Egal, ob man die unmittelbaren fränkischen Nachbarlandkreise Schweinfurt, Bamberg oder Coburg betrachtet oder den Blick etwas weiter fasst auf Nachbarregionen wie Bad Kissingen, Kitzingen oder Lichtenfels: Seit Tagen fällt der Landkreis Haßberge mit einer Sieben-Tage-Inzidenz auf, die gut und gerne 100 Punkte höher liegt als anderswo. Auch am Montag war es so: Da meldete das Robert-Koch-Institut (RKI, Berlin) eine Inzidenz von 233,5. Nur im Nordwesten, in Rhön-Grabfeld, ist es seit Tagen ähnlich dramatisch mit aktuell 234,8.
In Unterfranken sind Haßberge und Rhön-Grabfeld somit Spitzenreiter, was das Infektionsgeschehen anbelangt. Aber die beiden Nachbarkreise stechen neben der schwer betroffenen Region Hof/Kronach auch hervor, wenn man die Inzidenzkarte von ganz Nordbayern studiert. Aber warum? Bezogen auf den Landkreis Haßberge kennt auch das Gesundheitsamt Haßberge keine eindeutige Antwort. Auf Anfrage der Redaktion lieferte Moni Göhr, Pressesprecherin des Landratsamtes, aber vier Erklärungsansätze für die seit Ostern dramatische Entwicklung.
Erstens: In den Haßbergen grassiert gegenwärtig vor allem die britische Mutation des Coronavirus, die offenbar deutlich ansteckender ist als der ursprüngliche Erreger. "Diese Mutation ist für fast alle Neuinfektionen verantwortlich", heißt es aus dem Gesundheitsamt.
Zu unbesorgt auf dem flachen Land?
Zweitens: Die vielen Neuinfektionen könnten in Zusammenhang mit vermehrten persönlichen Treffen über die Osterfeiertage stehen. "Die meisten Ansteckungen finden im privaten Umfeld und im familiären Bereich statt", erklärt Moni Göhr. Das mag zwar auf Dörfer und Großstädte gleichermaßen zutreffen; doch auf dem Lande scheint es noch immer die Überzeugung zu geben, in bevölkerungsarmen Landstrichen sei man generell besser vor der Pandemie geschützt.
Drittens: Auch im Gesundheitsamt Haßberge beobachtet man die seit Wochen hohen Inzidenzwerte in Thüringen. Beim direkten Nachbarn Hildburghausen sieht es zwar mit einer aktuellen Inzidenz von 123,4 besser aus als in den Haßbergen. Etwas weiter Richtung Norden sieht es aber viel schlimmer aus. Die Nähe zu Thüringen könnte also eine Rolle spielen, befürchtet das Landratsamt Haßberge. Der Haken an dieser Hypothese: Eigentlich gibt es nicht allzu viele Pendlerbewegungen zwischen diesen Teilen Bayern und Thüringens.
Mehr Tests, mehr Fälle?
Viertens: Die vielen Test könnten das Bild verzerren - wie es ja auch einer der Hauptkritikpunkte am starken Fokus von Wissenschaft und Politik auf der Sieben-Tage-Inzidenz ist: Je mehr getestet wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, auf infizierte Personen zu stoßen, gerade auch deshalb, weil die Lungenkrankheit bei vielen Betroffenen weitgehend ohne Symptome verläuft.
Moni Göhr schreibt hierzu: "Unser Landkreis ist in Sachen Corona-Testungen breit aufgestellt. Die Schnelltestzentren werden von den Bürgerinnen und Bürgern gut angenommen, um mehr Sicherheit im Umgang mit anderen Menschen zu haben. Es ist möglich, dass durch die höhere Zahl der Schnelltests auch mehr Fälle entdeckt werden, die dann einen positiven PCR-Test nach sich ziehen, wodurch die Dunkelziffer abnimmt."