Bei den einen sorgt er für ein Lachen auf den Lippen, bei den anderen für Sorgenfalten auf der Stirn: der Biber – er spaltet die Gemüter. Daniel Appel ist derzeit weniger zum Lachen zumute. Der 34-Jährige ist Eigentümer eines Ackers, der direkt an die Preppach grenzt. Und dort, westlich des Eberner Stadtteils Unterpreppach, hat seit Jahren ein besonders fleißiger Biber sein Revier. "Er verbaut das Kanalrohr, wodurch die Querung des Flusses für die Landwirtschaft überspült wird", sagt Appel. Wenige hundert Meter oberhalb residiert das streng geschützte Tier in seiner Biberburg. "Wir haben schon viele Arbeitsstunden investiert, um das Rohr wieder freizulegen." Mit "Wir" meint Appel sich und seinen Pächter. Auch ihm stünden derzeit die Sorgenfalten auf der Stirn.
Landwirte und Biber in direkter Nachbarschaft - geht das? "Ja!", meint Appel. "Aber dafür müsste es jemanden geben, der jeden zweiten Tag nach dem Rechten sieht." Denn das Problem sei in seinen Augen weniger die Existenz des Bibers. "Sondern dass zumindest mir nicht klar ist, wer am Ende wirklich zuständig ist." Ob nun die Eberner Stadtverwaltung oder das Landratsamt Haßberge mit seiner Unteren Naturschutzbehörde. Vor genau 20 Jahren begann die Wiederansiedlung des Tieres im Landkreis Haßberge. Heute scheint die Freude über die Rückkehr bei vielen verflogen. Vor allem bei Landwirten.
120 Reviere seit Rückkehr des Bibers im Landkreis Haßberge
Die Untere Naturschutzbehörde beobachte die Lage bei Unterpreppach seit Jahren. So heißt es auf Nachfrage aus dem Landratsamt. 2006 habe der Biber oberhalb der Flussquerung seinen Bau mit Hauptdamm errichtet. Den habe man im Sommer 2021 durch eine Drainage reguliert, um großflächige Überflutungen zu vermeiden. "Diese Dammdrainage wird regelmäßig kontrolliert und gesäubert", erklärt Wolfgang Lappe. Der sogenannte "Biberberater" des Landkreises reguliert mit seiner Arbeit aber nicht nur den Pegelstand der Gewässer, sondern auch die Konflikte, die seit der Rückkehr des Tieres in der Region auftauchen: Meist dort, wo die Landnutzung direkt an Biber-Reviere grenzt.
Und die Behörde hat inzwischen alle Hände voll zu tun: Im Jahr 2002 war der fast vollständig ausgerottete Biber in den Haßbergkreis zurückgekehrt, als Folge eines Wiederansiedlungsprojekt von BUND Naturschutz Bayern und dem bayerischen Landwirtschaftsministerium. Seither hat sich das Tier immer erfolgreicher ausgebreitet - bis in die kleinsten Nebenflüsse, wie es auch die Preppach bei Ebern ist. "Inzwischen gibt es etwa 120 Biberreviere", so Wolfgang Lappe weiter. Die geeigneten Lebensräume im Landkreis seien damit weitgehend besetzt, was immer wieder zu Spannungen führt: "Die erkannten Konfliktbereiche werden mehrmals im Jahr begangen - meist monatlich oder kürzer", erklärt Lappe. Auch um frühzeitig handeln zu können. Doch für die Umsetzung der Maßnahmen sei dann der "Gewässerunterhaltspflichtige zuständig, in diesem Fall also die Stadt Ebern", heißt es aus dem Landratsamt weiter.
Stadtverwaltung handelt: Querung des Flusses zwischenzeitlich gesperrt
Die Stadt Ebern hat im Falle des Unterpreppacher Bibers inzwischen reagiert und die Querung des Flusses gesperrt. "Um Gefährdungen zu vermeiden", wie Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) auf Nachfrage betont. Weiteren akuten Handlungsbedarf sehe er derzeit nicht. "Die Felder und Grundstücke sind alle zu erreichen, ohne diese Preppachquerung zu benutzen", so Hennemann. Auf mittlere Sicht aber müsse das Nadelöhr unter dem Feldweg vergrößert werden, das in Herbst und Winter angesichts hoher Niederschläge immer wieder Probleme mache. Dies werde bereits vorbereitet.
Aber nicht nur der Fall von Unterpreppach hält die Stadt Ebern auf Trab: Über 25 Biber-Familien zählt Hennemann in seinem Stadtgebiet. Die Folgen der Ausbreitung seien absehbar: unterhöhlte Wiesen, angestaute Bäche, die zu Vernässungen der anliegenden Wiesen und Äckern führen. Oder eben verstopfte Rohre. "Wir haben damit zu tun, an wichtigen Stellen Dämme und Äste zu entfernen. Mehr können wir nicht leisten", sagt Hennemann. Er fordert deshalb mehr Raum für den Biber: "Diesen gestaltet er um und sorgt für die gewünschte Artenvielfalt und Biodiversität", sagt er.
Viele Landwirte lehnen Verkauf von betroffenen Flächen ab
Er spricht, wie das Landratsamt auch, von bereits bestehenden Lösungsansätzen: von Ausgleichszahlungen und Förderungen über das Vertragsnaturschutzprogramm. Und von Flächenankauf: "Wir bieten den anliegenden Grundstückseigentümern an, die betroffenen Grundstücke an die Stadt zu verkaufen", sagt Hennemann. Entsprechende Angebote lägen vor. Doch in den Augen der Landwirte ist die Abgabe von Land meist keine Option. Viele Bauern kritisieren die Entwertung ihrer Flächen, die sie dann nur noch mit Verlust verkaufen könnten. Einige fordern deshalb, die Population des Tieres stärker zu regulieren. In deutlicheren Worten: Der Biber solle am besten wieder verschwinden. Zumindest vor der eigenen Haustüre.
Der BUND Naturschutz lehnt diesen Schritt ab. Harald Amon, Vorsitzender der Ortsgruppe Ebern, verweist lieber auf die positiven Auswirkungen durch die Rückkehr des Bibers. Er möchte das Tier nicht als notorischen Problemfall abstempeln: "Der Biber hat den Landkreis gewinnbringend durch eine Vielzahl neuer Lebensräume mit artenreichen Biotopen bereichert", erklärt Amon. Zudem bedeute Biberschutz gleich Hochwasserschutz. So verlangsamten dessen Bauten den Ablauf des Wassers enorm. Dieses versickere und verdunste dadurch bereits in den Oberläufen von Bächen.
Sensible Bereiche der Wasserversorgung sind für den Biber tabu
Tatsächlich bleiben Begegnungen zwischen Biber und Mensch in der Regel konfliktfrei. Dennoch fordern unmittelbar Betroffene im Landkreis mitunter auch die sogenannte "Entnahme" der streng geschützten Tiere. Auch bei Unterpreppach wurden zuletzt solche Stimmen laut. Doch hier darf der Biber vorerst in seiner Burg bleiben: "Eine Entnahme kommt nach Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde dort nicht in Frage", heißt es vonseiten des Biberberaters Wolfgang Lappe.
Die Hürden hierfür sind tatsächlich hoch. Doch es gibt auch Fälle, in denen das Landratsamt Biberpopulationen umsiedelt oder vertreibt. Nämlich dann, wenn diese sogenannte "ungeeignete Ersatzlebensräume" besetzen. Dazu zählt Lappe Teichanlagen, Kläranlagen oder sensible Bereiche der Wasserversorgung. "Hier gilt es, die Biber fernzuhalten." Und auch wenn das Tier nach 20 Jahren im Landkreis angekommen ist, so scheinen weitere Konflikte vorprogrammiert.