
Am Mittwoch, jenem Tag, an dem das Robert-Koch-Institut (Berlin) für Deutschland erstmals mehr als 100 000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus meldet und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die 2G-Regel im Einzelhandel kippt, besucht Sabine Dittmar (SPD) Knetzgau. Genauer gesagt: Das Impfzentrum im Ratssaal. Impfzentren dürfte die Gesundheitspolitikerin in den letzten Monaten viele gesehen haben. Doch von Knetzgau ist sie besonders beeindruckt: "Was Ihr hier macht ist toll", lobt Dittmar die Verantwortlichen um Bürgermeister Stefan Paulus.
Der Grund für die Begeisterung: Es ist die Kommune selbst, die hier ein Impfzentrum auf die Beine gestellt hat. Völlig freiwillig, mit einem ehrenamtlichen Team, und auf eigene Kosten, was weit und breit bis dato ziemlich einzigartig ist. Unter die Kosten fällt zum Beispiel die Anschaffung von Computern und Software, die für die Verbindung mit den offiziellen Impfzentren des Landkreises Haßberge sorgen. Und die 500 Euro laufende Ausgaben pro Impftag, von denen es seit Dezember zehn gegeben hat. Eine Rückerstattung seitens des Kreises ist nicht in Sicht.

Sabine Dittmar, seit Dezember Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, würdigt das freiwillige Engagement in Knetzgau: Weil sie wie Bürgermeister Paulus weiß, dass es absolut niederschwellige Angebote braucht, um noch viel mehr Menschen zur Impfung zu bewegen. Der Tatsache, dass man radikale Impfgegner nicht überzeugen wird, sind sich auch die Organisatoren des Knetzgauer Impfzentrums bewusst. Sie wollen jene erreichen, die nicht mobil genug oder zu bequem sind, aus dem Steigerwald zu den Impfzentren des Landkreises nach Königsberg oder Hofheim zu fahren, denen Sprachbarrieren im Weg stehen oder die schlicht und einfach Angst vor der Nadel haben. Es sind einfach zu viele, die da durchs Raster fallen, sind sich die Gesprächsteilnehmer im Knetzgauer Ratssaal einig.
Denn 16 Millionen Deutsche haben noch gar keinen Corona-Impfschutz, nur 3 Millionen davon schätzt Dittmar als überzeugte Impfverweigerer ein. Gut 35 000 Erstimpfungen würden pro Tag in Deutschland gemeldet, "wir kommen also nur kleckerlesweise voran", sagt die SPD-Politikerin. Ohne mehr Engagement, mehr Kreativität, mehr Überzeugungsarbeit vor Ort wird sich das nicht ändern. Und Knetzgau ist hier Vorbild.

Und hier belassen es Gemeinderat Robert Beetz (Knetzgau) und Karl Weißenberger (Oberschwappach), ehemals Brandrat bei der Berufsfeuerwehr München, die beiden Organisationsleiter des Impfzentrums, nicht beim Status quo. Sie denken inzwischen zum Beispiel über den Einsatz eines Shuttlebusses nach, der Personen aus dem "tiefen Steigerwald" zum Impfen nach Knetzgau fahren könnte. Oder umgekehrt ein Impfteam in die abgelegenen Orte bringen würde. Auch einen Termin nur für Erstimpfungen kommt für die beiden in Frage.
Wer sich Zeit für die Leute nimmt, kann sie auch überzeugen
"Ich würde noch die letzte Spritze nehmen und zu den Leuten fahren", unterstreicht Walter Becker, Allgemeinmediziner im Ruhestand aus Westheim, seine Einsatzbereitschaft als ehrenamtlicher Impfarzt. Marie-Jose Hau, Medizinische Fachangestellte aus Wülflingen, die den Ärzten bei den Impfterminen zur Seite steht, berichtet unter anderem von der Überzeugungsarbeit, die sie bei Aussiedlern leistet. Wer sich Zeit für die Leute nehme, sich geduldig mit ihnen auseinandersetze, der könne sie auch zur Impfung bewegen, unterstreicht Hau.
Sabine Dittmar bekundet, dass sie viel von Impfbussen hält, die auch soziale Brennpunkte oder abgelegene Winkel ansteuern. Aber aus der Erfahrung aus ihrem Wahlkreis und darüber hinaus weiß sie, dass es keine Patentlösung gibt. "Jeder Landkreis, jede Kommune ist hier anders", sagt sie. Das müssten die Verantwortlichen vor Ort erkennen und dann die geeigneten Mittel ergreifen.
Die Politik soll die Strukturen schaffen für weitere Corona-Wellen
Bürgermeister Stefan Paulus, der schon manche Kritik an der Impfpolitik im Landkreis geübt hat, will nicht nur Lob für sein Impfzentrum einheimsen, er hat auch eine klare Botschaft an die Spitzenpolitikerin aus Maßbach. "Die Politik muss jetzt die Strukturen schaffen für die fünfte, sechste oder zehnte Welle", fordert er. Und da müssten die Kommunen mit einbezogen werden. Es reicht nicht aus, die Pandemie auf Landkreis- oder noch höherer Ebene zu bekämpfen, ist der Rathauschef überzeugt; dies müsse auch auf Gemeindeebene geschehen. Doch dafür müsse die Gesundheitspolitik die Voraussetzungen schaffen. Sie dürfe die Gemeinden nicht im Regen stehen lassen.
Schon im November hatte Knetzgau eigenverantwortlich Impfaktionen in Zelten auf dem Edeka-Parkplatz durchgeführt. Seit 8. Dezember dann haben sich gut 1200 Bürgerinnen und Bürger im Ratssaal einen Piks gegen die Lungenkrankheit geben lassen, sie konnten sich über das Impfzentrum Landkreis Haßberge oder über die Gemeindehomepage dafür anmelden. Der Impfstoff stammt aus den Impfzentren des Landkreises, die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen sei hervorragend, freut man sich in Knetzgau. Für diesen Samstag haben sich schon wieder über 100 Personen einen Termin gesichert. "Im Februar ist erst mal Schluss, wir brauchen halt den Ratssaal auch für andere Zwecke", bedauert Paulus, fügt aber hinzu: "Im Falle des Falles können wir das Impfzentrum innerhalb einer Woche reaktivieren."
Für das zweite Quartal kündigt Dittmar einen neuen Impfstoff an
Dann wäre auch Sabine Dittmar bereit, einmal vor Ort auszuhelfen: "Rufen Sie mich an, vielleicht finden wir dann einen gemeinsamen Termin", stellt sie in Aussicht. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Allgemeinärztin selbst Impfungen durchführt. "Noch vor einem Jahr hätte ich nie gedacht, dass ich mal für die Impfpflicht sein werde", spricht sie noch über ihren Gesinnungswandel durch den dramatischen Verlauf der Pandemie. Und macht den Anwesenden am Ende ihres Besuches doch noch ein wenig Hoffnung: "Ich gehe davon aus, dass es im zweiten Quartal einen an Omikron angepassten Impfstoff geben wird."
Auch in Ebelsbach wurde kürzlich ein 3. Impfzentrum für die Haßberge eröffnet, also müssen Knetzgauer oder Steigerwälder nicht zwingend in den Norden nach Hofheim oder Königsberg fahren!
Mir erscheint eher, daß hier eine persönliche Misssituation ausgetragen wird?
Trotzdem meinen wir:
Karl Lauterbach muss aus dem Amt! Sonst werden wir nie unsere Ruhe mit Impfpflicht und Corona-Einschränkungen haben.