Nach den Veranstaltungen gegen Hass und Hetze in Haßfurt und Hofheim war am Mittwochabend nun Ebern an der Reihe: Auf dem Marktplatz der ehemaligen Kreisstadt fand eine "Demo für Demokratie" statt, organisiert von der Initiative "Ebern ist bunt". Etwa 150 Menschen aller Altersgruppen aus Ebern und Umgebung fanden sich vor dem Neptunbrunnen zusammen, um an diesem Abend ein Zeichen zu setzen. Eine eher geringe Zahl, hat die Kleinstadt samt ihren Ortsteilen doch über 7000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Einige der Männer und Frauen hatten an diesem Abend Plakate mitgebracht, so auch Margit Pickel-Schmitt, Kreisvorsitzende der Grünen Haßberge. "Für eine Welt, in der Vielfalt kein Grund zur Angst ist", lautete der Spruch auf ihrem Schild. Bereits beim Lichtermeer in Hofheim sei sie dabei gewesen. Die Frau aus Kirchaich hoffe, dass noch mehr Menschen an Veranstaltungen teilnehmen, die sich für den Schutz der Demokratie einsetzen.
Enttäuschung wegen des geringen Zulaufs
"Es ist wichtig, dass wir uns zeigen", so Pickel-Schmitt. Das fand auch Lissy Stuhlinger aus Ermershausen. Sie habe bereits auf Demos in Coburg, Schweinfurt, Haßfurt und Bad Königshofen teilgenommen und sei ein bisschen enttäuscht, dass so wenige Menschen auf dem Marktplatz zusammengekommen sind, erklärt sie. Dabei fände sie es wichtig, zusammenzustehen, um ein Zeichen zu setzen.
Ein Zeichen setzen, das mache die Kleinstadt schon lange: "Ebern engagiert sich seit über zehn Jahren in der Allianz gegen Rechtsextremismus der Metropolregion Nürnberg", informierte Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) zu Beginn der Veranstaltung. Hier stehe man zusammen. Das zeige sich durch die Vereinsarbeit und auch durch all die Menschen, die sich im Zusammenleben und Miteinander engagieren, gerade auch, was die Geflüchteten in Ebern angehe. "Der Mensch wird hier als Mensch erkannt, nicht als jemand mit einer anderen Hautfarbe oder Religion", machte Hennemann klar. Und das sei gut so.
Spätestens seit der Recherche zum Fall der rechtsextremistischen Zusammenkunft in Potsdam sei ein Weckruf in der breiten Bevölkerung angekommen, so der Sozialdemokrat. Ende vergangenen Jahres trafen sich dort in einem Hotel unter anderem mehrere AfD-Politiker und Mitglieder der rechtsextremen Szene. Sie schmiedeten Pläne zur "Remigration", darüber also, wie sie Millionen von Menschen aus Deutschland vertreiben können.
Rechtsextremisten nicht den Ton bestimmen lassen
"Wir müssen sichtbar sein", appellierte der Bürgermeister. Man dürfe nicht zulassen, dass Rechtsextremisten den Ton in den öffentlichen Debatten bestimmen. Wie wichtig das sei, würden Vorfälle aus jüngster Vergangenheit zeigen: Veranstaltungen, die blockiert wurden, Politikerinnen und Politiker, die angegriffen wurden, politische Diskussionen, die verhindert wurden.
Gerade in diesem Jahr gebe es Gründe, die Demokratie zu feiern. Denn 2024 finde nicht nur der 75. Geburtstag der Verfassung statt, so Hennemann, sondern auch der 35. Jahrestag des Mauerfalls. Er erinnerte daran, dass die Erfahrung und Überzeugung, eine Demokratie müsse wehrhaft sein, der Leitgedanke der Mütter und Väter des Grundgesetzes gewesen sei. Der Schwur "Nie wieder" sei deshalb tief in der Verfassung verankert. "Und er ist die Überzeugung der großen Mehrheit in unserem Land", so Hennemann.
Neben dem Stadtoberhaupt bezogen an diesem Abend auch noch weitere Akteurinnen und Akteure Stellung auf dem Marktplatz: Das türkische Ehepaar Ali und Zeynep Kizilteprak sang zwischen den Redebeträgen verschiedene Lieder in unterschiedlichen Sprachen. Ebenso Georg Rode aus Marbach, der die Menschen vor Ort mit Stücken wie "Gut wieder hier zu sein" von Hannes Wader oder "Großvater" von S.T.S zum Mitsingen motivierte.
Auch der evangelische Pfarrer Holger Manke und sein katholisches Pendant Gregor Sauer machten sich für die Demokratie stark. Rechtsextremistische Parteien seien für Christen keine Option, seien nicht wählbar, so Sauer. "Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen und kirchlichen Menschenbild unvereinbar."
Scharfe Sprüche kamen von Künstler Marc-Dominic Boberg. Er riet allen Rechtsextremen, sie sollen es doch mal ganz nach der Manier von Disneys beliebtem Klassiker "Das Dschungelbuch" versuchen. Und es einfach mit Gemütlichkeit, statt mit Angst, Hass und Hetze und Feigheit probieren. Den meisten Applaus bekam an diesem Abend mit Abstand aber Roman Hahnlein.
Angst um die Sicherheit von Menschen mit Behinderung
Der junge Mann hat Autismus. "Seit frühster Kindheit habe ich wegen meiner Behinderung viel Ausgrenzung erfahren", sagte Hahnlein. Seit dem geheimen Treffen rechtsradikaler Kräfte in Potsdam habe er Angst. Angst um seine Sicherheit, aber auch um die aller Menschen mit Behinderung. "Lasst uns all den Faschisten zeigen, dass wir stärker sind als ihre Parolen und das Gute in uns allen gewinnt", appellierte der junge Mann.
Auch der 30-jährige Afghane Hussein Begzad aus Altenstein ergriff das Mikrofon. Er erklärte, dass er Deutschland genauso liebe wie sein eigenes Herkunftsland. Er sei glücklich, hier zu sein, und sei für all die Hilfe, die er bereits erhalten habe, sehr dankbar. Deshalb wolle er etwas zurückgeben – und auch den Deutschen in schwierigen Zeiten zur Seite stehen.
Freier Eintritt in die Freibäder am 23. Mai
Die Veranstaltung in Ebern sei nicht die letzte gewesen, die ein Zeichen für Demokratie setzen soll, sagte Hennemann zum Ende der Veranstaltung hin. Und verkündete dann noch eine Überraschung: Zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes am Donnerstag, 23. Mai, hätten sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister etwas Besonderes einfallen lassen – und zwar "freien Eintritt für das Grundgesetz" in den Freibädern im Landkreis Haßberge.
Als Eintrittskarte reiche an diesem Tag die eigene Meinung aus. Wer ins Freibad möchte, müsse nur erklären, warum er Demokratie wichtig findet. Auch in Haßfurt stehe bereits eine zweite Veranstaltung in den Startlöchern. Am Samstag, 25. Mai, soll dort auf dem Marktplatz ein Fest der Demokratie stattfinden.