Wenn Elisa Dietenberger all das Geld erst zählen müsste, das sie als Stadtkämmerin einnimmt und ausgibt, käme sie zu nichts mehr anderem. Dabei bewegt sie in ihrer Abteilung nicht nur Millionen, sondern auch Menschen. Die 29-Jährige, die eigentlich vom Bodensee kommt, hat Public Management in Ludwigsburg studiert, arbeitete zwei Jahre in der Ausländerbehörde der Stadt Würzburg und übernahm dann im Kitzinger Rathaus das Sachgebiet für Schule, Jugend und Sport. Seit 1. Mai 2020 leitet sie die Finanzverwaltung und erstellt als Kämmerin gerade zum zweiten Mal den städtischen Haushalt. Wie sieht sie Kitzingen finanziell aufgestellt? Wie politisch darf sie sein? Und wie viel Macht besitzt sie durch ihr Amt?
Elisa Dietenberger: Ich bin so etwas wie die Schatzmeisterin des 21. Jahrhunderts, zuständig für die Finanzen der Stadt. In meine Verantwortung fallen die Stadtkasse, die Grundstücke, die Steuern und natürlich der Haushalt. Wenn man so will, verwalte ich das Geld der Bürger.
Dietenberger: Es ist sicherlich von Vorteil, wenn man in Mathe ganz gut war und einen Bezug zu Zahlen hat. Aber ein Mathe-Genie muss man nicht sein.
Dietenberger: Ich würde sagen: 60 Prozent, jetzt in der Hochphase der Haushaltsaufstellung natürlich mehr. Aber ich bin ja nicht nur Kämmerin, sondern auch Amtsleiterin der Finanzverwaltung. Da kommen noch Führungsaufgaben und viel Organisatorisches hinzu. Wir sind 23 Leute in der Finanzverwaltung, allein sieben davon in der Stadtkämmerei.
Dietenberger: (lacht) Nein. Als Amtsleiterin sitze ich mit in der Verwaltungsspitze und bin an wichtigen Entscheidungen beteiligt. Das Thema Finanzen zieht sich durch alle Bereiche: Jeder will und braucht Geld für seine Vorhaben. Da habe ich sicherlich die Möglichkeit, mitzureden und Einfluss zu nehmen. Aber Macht würde ich das nicht nennen, eher Verantwortung.
Dietenberger: Wir sind in alle Entscheidungen eingebunden, aber nach der Geschäftsordnung entscheidet letztlich entweder der OB oder der Stadtrat.
Dietenberger: Es fühlt sich nicht nach exklusivem Wissen an . . .
Dietenberger: Ja, schon. Aber die meisten Mitarbeiter hier im Haus haben eine Verwaltungsausbildung und durchblicken den Haushalt. Und wenn Stadträte Fragen haben, können sie jederzeit bei uns anrufen. Das tun sie manchmal auch, und ich bin jedes Mal dankbar dafür. Komplexe Dinge lassen sich besser im Vorfeld als während einer Sitzung klären.
Dietenberger: Ich sehe mich nicht als Politikerin und dürfte es auch gar nicht sein, weil ich auf der Seite der Verwaltung stehe. Beim OB ist das anders.
Dietenberger: Natürlich habe ich Einfluss auf die Vorbereitung von Entscheidungen. Das sehe ich aber als Tätigkeit der Verwaltung und nicht der Politik.
Dietenberger: Es gibt das Instrument der Haushaltssperre. Das ist aber nur für den äußersten Notfall vorgesehen. Selbst in Corona-Zeiten haben wir es nicht gebraucht. Wenn es eng wird, gehen wir auf einzelne Abteilungen zu und besprechen, was möglich und nötig ist.
Dietenberger: Ja, gerade bei der Haushaltsaufstellung legen der OB und ich sehr viel Wert darauf, dass alles umsetzbar und finanzierbar bleibt. Die Ausgaben müssen immer in Relation zu den Einnahmen stehen. Wenn aber ein Projekt genehmigt ist, darf man nicht mehr bescheiden sein. Dann kann man auch den Rahmen ausschöpfen, den der Haushalt hergibt.
Dietenberger: Unser Haushalt steht ja, wie in vielen Gemeinden üblich, nicht zum 1. Januar, sondern wird in den ersten Monaten des laufenden Jahres verabschiedet, wenn alle wichtigen Zahlen und Daten vorliegen. Dadurch entsteht eine haushaltlose Zeit, in der nichts Neues angefangen werden darf. Wir haben den Prozess schon beschleunigt und nach vorne gezogen. Wir sind auch dabei, uns ein Stück weit ehrlich zu machen und möglichst nur solche Projekte aufzunehmen, die eine Chance haben, im Haushaltsjahr umgesetzt zu werden. Würden wir auf alle Wünsche reagieren, würde das rasch den Rahmen sprengen. Um ein Bewusstsein zu wecken, wo wir haushaltsmäßig stehen, haben wir einen Lagebericht zum dritten Quartal für Verwaltung und Stadtrat eingeführt; er zeigt, wo noch Luft nach oben ist.
Dietenberger: Wir waren getroffen, aber nicht so schlimm wie befürchtet. Es gab Einbußen bei der Gewerbe- und der Einkommensteuer, auch bei städtischen Einrichtungen wie der Alten Synagoge oder der Volkshochschule. Was uns mehr traf, war: Dadurch dass wir lange nicht wussten, ob und wie sehr der Staat für diese Verluste einspringen würde, haben wir im ersten Pandemiejahr 2020 den Geldhahn zugedreht und an vielen Stellen Ausgaben eingespart oder verschoben. Projekte sind liegen geblieben, wir haben den Betrieb heruntergefahren. Vieles davon wäre nicht nötig gewesen, hätten wir früher gewusst, dass der Staat weitgehend für die Steuerausfälle geradesteht. Das war sehr schade.
Dietenberger: Das kann ich nicht sagen. Bei uns hat das Geld einfach die größten Verluste gedeckt.
Dietenberger: Da wissen wir noch nichts Genaues. Für 2021 wird es einen Ausgleich geben. Das Land stellt dafür 330 Millionen Euro zur Verfügung. Das wird aber nicht reichen für einen vollständigen Ausgleich, wenn vom Bund wie geplant gar nichts mehr kommt.
Dietenberger: Ich wüsste jetzt nicht, dass hier Geister gerufen und Begehrlichkeiten geweckt werden. Klar gibt es Wünsche, und nicht alle passen ins Budget. Aber das ist ja die Kunst der Kämmerei: einen Haushalt auszugleichen und möglichst viele Wünsche zu erfüllen.
Dietenberger: Sie ist auf jeden Fall geordnet. Uns geht es nicht miserabel. Deshalb würde ich sagen: eine glatte Sieben.
Dietenberger: Dadurch dass ich noch nicht so lange auf der Stelle bin, sind mir die Relationen durchaus bewusst. Es sind nicht nur Zahlen; ich habe schon im Blick, wie groß sie sind. Für mich erwächst daraus ein Gefühl von Verantwortung: für die Zahlen, für die Finanzen der Stadt und letztlich der Bürger. Es sind Steuergelder, denen ich mich verpflichtet sehe.
Dietenberger: Ich sehe die Stadt nicht als Patientin – so hoch verschuldet sind wir nicht. Wir haben auch noch eine solide Rücklage. Daher bereitet mir der Blick auf den Schuldenstand keine Sorgen und auch keine schlaflosen Nächte.
Dietenberger: So viele Risiken sehe ich da nicht. Kitzingen ist, was die Gewerbesteuereinnahmen angeht, breit aufgestellt, deutlich breiter als zum Beispiel Iphofen. Natürlich kann es Ausfälle geben, aber das trifft uns nicht so hart, wie wenn fast alles an einem Unternehmen hängt. Ein Risiko ist eher eine Pandemie, in der dann alle Steuereinnahmen wegbrechen.
Dietenberger: Zum einen die großen Projekte wie der Neubau der Kitas, das Haus für Jugend und Familie, die Sanierung der Sickergrundhalle oder der Ausbau des Mainkais; zum anderen, dass unsere Steuereinnahmen weiter steigen und wir unsere Investitionen gut finanzieren können.
Dietenberger: Ich komme aus dem Bereich Schule, Jugend, Sport. Deshalb liegen mir diese Dinge auch sehr am Herzen, etwa die Kita-Erweiterungen und dass Kitzingen für junge Leute und für junge Familien attraktiv gemacht wird.
Dietenberger: Dann würde ich mich sehr freuen, wenn noch mehr für die Aufenthaltsqualität der Innenstadt getan würde, wenn Gebäude saniert würden und es viele Veranstaltungen und Projekte gäbe, auch für junge Leute. Da sehe ich noch Luft nach oben.
Dietenberger: . . .dass er manchmal noch mehr auf die Verwaltung hört. Dass er wahrnimmt und akzeptiert, wenn Dinge nicht in einer bestimmten Zeit zu schaffen sind oder etwas gar nicht möglich ist. Ich finde es schön, dass die Atmosphäre im Stadtrat weitgehend konstruktiv und wertschätzend ist. Das war, wenn ich mich im Haus so umhöre, nicht immer der Fall. Die Stadträte gehen heute viel pfleglicher miteinander und mit der Verwaltung um. Aus meiner Sicht ist es immer gut, wenn Dinge vorher geklärt werden und man sie nicht – nur weil es um ein Politikum geht – krachend platzen lässt.