängerüberwegen etwa oder entlang größerer Straßenzüge wie der durch Kitzingen führenden B 8 müssen die Laternen nachts durchgehend brennen, auch wenn die Straße aus Sicht des OB bisweilen "wie eine Rollbahn am Flughafen" beleuchtet ist.
Hinzu kommt, dass sich viele Menschen unsicher fühlen, wenn sie in der Dunkelheit unterwegs sind und ihnen nachts nicht heimgeleuchtet wird – ein subjektives Empfinden zwar, denn aus der polizeilichen Kriminalstatistik lässt sich kein Zusammenhang zwischen weniger Licht und mehr Straftaten herstellen, aber aus Sicht von Polizei und Kommunalpolitikern ein nicht zu unterschätzendes Kriterium. In Iphofen war dies im Sommer einer der Hauptgründe, auf die Nachtabschaltung der Laternen zu verzichten, zumal die Stadt damit nur etwa 2700 Euro im Jahr sparen würde.
Der Bayerische Gemeindetag appelliert an die Staatsregierung
Der Bayerische Gemeindetag vertritt in dieser Sache allerdings eine klare Haltung. "Es ist schon seit langem möglich, nachts in Wohngebieten die Straßenbeleuchtung abzuschalten", heißt es in einem im September veröffentlichten Papier. Städte und Gemeinden sollten "nach eigenem Ermessen prüfen, ob sie bis auf weiteres auf die Straßenbeleuchtung verzichten" könnten, denn hier liege großes Sparpotenzial. Verbandspräsident Uwe Brandl geht noch einen Schritt weiter. "Bayerns Gemeinden wollen alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, Energie einzusparen", schreibt er. Die bayerische Staatsregierung solle die Kommunen auf diesem Weg unterstützen, indem sie den rechtlichen Rahmen schaffe.
Letztlich ist die Abschaltung auch eine technische Frage. Nur einzelne Straßenzüge zu verdunkeln, ist nach Angaben von Energieversorgern nicht ganz einfach und mit erheblichen Kosten verbunden. Ein solcher Schritt, heißt es, müsse gut überlegt sein. In Iphofen will man im Zuge der nächsten Wartung die noch effizienteren Retrofit-Leuchtmittel nutzen, die Stadtrat Jens Pauluhn (ÖDP) jetzt auch für Kitzingen ins Spiel brachte. Seinen Kollegen Andreas Moser (CSU) trieb im Bauausschuss etwas anderes um: Die Stadt solle sich mit Blick auf steigende Energiepreise überlegen, ob sie nicht möglichst viele eigene Dachflächen mit Solarmodulen belegen und damit ihren eigenen Strom produzieren wolle.
Ich bin auch davon überzeugt, dass es sehr viele malerische und nostalgische Aspekte in unser aller Leben bringen wird, wenn wieder der Nachtwächter mit Hellebarde, Laterne und Horn seine Runden durch Kitzingens dunkle Gassen dreht, damit Bürger und Bürgergeldbezieher gleichermaßen ruhig schlafen und frische Kraft für die Freuden und Pflichten des neuen Tages sammeln können.
Besonders, wenn man die vergleichsweise geringe Einwohnerdichte Chinas, dem bevölkerunsreichsten und produktivstem Land der Welt, mit der hohen Bevölkerungsdichte und geringen Produktion Deutschlands vergleicht ..