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Gehege im Tierheim statt Abschuss: So sieht die neue Behausung für Waschbären im Landkreis Haßberge aus
Es ist ein Pilotprojekt, das jedoch nicht unumstritten war: Auf dem Gelände des Tierheims Haßberge bei Zell ist ein Waschbär-Gehege entstanden. Ein erster Einblick.
Sechs Waschbären, darunter die kleine Nelly, haben auf dem Gelände des Tierheims Haßberge in einem eigens für sie errichteten Gehege Unterschlupf gefunden.
Foto: Rebecca Vogt | Sechs Waschbären, darunter die kleine Nelly, haben auf dem Gelände des Tierheims Haßberge in einem eigens für sie errichteten Gehege Unterschlupf gefunden.
Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 29.05.2022 02:23 Uhr

Happy End für Matze, Ivy, Nelly, Nels, Willy und Balu: Die sechs Waschbären haben auf dem Gelände des Tierheims Haßberge zwischen Knetzgau und Zell ihr neues Zuhause bezogen. In den vergangenen Monaten ist dort ein 120 Quadratmeter großes Gehege für die Tiere entstanden. Ausgestattet ist es unter anderem mit mehreren Wasserstellen, einem Holzhäuschen mit Runddach und Fensterläden sowie einigen kompakten Boxen aus Holz, die die Aufschrift "Waschbären-Villa" ziert.

Am Freitagvormittag – einen Tag vor der offiziellen Einweihung am Samstag, 21. Mai – waren Britta Merkel und ihr Mann Ralf noch mit dem letzten Feinschliff im Gehege beschäftigt. Die Bodenarbeiten und das Aufstellen des Zauns wurden von Fachfirmen übernommen, wie Merkel, Vorsitzende der Tierschutzinitiative Haßberge, erklärt. Der Rest entstand in Eigenarbeit.

Britta Merkel und ihr Mann Ralf brachten kurz vor der offiziellen Einweihung des Geheges noch Holzboxen für die Waschbären an.
Foto: Rebecca Vogt | Britta Merkel und ihr Mann Ralf brachten kurz vor der offiziellen Einweihung des Geheges noch Holzboxen für die Waschbären an.

Platz bietet das Gehege für insgesamt zehn Waschbären. Aber auch andere Wildtiere wie etwa Biber oder Otter könnten theoretisch zusammen mit den jetzigen sechs Bewohnern untergebracht werden, führt Merkel aus. 20.000 Euro hat das Gehege gekostet. Dabei kam die eine Hälfte vom Tierschutzbund Bayern und die andere Hälfte vom Deutschen Tierschutzbund in Bonn.

Spenden für das Gehege seien indes nicht so viele eingegangen, berichtet Merkel und fügt an: "Waschbären haben nicht so die Lobby." Dementsprechend hatte das Vorhaben, ein Gehege für die Tiere zu errichten, im Landkreis Haßberge auch für Diskussionen gesorgt. Aber der Reihe nach: Begonnen hatte alles mit den verwaisten Waschbärjungen Matze und Ivy.

Waschbären aufgenommen und großgezogen

Diese waren von Merkel aus einem Privathaushalt in Schweinfurt aufgenommen und mit der Flasche großgezogen worden. Auf Dauer konnten die verspielten Waschbären jedoch nicht in Merkels Wohnung bleiben. Eine Lösung war gefragt, was sich jedoch schwierig gestaltete, da Waschbären von der Europäischen Union als invasive Art gelistet sind.

Die neu angebrachten Boxen wurden von den Waschbären sogleich neugierig inspiziert.
Foto: Rebecca Vogt | Die neu angebrachten Boxen wurden von den Waschbären sogleich neugierig inspiziert.

Die Tiere dürfen aufgrund der EU-Verordnung zum Beispiel nicht in der Natur freigesetzt werden, wie etwa das für Umwelt und Naturschutz zuständige Bundesministerium im Internet informiert. Auswildern war daher keine Option. Zugespitzt formuliert hieß es am Ende: Ein Gehege errichten oder die Tiere töten.

Für die Errichtung des Geheges brauchte es jedoch unter anderem auch die Zustimmung des Zweckverbands "Fundtier Haßberge", in dem die Kommunen des Landkreises vertreten sind. Aus Reihen der Bürgermeister kam hier mit Blick auf das Projekt teils deutlicher Gegenwind. Kritisiert wurde dabei vor allem, dass es nicht die Aufgabe des Tierheims sei, Wildtiere lebenslang unterzubringen.

Zweckverband stimmte mit knapper Mehrheit für das Waschbär-Gehege

Mit knapper Mehrheit kam vom Zweckverband nach einigen Wochen schließlich grünes Licht für das Projekt. Merkel rechnet damit, dass nun im Zusammenhang mit der Einweihung des Geheges vielleicht noch einmal kritische Stimmen laut werden könnten. Insgesamt aber hätten sich die Gemüter beruhigt, berichtet sie.

Waschbär Matze hat in einem hohlen Baumstamm einen Rückzugsort für sich gefunden.
Foto: Rebecca Vogt | Waschbär Matze hat in einem hohlen Baumstamm einen Rückzugsort für sich gefunden.

Nicht zuletzt ist das Gehege auch ein Vorzeigeprojekt, wie Merkel erklärt. "Für andere zum Nachmachen und um zu zeigen, es ist machbar." Denn die Frage, wie mit verwaisten Waschbärjungen umgegangen werden kann, stellt sich nicht nur im Landkreis Haßberge. Andernorts, etwa in Hessen, sind die Tiere schon wesentlich stärker verbreitet.

Die Waschbären sollen im Gehege auf dem Gelände des Tierheims "so naturnah wie möglich" untergebracht werden, berichtet Merkel. Gefangenschaft sei nie gut, aber man bemühe sich, es den Tieren recht zu machen. Ausgewachsene Waschbären, die die Wildnis gewohnt sind, würden im Gehege "eine Macke kriegen", sagt Merkel.

Das Waschbär-Gehege auf dem Gelände des Tierheims Haßberge ist bezugsfertig. Angelegt wurde darin unter anderem auch ein Wasserlauf.
Foto: Rebecca Vogt | Das Waschbär-Gehege auf dem Gelände des Tierheims Haßberge ist bezugsfertig. Angelegt wurde darin unter anderem auch ein Wasserlauf.

Die Jungtiere hingegen, die im Tierheim Haßberge Unterschlupf gefunden haben, kennen es nicht anders, wie die Vorsitzende der Tierschutzinitiative ausführt. Und so sind die sechs Waschbären Matze, Ivy, Nelly, Nels, Willy und Balu gerade eifrig dabei, ihr neues Domizil zu erkunden – vom Holzhäuschen bis zum Wasserlauf.

Ein Waschbär auf Erkundungstour im neuen Gehege auf dem Gelände des Tierheims Haßberge.
Foto: Rebecca Vogt | Ein Waschbär auf Erkundungstour im neuen Gehege auf dem Gelände des Tierheims Haßberge.
 
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  • Michael Fischer
    Dann können wir bald auch Ratten und anderes Ungeziefer im Tierheim aufnehmen. Waschbären machen nur Schaden.
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  • Albatros
    "so naturnah wie möglich" , für wen? 1934 wurden in Deutschland 2 Waschbärpärchen in Bringhausen ausgesetzt, damals wurde schon von Experten vor einer Invasion gewarnt. Es hat nicht ansatzweise etwas mit Tierliebe oder Tierschutz zu tun, wenn man eine "Fremdart" in ein Ökosystem übergibt. Sowohl das ökologische Gleichgewicht gerät in Gefahr, auch Krankheiten können übertragen werden. Wer einmal einen Waschbär im Dachstuhl seines Hauses hatte, wird nicht gut auf diese Spezies zu sprechen sein. Was Familie Merkel macht, ist letztlich eine nicht artgerechte Unterbringung von Wildtieren. Normalerweise müssten Waschbären der Natur entnommen werden, oder eben in ihre Herkunftsländer verbracht werden. Bleibt die Frage wie man dies in der Praxis bewerkstelligen will und wer dies bezahlt.
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  • flyarcus@gmx.de
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  • ra.kellermann@gmx.de
    find ich gut. Invasive Art? Was sind dann wir Menschen?
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  • jebusara@web.de
    @oswin.ratzeburger

    Fragen Sie die Indianer, die wissen die Antwort.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Ich finde es einen absoluten Blödsinn, dass ein Tierheim welches indirekt von den Bürgern mitfinanziert wird Wildtiere, noch dazu eine invasive Art aufnimmt! - mit dem Argument, damit sie nicht geschossen werden.

    Jetzt frage ich mich als Bürger warum man ähnliches nicht mit Rehen und Wildschweinen macht? Und was passiert wenn die zehn vorhandenen Plätze voll sind was zu erwarten ist? Werden dann weitere 20 Tsd. Euro ausgegeben?
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