Sie macht ordentlich was her, die Tuba: mit gewaltiger Größe und ihrem Gewicht von sechs Kilogramm aufwärts ist sie Blickfang eines jeden Blasorchesters. Als "unentbehrlich", bezeichnet Martin Hofmann, der seit 1986 in Hofheim ein Musikaliengeschäft betreibt, das ab 4500 Euro teure, gewichtige, voluminöse und wohlklingende Instrument aus der Welt der Blechmusik. Etwa fünf Exemplare verkaufe er jährlich.
Die Landesmusikräte mehrerer Bundesländer kürten die Tuba nun zum Instrument des Jahres 2024. Warum aber suchen sich Musikerinnen und Musiker das doch recht schwere Instrument aus? Sechs Menschen erzählen, warum die Tuba für sie den Ton angibt.
Oliver Ullrich, 50 Jahre, Industriekaufmann, Mitglied im Blasorchester Sand
Oliver Ullrich feierte kürzlich sein 40-jähriges Jubiläum als Bläser im Blasorchester Sand. Der damals Zehnjährige hatte sich das Bariton erwählt, wurde 1996 gefragt, ob er nicht wechseln könne. "Da war bei uns damals akuter Tubamangel." Groß sei sie und schwerfällig zu transportieren. "
Was das musikalische angeht, würde er nicht mehr tauschen wollen, berichtet Ullrich. Er spielt Musikrichtungen "querbeet", stets mit gleicher Hingabe. Ob Walzer, Polka, Rock oder Dixie, alles, was anfällt, wird auch gespielt. "Das Schöne ist halt, ohne Tuba, ohne Maschinenraum, wenn der nicht da ist, funktioniert das Orchester nicht". So eine Tuba hätte auch etwas Macht, könnte das Tempo diktieren - das auszunutzen würde ihm aber nicht in den Sinn kommen, erklärt Ulrich.
Nicole Düsel, 47 Jahre, Erzieherin, Mitglied im Kreisblasorchester
Nicole Düsel spielt im Kreisblasorchester, sitzt hier neben Ullrich, und ist hochbeglückt. Die Bambergerin spielt erst seit fünf Jahren Tuba. Die Blasmusikgruppe LaBrassBanda und auch die Musikgruppe Haindling hätten die Blasmusik wiederbelebt, ist sie überzeugt. Düsel habe erkannt, dass Blasmusik auch anders klingen kann. Der schöne Klang der tiefen Instrumente habe sie einfach gepackt. Nun übe sie, eine Stunde am Tag, Unterricht käme hinzu.
Es sei Meditation, beruhigend, ausgleichend, "wenn sich der Klang so wohlig ausbreitet." Die Spätberufene hatte schon eine musikalische Vorausbildung, spielte Klavier, dennoch hätte sie sich das Erlernen der Tuba in ihrem Alter bei weitem nicht so schwer vorgestellt. Doch die Tuba sei einfach ihr Instrument. Und die Transportproblematik? "Man muss das Auto dem Instrument anpassen, nicht umgekehrt", macht Düsel klar.
Markus Reinwand, 49 Jahre, Bauingenieur, Musikverein Harmonie Ebelsbach
Markus Reinwands Kinder besuchten vor zehn Jahren die Bläserklasse der Grundschule Ebelsbach. "Da im Nachwuchsorchester damals ein Tubist gefehlt hat, haben die mich überredet, das Instrument doch einmal auszuprobieren." Es funkte. Reinwand begann mit dem Unterricht und ließ sich kurz darauf, zu seinem 40. Geburtstag, eine eigene Tuba schenken. Für ihn sei es Liebe auf den ersten Blick gewesen, erklärt er. Der Außendienstler besorgte sich zusätzlich noch eine Minituba.
Bei Fahrpausen auf den Parkplätzen übe er die Tonleiter rauf und runter. Seither spiele er mit Begeisterung, habe relativ schnell das Bronze- und das Silberabzeichen gemacht. Heute spielt er fest in Ebelsbach und hilft in befreundeten Kapellen aus. Die Tuba zu spielen, sei jedoch körperlich anstrengend. Bläserinnen und Bläser benötigen viel Luft. Doch die Anstrengung lohne sich. Das tiefe Ein- und Ausatmen beruhige ungemein. Und: Beim Spielen vergesse er alles um sich herum, und sei in einer komplett anderen Welt.
Matthias Schmelzer, 49 Jahre, Außendienstler, Blaskapelle Oberschwappach
Wer nach Oberschwappach hineingeboren wird, kommt wohl nur schwer an der Blaskapelle vorbei. Matthias Schmelzer lernte, Trompete zu spielen. Bis ein vernichtendes Urteil fiel: Seine Lippen seien zu dick. Rückblickend für den 40-Jährigen ein Glücksfall: Er griff zur Tuba. Sein Lehrgeld sei in die Sparbüchse gekommen, bis es für ein eigenes Instrument reichte. Die Hälfte der Kosten habe der Verein beigesteuert.
Um den Lack nicht zu beeinträchtigen, habe Schmelzer seine Tuba jahrelang nur mit weißen Handschuhen berührt. Das habe ihm und dem Verein einen gewissen Ruhm eingebracht. Die Musikprobe sei eine Wellness-Stunde. "Wenn ich gestresst hineingehe, komme ich ausgeglichen wieder hinaus", erklärt er. Und vielseitig sei die Tuba: "Total Spaß macht es auch, zu dritt, mit Quetsche (Schifferklavier) und Trompete aufzuspielen."
Achim Baiersdorfer, 51, Brandschutzbeaufragter, Blasorchester Ebern
Achim Baiersdorfer hat eigentlich mit Begeisterung Tenorhorn gespielt. Doch es gab im Ebener Blasorchester keine Tuba. "Mit vierzehn Jahren wurde ich zwangsversetzt", erklärt er. Nun hieß es für den Heranwachsenden, das Instrument am Riemen durch die Stadt zu tragen. "Ich habe es damals gehasst", erinnert er sich. Sein Lehrmeister war Georg Einwaag. "In der Küche, da wurde versucht, mir das Spielen beizubringen." Ohne Theorie, ohne Notenlehre. Einfach zuhören, greifen, spielen.
"Seitdem wurstele ich mich so durch und spiele noch immer, ich bin halt hängen geblieben an dem Instrument." Eine besondere Liebe zur Tuba habe er nicht, gibt er zu, aber er sei "zu faul, um etwas anderes zu lernen". Der große Nachteil der Blasorchester sei es, dass die Tuba immer beim Musikspielen mit dabei sein müsse. Baiersdorfer fühle sich dennoch wohl. Spielen werde er "bis ins Grab", verrät er. Geschichte, so scheint es, wiederholt sich. Sein Sohn Klemens ist dreizehn Jahre alt, er spielt Tenorhorn. Sein Vater würde sich wünschen, dass Klemens auf Tuba umstellt.
Sebastian Wagner, 36, Produktentwickler, Blasorchester Ebern
Sebastian Wagner ist Spätberufener. "Mein Vater spielt seit immer im Blasorchester und hat mich als Kind animieren wollen, auch mitzumachen." Vergebens. Wagner habe nicht darauf gehört. Hören lernte er offensichtlich erst im Eheleben. "Der ganze Bekanntenkreis spielte mit, auch die Frau, ich war immer dabei." Eines Tages schlug seine Stunde: Bernhard Hering, ein Profimusiker in Rente, zog in die Region. "Da habe ich mir gedacht, dass er der Richtige ist, um mir das beizubringen." Und zwar von der Pike auf. Rund eineinhalb Jahre später saß Wagner dann er an der Seite von Achim Baiersdorfer.
Die Beiden seien froh, dass sie sich gefunden haben. "Wir sind nicht die großen Virtuosen", geben sie zu. Und üben könnten sie auch häufiger. Doch: "Man kommt viel herum. Gardasee, Zillertal, USA", berichten sie. Und was würde Ihnen ohne das Instrument am meisten fehlen? "Die Geselligkeit nach der Musikprobe", sind sie sich einig.
Doch zurück zu Martin Hofmann nach Hofheim. Von des Tubas Robustheit erzählt er eine alte Episode. "Ein Dachbodenfund kam in den fünfziger Jahren zu neuen Ehren, klang jedoch fürchterlich und brachte beim Spielen Staubbrösel hervor", so der 60-Jährige schmunzelnd. "Bis der stolze Besitzer sie herumdrehte. Ein verlassenes Mäusenest kam zum Vorschein". Mehrere Liter Wasser wurden durch geschüttet. Schon war das Problem gelöst.