
Viele Menschen versammelten sich am Donnerstagabend auf dem Marktplatz in Hofheim, um mit einem Lichtermeer ein Zeichen gegen Hass und Intoleranz und für die Demokratie zu setzen. Rund 250 Teilnehmende waren es laut Schätzung der Polizei.
Emotional wurde es, als die 18-jährige Syrerin Nastia Mohammad aus Hofheim ans Mikrofon trat. Unter Tränen berichtete sie, sie habe viel Hass und Diskriminierung erleben müssen, als sie nach Deutschland kam. Als Deutsche sie berührten, hätten sie anschließend ihre Hand an der Hose abgewischt. Sie habe sich gefragt, ob sie eklig sei. Ihr sei gesagt worden, sie sei ein "Terrorist, der nicht in dieses Land gehört". Sie habe in Deutschland Freiheit und Frieden gesucht, den sie zunächst jedoch nicht gefunden habe. "Ich habe mich mit viel Geduld integriert", sagte sie in fast akzentfreiem Deutsch. Der Parteiname "Alternative für Deutschland" (AfD) sei bereits eine Manipulation, da es sich um keine Alternative handle. "Rassismus ist keine Meinung, sondern eine Grausamkeit", erklärte sie unter dem Applaus des Publikums.

Der Senegalese Atoumane Wade kam im Jahr 2014 erstmals nach Deutschland. Er habe mithilfe ehrenamtlicher Menschen die deutsche Sprache erlernt. Ein Schulbesuch sei ihm verweigert worden. Da er auch nicht arbeiten durfte, sei er im Jahr 2019 in den Senegal zurückgekehrt, um später wieder nach Deutschland einzureisen. Nun arbeitet er als Pflegefachkraft im Altenservicezentrum in Hofheim. Dies funktioniere sehr gut. "Die Freundlichkeit der alten Menschen beruhigt mein Herz", ließ er die Zuhörerinnen und Zuhörer wissen.

Hofheims Bürgermeister Alexander Bergmann (CSU) erinnerte daran, dass die Vereinten Nationen im Jahr 1966 den 21. März als internationalen Tag gegen Rassismus ausgerufen haben. Daher habe man diesen Tag für die Veranstaltung gewählt. "Braucht es das? Wir haben doch eine Demokratie", habe er gehört. Bergmann zog eine Parallele zur Weimarer Republik (1918 – 1933), in der Hass, Hetze, Extremismus und Gewalt losgingen. "Die Geschichte und das Leid dieser Zeit muss ich Ihnen nicht vortragen", betonte er.
Bürgermeister appelliert: "Widersprechen Sie aktiv Hass und Hetze!"
Als Beispiel für aktuellen Hass und Intoleranz brachte er zwei Meldungen aus jüngster Zeit: So hat der Bremer Fußballverband für das Wochenende vom 8. bis 10. März alle Spiele von der U7 bis zu den Erwachsenen abgesagt. Grund dafür war die zuletzt hohe Anzahl an Vorfällen auf den Sportplätzen im Verbandsgebiet. In einem Herrenspiel wurde einem Spieler auf den Kopf getreten und ein Messer gezückt. In einem Jugendspiel wollten Zuschauer auf einen Spieler der Gastmannschaft losgehen und in einem Seniorenspiel kam es zu Gewaltandrohungen gegen den Schiedsrichter. Bei einem Fußballspiel im Landkreis Schweinfurt erhielt ein auf dem Boden liegender Spieler einen wuchtigen Fußtritt gegen den Kopf.

Auch der Hass im Netz nehme zu. So wurden laut dem bayerischen Justizministerium im vergangenen Jahr 3115 neue Verfahren wegen Hass und Hetze im Internet eingeleitet – 28 Prozent mehr als im Vorjahr.
"Widersprechen Sie aktiv Hass und Hetze, egal ob auf der Arbeit, auf der Straße, am Stammtisch oder im Netz", appellierte Bergmann. Ohne Ausländer würde das System zusammenbrechen, da sie in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, auf dem Bau oder anderswo arbeiten. Es scheitere aktuell nicht am Willen der Geflüchteten, sondern leider an unserer Bürokratie, stellte Bergmann fest.
Dekanin Salzbrenner spricht über ihren Großvater: Ein Opfer der Nationalsozialisten
Pastoralreferentin Agnes Donhauser betonte, dass jeder Mensch Würde habe. Man müsse "Augenhöhe schaffen", wie es beispielsweise durch den Freundeskreis Asyl in Hofheim geschehe.

"Hass vergiftet uns", sagte Katharina Schmidt vom Freundeskreis Asyl, dem Hauptinitiator der Veranstaltung. Die vom Grundgesetz festgelegte unantastbare Würde des Menschen betreffe alle Menschen. "Was ist bedrohlicher? Die Gewalt der Wenigen oder die Gleichgültigkeit der Vielen?", zitierte sie Michel Friedman.
Drastische Worte benutzte Dekanin Anne Salzbrenner aus Rügheim: "Gleich läuten hier die Kirchenglocken von Moll zu Dur, damit die rausgetrieben werden, die hier nichts zu suchen haben!", rief sie ins Mikrofon. Ihr Großvater sei selbst Opfer der Nationalsozialisten geworden. Er habe wählen müssen zwischen KZ und Front, wo er am 25. März 1945 verstarb. "Hätt er halt sein Maul gehalten als Pfarrer", habe sich ihre Mutter anhören müssen.