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Kreis Haßberge
Landkreis Haßberge: Berg- und Talfahrt der Sieben-Tage-Inzidenz
Vor kurzem war der Haßbergkreis einer der Corona-Hotspots Deutschlands. Innerhalb weniger Tage fiel die Inzidenz auf um die 100. Wie lassen sich solche Schwankungen erklären?
Haßfurt, die Kreisstadt des Landkreises Haßberge, mitten in der Corona-Pandemie. Auf die Frage, warum der Landkreis nach Ostern zu einem von Deutschlands Hotspots wurde, gibt es keine einfachen Antworten.
Foto: René Ruprecht | Haßfurt, die Kreisstadt des Landkreises Haßberge, mitten in der Corona-Pandemie. Auf die Frage, warum der Landkreis nach Ostern zu einem von Deutschlands Hotspots wurde, gibt es keine einfachen Antworten.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 09.02.2024 01:22 Uhr

Immer wieder ist im Zusammenhang mit dem Coronavirus von "Hotspots" die Rede – Regionen, in denen sich die Krankheit besonders stark verbreitet. Wird ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt zu einem solchen Hotspot, kommt schnell die Frage auf: Wie konnte das passieren?

Dass diese Frage nicht immer leicht zu beantworten ist, zeigt sich derzeit im Landkreis Haßberge. In den vergangenen Wochen lag dort die Sieben-Tage-Inzidenz über 300, kurzzeitig hatte der Kreis am östlichen Rand von Unterfranken sogar die zweithöchsten Werte in ganz Deutschland. In den letzten Apriltagen begannen die Zahlen dann rapide zu sinken. Am Freitag lagen sie kurzfristig unter 100, aktuell beträgt die Inzidenz laut RKI 112,6. 

Familientreffen und britische Mutation

Bereits am 12. April, als die Werte im Haßbergkreis immer weiter stiegen, bemühte sich das Landratsamt um Erklärungsversuche. So begründete die Behörde die hohe Sieben-Tage-Inzidenz unter anderem mit den zahlreichen Familientreffen zu den vorangegangenen Ostertagen und der Verbreitung der ansteckenderen britischen Virus-Variante.

Eine Erklärung, warum diese Dinge sich gerade im Haßbergkreis stärker ausgewirkt haben sollen als überall sonst, liefert die Behörde aber nicht. Auch die Nachbarschaft zum stark betroffenen Thüringen erklärt die hohen Zahlen nicht. Denn gerade zu der Zeit, in der der Kreis Haßberge zum Hotspot wurde, war im Landkreis Hildburghausen, dem direkten Nachbarn auf thüringischer Seite, die Sieben-Tage-Inzidenz wesentlich geringer. Dass Hildburghausen mit hohen Corona-Fallzahlen deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, lag schon Monate zurück.

Mehr Tests, mehr Fälle?

Ein weiteres Argument der Behörden in der Kreisstadt Haßfurt war die umfangreiche Teststrategie des Landkreises. Ein PCR-Testzentrum, fünf Schnelltestzentren und mittlerweile zahlreiche weitere Schnellteststationen – im Landratsamt zeigt man sich stolz auf diese vielen Testangebote. Kann es also sein, dass die hohe Testkapazität zu den hohen Fallzahlen geführt hat? Das würde heißen: Andernorts waren die Zahlen ähnlich hoch, aber dort ist es nicht aufgefallen, weil weniger Menschen getestet wurden.

Auch wenn sich Bürgerinnen und Bürger Antworten wünschen: Nicht immer lässt sich ein Grund oder gar ein Schuldiger dafür finden, wenn das Ausbruchsgeschehen in einer Region besonders heftig ist. "Stark schwankende Zahlen erleben wir auch woanders, ohne dass wir das richtig zuordnen können", sagt Sabine Dittmar im Gespräch mit dieser Redaktion. Die SPD-Politikerin ist studierte Medizinerin und gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Bundestag.

Nicht immer gibt es eine einfache Erklärung

Auch sie sieht vor allem die britische Virus-Mutation B117 als Grund für die hohen Fallzahlen der letzten Zeit. So könne man mittlerweile, wenn jemand positiv getestet wird, schon davon ausgehen, dass bald darauf die ganze Familie infiziert ist. Bei der Ursprungsvariante des Virus sei das noch nicht der Fall gewesen. Warum aber manchmal in einem einzelnen Landkreis die Zahlen stark nach oben schießen, sei nicht immer eindeutig zu erklären.

Dabei nimmt sie auch das Landratsamt in Haßfurt in Schutz gegen Anschuldigungen aus der Bevölkerung: "Wenn ein Infektionsgeschehen sich ausbreitet, ist nicht automatisch eine Behörde daran schuld." Ähnlich wie der Landkreis Haßberge nach Ostern hat nun die Stadt Schweinfurt mit hohen Zahlen zu kämpfen – und auch hier lasse sich kein einfacher Grund festmachen, das Ausbruchsgeschehen sei eher diffus. Dabei sei ein lokalisierter Ausbruch, wie es ihn beispielsweise in einer Gemeinschaftsunterkunft in Bad Kissingen gegeben hatte, viel leichter zu bekämpfen.

Sinkende Zahlen lassen sich besser erklären

Schlüssiger lässt sich aus Sicht des Landratsamtes in Haßfurt erklären, warum die Fallzahlen im Haßbergkreis mittlerweile wieder so stark gefallen sind. "Ein großer Teil der Neuinfektionen der letzten Wochen war bereits als Kontaktperson in Quarantäne, so dass hier keine oder kaum Kontakte bestanden und weitere Ansteckungen eingedämmt werden konnten", schreibt Michael Rahn, stellvertretender Pressesprecher des Landratsamtes.

Als weiteren Grund, warum die Zahlen zurückgegangen sind, nennt er die Allgemeinverfügung des Landkreises: Als Reaktion auf die hohen Zahlen hatte der Landkreis Haßberge in Abstimmung mit der Regierung von Unterfranken ab dem 20. April neue Regeln eingeführt, die noch strenger waren als die allgemeinen Corona-Maßnahmen. Präsenzunterricht an den Schulen wurde weitgehend ausgesetzt, die nächtliche Ausgangssperre um eine Stunde verlängert und Versammlungen wie beispielsweise Gottesdienste in der Teilnehmerzahl und der Veranstaltungsdauer begrenzt.

Die Hoffnung liegt in den Impfungen

Aufgrund der mittlerweile stark gesunkenen Inzidenzwerte konnte die Allgemeinverfügung mittlerweile vorzeitig aufgehoben werden. Und wie soll es nun weitergehen? "In der jetzigen Situation sind weitere Maßnahmen nicht geplant", schreibt Michael Rahn. "Ganz im Gegenteil; es geht darum, die Einschränkungen so weit wie möglich zurückzunehmen."

Mit anderen Worten: Im Landkreis Haßberge gelten nun wieder die gleichen inzidenzabhängigen Regeln wie im Rest von Bayern. Sabine Dittmar und Michael Rahn hoffen, dass die Impfungen bald zu einer merklichen Verbesserung der Situation führen werden. "Bis dahin müssen wir durchhalten", sagt Dittmar.

 
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