Die Schließung der Geburtshilfe am Haus Haßfurt der Haßberg-Kliniken war im Jahr 2017 schon beschlossene Sache: Zum Ende des Jahres 2018 sollte die Abteilung dichtgemacht werden. Doch dann kam ein Beschluss aus München: Mit dem "Zukunftsprogramm Geburtshilfe" rief der Freistaat Bayern eine Sonderförderung ins Leben, die es kleinen Krankenhäusern ermöglicht, ihre finanziell nicht rentablen Geburtenstationen zu erhalten. Diese hält seitdem die "Gyn" am Haßfurter Krankenhaus am Laufen.
Die Zitterpartie ist Geschichte
Doch diese Förderung ist an eine Bedingung geknüpft: Um das Geld zu erhalten, muss das Krankenhaus der "Hauptversorger" für sein Einzugsgebiet sein. Sprich: Wenn nicht mindestens die Hälfte der Schwangeren aus dem Landkreis Haßberge ihre Kinder im Haßfurter Krankenhaus zur Welt bringt, steht die Förderung auf der Kippe. Zwar erfüllen die Haßberg-Kliniken diese Bedingung, in den ersten Jahren nach Einführung des "Zukunftsprogramms" war es aber doch oft eine Zitterpartie, ob es bis zum Jahresende genug Geburten sein würden.
Dass sich das mittlerweile geändert hat, war eine der Botschaften, die die Haßberg-Kliniken beim gut besuchten Tag der offenen Tür in der Geburtshilfe vermittelten. Dieser fand am 5. Mai, dem internationalen "Tag der Hebamme" statt.
Kein Unterschied zur Ausstattung einer Uniklinik
"Die Zahlen haben sich sehr positiv entwickelt", sagt Landrat Wilhelm Schneider, der es auch als "identitätsstiftend" für den Landkreis Haßberge bezeichnet, ein Krankenhaus mit Geburtshilfe zu haben. Wobei er einräumt, dass die Haßberg-Kliniken dabei möglicherweise auch davon profitiert haben, dass das Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt im März seine Entbindungsstation geschlossen hat.
Die magische 50-Prozent-Grenze für die Zahl der Geburten im Landkreis liege bei etwa 400 pro Jahr. "Jetzt liegen wir weit über 400", sagt er. Und er halte auch eine Entwicklung hin zu 450 bis 500 Geburten im Jahr für möglich.
Auch Chefarzt Muhammad Nayef bestätigt diese Tendenz: "Dieses Jahr erwarten wir 450 Geburten oder mehr." Und er betont, dass seine Station auf dem neuesten Stand sei. "Ich war an Unikliniken und ich sehe da keinen Unterschied", so der Mediziner. Das bezieht er sowohl auf die Ausstattung seiner Station als auch auf sein Personal, das er als sehr erfahren bezeichnet.
Im Notfall ist der Kinderarzt schnell vor Ort
Ausgenommen von diesem Vergleich seien lediglich die Entbindungsstationen von Krankenhäusern mit einer eigenen Kinderklinik – aber diese Ausstattung gebe es nur in einem sehr kleinen Teil der Kliniken. In diesem Zusammenhang räumt auch Vanessa Seifert von der Unternehmenskommunikation ein: "Das 'Leo' hat schon seine Berechtigung." Gemeint ist damit das Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt – das von Haßfurt aus nächste Haus mit einer Kinderklinik.
So dürfen die Haßfurter beispielsweise keine Frühgeburten durchführen. "Ab der 37. Woche dürfen Frauen zu uns kommen", erklärt Birgitta Wohner, Teamleiterin der Hebammen. Dennoch ist die Botschaft klar, die das Krankenhaus am Tag der offenen Tür vermitteln will: Bis auf wenige extreme Ausnahmefälle können wir in Haßfurt alles machen. "Eine Verlegung der Kinder ist sehr selten", betont Chefarzt Nayef. Das Haßfurter Krankenhaus sei auch darauf vorbereitet, den Kleinen Sauerstoff zu geben und einen Kinderarzt zu rufen, der innerhalb von 15 bis 20 Minuten vor Ort sein kann, wenn es tatsächlich mal zu einem schweren Notfall kommt.
"Die Sicherheit der Mutter und des Kindes sind unsere höchste Priorität", sagt Nayef, der ein Team aus acht Ärztinnen und Ärzten leitet. Zwei Jahre ist es jetzt her, dass der Syrer, der seit zwölf Jahren in Deutschland lebt, die Nachfolge von Dr. Raphael Kupietz antrat. Seitdem habe er das Leistungsspektrum in Haßfurt deutlich erweitert, heißt es von Seiten der Haßberg-Kliniken.
Die "Familiäre Atmosphäre" als großer Pluspunkt
Wenn es allerdings darum geht, was die Geburtshilfe in Haßfurt von anderen Häusern wie beispielsweise in Schweinfurt abhebt, fällt vor allem ein Wort, das weniger mit der Medizin zu tun hat, sondern mit dem Umfeld: "Familiäre Atmosphäre." So sagt beispielsweise Krankenhausseelsorger Manfred Griebel: "Das läuft in kleinen Häusern alles ganz anders. Es ist gut, wie die Eltern auch begleitet werden, wenn eine Geburt mal nicht so läuft, wie sie sollte."
Auch Landrat Schneider stellt es als Vorteil heraus, dass es in einem kleinen Krankenhaus für die Schwangeren noch Bezugspersonen gebe. "Die Hebammen kümmern sich von Anfang an." Was das bedeutet, erklärt Hebammen-Teamleiterin Birgitta Wohner. So sei es in vielen größeren Kliniken üblich, dass Mütter eine Hebamme nur im Kreißsaal sehen.
In Haßfurt dagegen seien Wohner und ihre Kolleginnen auch auf der Station dabei und betreuen die Frauen im Wochenbett. "Die Frau kann nochmal über die Geburt reden", sagt Wohner und betont: "Was Hebammenarbeit ausmacht, können wir hier verwirklichen."
Einen weiteren Vorteil der Geburt in einem kleineren Krankenhaus nennt Vanessa Seifert von der Unternehmenskommunikation: Hier sei es deutlich leichter, ein Familienzimmer zu bekommen, in dem auch der Vater des Neugeborenen übernachten und damit rund um die Uhr bei Partnerin und Kind sein kann.
Ungewöhnlichere Methoden: In Haßfurt sind auch Wassergeburten möglich
Auch ungewöhnlichere Geburtsmethoden sind in Haßfurt möglich, wie beispielsweise die Wassergeburt. Dafür hat das Krankenhaus einen Kreißsaal mit einer Badewanne. Etwa sieben bis acht Prozent der Schwangeren hätten Interesse an dieser Methode, schätzt Chefarzt Muhammad Nayef.
Bei Wohners Ausführungen wird deutlich, dass es ihr ein Anliegen ist, die Vorzüge der Haßfurter Geburtshilfe herauszustellen, ohne dabei andere Kliniken in ein schlechtes Licht zu rücken. Medizinisch und fachlich seien sicher auch andere Häuser hervorragend ausgestattet. Klar wird aus den Ausführungen aller Beteiligten, dass sie vor allem psychologische Aspekte für die Geburt in einem kleinen Krankenhaus ins Feld führen. Mehr individuelle Betreuung, weniger Stress.