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München/Würzburg
Corona: Gericht kippt bayerische 2G-Regel im Einzelhandel
Blumengeschäfte ja, Kleiderläden nein: Die 2G-Regel im Einzelhandel sorgte bei Kunden durchaus für Verwirrung. Nun wurde sie gekippt. Wie der Handelsverband reagiert.
Am Eingang vieler Läden kontrollierten zuletzt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Impfnachweise der Kundschaft.
Foto: Bernd Weißbrod, dpa | Am Eingang vieler Läden kontrollierten zuletzt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Impfnachweise der Kundschaft.
Benjamin Stahl
 und  dpa
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:00 Uhr

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die grundsätzliche Beschränkung des Zugangs zu Einzelhandelsgeschäften auf Geimpfte und Genesene, die sogenannte 2G-Regel, vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das Gericht gab damit nach eigenen Angaben am Mittwoch einem Eilantrag einer Inhaberin eines Lampengeschäfts in Oberbayern statt.

Nach der aktuell geltenden Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung dürfen bislang nur Geimpfte und Genesene Ladengeschäfte betreten. Ausgenommen sind Geschäfte, die der Deckung des täglichen Bedarfs dienen. Die Antragstellerin sah darin eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes und beantragte deshalb die vorläufige Außervollzugsetzung dieser Regelung.

Was sind Läden des "täglichen Bedarfs"?

Dem gab der Verwaltungsgerichtshof jetzt statt. Zwar dürfte eine 2G-Zugangsbeschränkung grundsätzlich eine ausreichende gesetzliche Grundlage haben, hieß es. Doch gebe das Infektionsschutzgesetz vor, dass sich die Reichweite von Ausnahmeregelungen mit hinreichender Klarheit aus der Verordnung selbst ergeben müsse.

Knackpunkt ist, dass aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs nicht unzweifelhaft geklärt ist, was Geschäfte des "täglichen Bedarfs" sind, die nicht unter die 2G-Regel fallen. In der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung werde das lediglich durch eine ausdrücklich nicht abschließende Liste von Beispielen konkretisiert. Damit werde die 2G-Regel in der bisherigen Form den Anforderungen nicht gerecht. Auch bei sogenannten Mischsortimentern, also Läden, die unterschiedliche Produkte anbieten, lasse sich nicht mit ausreichender Gewissheit aus der Verordnung entnehmen, welches Geschäft von der Zugangsbeschränkung erfasst wird und welches nicht.

Einzelhändler können Ungeimpfte sofort wieder in die Läden lassen

Die Staatsregierung reagierte prompt auf den Beschluss: "Wir setzen in Bayern 2G im Handel komplett aus und sorgen damit für eine schnelle und praktikable Umsetzung der VGH-Entscheidung", teilte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) mit. "Wegen der entstandenen Abgrenzungsschwierigkeiten ist nun die Regelung wie in den Supermärkten die einfachere Alternative." Die Entscheidung greift unmittelbar, bestätigte ein VGH-Sprecher am Mittwoch auf Nachfrage dieser Redaktion. Damit kann der Einzelhandel wieder für alle Kundinnen und Kunden öffnen – unabhängig von deren Impf- oder Genesenenstatus.

"Endlich", kommentierte Daniela Binder vom Handelsverband Unterfranken die Entscheidungen aus München erleichtert. "Wir freuen uns als Händler, wieder alle Kunden begrüßen zu dürfen." Die 2G-Regel habe dazu geführt, dass weniger Kundschaft in die Läden kam. Besonders in der Vorweihnachtszeit habe das für viele Einzelhändlerinnen und Einzelhändler "einen gewaltigen Einschnitt" bedeutet. Außerdem habe die Einlasskontrolle gerade kleineren Geschäften einen großen Mehraufwand bereitet.

2G brachte ein "Gefühl der Ungerechtigkeit"

Es habe sich auch ein "Gefühl der Ungerechtigkeit" breit gemacht, sagte Binder mit Blick auf die vom Verwaltungsgerichtshof bemängelte Unklarheit bei der Frage, welche Läden von der 2G-Regel ausgenommen sind. Wenn alle Geschäfte unter die Regel gefallen wären, die nicht zwingend zur "Deckung des täglichen Bedarfs" geöffnet haben müssen, "hätte das jeder verstanden", so Binder. Nach und nach hätten jedoch durch Klagen viele Geschäfte wieder für alle öffnen dürfen.

Erst vor kurzem hatte der VGH entschieden, dass die 2G-Regel nicht für Bekleidungsgeschäfte gelten dürfe: Sie würden wie Buchhandlungen oder Blumenläden der "Deckung des täglichen Bedarfs" dienen. "Zuletzt", so Binder, "sind nur noch wenige übriggeblieben" – etwa Elektro-, Möbel- oder Schmuckläden – für die die 2G-Regel galt.

 
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  • F. H.
    Konsequent wäre die Öffnung aller Bereiche, dann aber nur mit 1G-Regelung, d. h. nur noch Zutritt für negativ getestete Personen. Die Impfung schützt eben bei der Omikronvariante nicht mehr davor, sich und andere zu infizieren. Diese Regelung empfiehlt übrigens auch eine Expertenkommission der niederländischen Regierung.
    Quellen:
    https://www.derstandard.at/story/2000132610527/wie-gut-schuetzen-die-impfungen-noch-vor-omikron
    https://www.heise.de/tp/features/Forschungsergebnis-Nutzen-von-3G-und-2G-nimmt-ab-6331362.html
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  • H. S.
    Ich weiß nicht, ob ich lachen, oder weinen soll:
    Wenn ich im Real-Markt am Europastern, gleich nach dem Eingang, gesehen habe, dass man sich da den supergroßen Fernseher kaufen kann, aber nicht im Media-Markt, dann bin ich schon ins Grübeln geraten. Ist das gerecht? Nein! Denn gerade diese Märkte die ein vollumfängliches Sortiment aus Food und Non-Food anbieten, wurden durch die Corona-Maßnahmen definitiv bevorzugt! Denn da durfte immer jeder rein.
    Die andere Seite ist jedoch die: Gerade heute geht es ja darum, die Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren, um noch schlimmeres zu verhindern, bzw. wenigstens auszubremsen.
    Hier finde ich das Urteil wieder ziemlich weltfremd, weil dessen Folgen die Situation in Bayern sicherlich deutlich verschärfen wird!
    Ich kann jeden Einzelhändler verstehen, auch jeden Gastronomen.
    Aber deren Geschäftsmodell ist nun mal darauf ausgelegt, dass sich viele Leute bei denen treffen können, was bei Corona absolut Kontraproduktiv ist!
    Umsatz über alles???
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  • G. W.
    Ja was soll's...seit beinahe zwei Jahren bemühen sich unsere politisch Verantwortlichen, den Schaden durch Covid 19 irgendwie zu minimieren, und ich unterstelle bei diesem Vorgehen durchaus aufrichtiges Bemühen zum Wohl der Bevölkerung.

    Wie so vieles im Leben ist die Entwicklung des Geschehens allerdings dynamisch.
    Und daher müssen auch die Maßgaben an das Volk dynamisch gestaltet werden.
    Die Pflicht zum Impfen ist für Alle genauso selbstverständlich wie auch die Pflicht, die Umwelt zu schützen.
    Aber:
    Die meisten Menschen verstehen das und machen selbstverständlich das, was sinnvoll erscheint;
    trotzdem gibt es, wie in allen Bereichen des Lebens, so spezielle Leute, denen der persönliche Egoismus näher liegt als das wohl der Allgemeinheit.
    Auch das Akzeptieren der Unvollkommenheit ist wichtiger Bestandteil des Daseins.
    Und aus diesem Mangel im System heraus betrachtet kann es keinen Zwang zur Impfung und zur Vernunft geben!
    Mit diesem Zwiespalt werden wir wohl leben müssen.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Da die meisten Ungeimpften auch Arbeitnehmer sind die sich täglich einen Test unterziehen müssen sind Sie mir eigentlich lieber als die Geimpften, die denken, mir kann ja nichts passieren und einfach drauf zu leben. Also paßt diese Entscheidung. (Nur zur Info, bin geimpft und geboostert)
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  • L. R.
    Respekt dem Richter!
    Jetzt bitte noch Friseure und Gastro mutig werden und sich wehren, hier wäre wieder 3G angebracht, weiter so.

    Ebenso 3G an Universitäten und Hochschulen, es muss sich was ändern, im Ausland tut sich so langsam was.
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  • K. L.
    Das hat der Verordnungserlasser jetzt halt von seiner Grosszuegigkeit.
    Nach meiner Meinung gehören zu Läden "zur Deckung des täglichen Bedarfs" Lebensmittellaeden, Apotheken und Drogerien, sonst nichts !!
    Und bei "Mischbetrieben" müssen ganz einfach die Non-Food-Bereiche" abgesperrt werden. Wer dies "organisatorisch" nicht hinbekommt, hätte ganz einfach die Eingangstür zulassen müssen.
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  • F. H.
    Wenn man unkultiviert ist, stimmt Ihre Einschätzung.

    Die 2G- Regelung im Einzelhandel war doch ohnehin nur dafür gedacht, Ungeimpfte auszuschließen und zum Impfen zu „motivieren.“
    Oder können Sie erklären, warum das Ansteckungsrisiko in einem Elektonikmarkt oder Bekleidungsgeschäft höher als in einem Supermarkt oder einem Drogeriemarkt ist?

    Und gleichzeitig hat es den Einzelhändlern geschadet. In einem Supermarkt bekommen Sie außer Lebensmitteln von einem Tomatenmesser bis zur Jogginghose mittlerweile alles. Und wenn die Regierung den Supermärkten den Verkauf von Non-Food-Produkten verboten hätte, hätten die Supermärkte wahrscheinlich auch Staatshilfen beantragen können. Die Margen im Lebensmittelhandel sind derart gering, dass Sie mit dem Verkauf von Lebensmitteln nicht langfristig überleben können.
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  • J. G.
    Die Regelung war eh undurchsichtig und nicht nachvollziehbar. Wieso waren bestimmte Läden "lebenswichtig" wie z. B. Baumärkte und wie hier der Lampenladen nicht? Das ging schon um die Berufsfreiheit und hier wurden die Baumärkte, die auch Lampen verkaufen bevorzugt. Nur ein Beispiel der unsinnigen Regel.
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  • T. S.
    Jetzt müsste nur noch die Gastronomie 3 G bekommen. Gleichbehandlung oder so.
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  • U. A.
    Sowas nennt man dann wohl die richterliche Narrenfreiheit.

    Und am Ende ist keiner für die immer weiter steigenden Corona-Zahlen verantwortlich.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Nein, nennt sich Rechtsstaat
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  • F. H.
    Die meisten Infektionen finden im Privat- und Freizeitbereich statt. Wenn viele machen, egal ob geimpft oder ungeimpft, was Sie wollen und sinnvolle Regeln missachten.
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  • T. D.
    Kompliment !
    Alles andere war noch nie nachvollziehbar und wurde außer von der bayrischen Regierung auch von keinem verstanden .
    Wenn man jetzt noch sinnvolle Lösungen für Kultur und allen Sportarten im allgemeinen für die Zuschauer findet , wären vielen Leuten geholfen .
    Aber das kann in Bayern wieder mal lange dauern grinsen
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  • H. S.
    Meinen aufrechten Dank an die mutigen Richter!
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  • R. E.
    Gut so. Wurde doch die eine oder andere Verordnung schlicht "hingeschludert". Nach dem Motto "Denn wir wissen ja, was wir tun".
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