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Knetzgau
"Es geht mir gut": Stefan Paulus will trotz aller Querelen bis 2026 Bürgermeister von Knetzgau bleiben
Er selbst hatte mit einer Aussage zu seiner Gesundheit für Irritationen gesorgt. Ungeachtet dessen glaubt nicht mehr jedes Ratsmitglied an ein vernünftiges Miteinander.
Als Stefan Paulus (Mitte) 2008 Bürgermeister von Knetzgau wurde, packte er die verschiedensten Projekte und sorgte auch für Spaß in der Gemeinde - hier 2009 beim Bayern3-Dorffest.  
Foto: Alois Wohlfahrt (Archivfoto) | Als Stefan Paulus (Mitte) 2008 Bürgermeister von Knetzgau wurde, packte er die verschiedensten Projekte und sorgte auch für Spaß in der Gemeinde - hier 2009 beim Bayern3-Dorffest.  
Martin Sage
 |  aktualisiert: 06.10.2024 02:34 Uhr

Inzwischen ist die Nachricht in Knetzgau gesackt, in der Bevölkerung ebenso wie am Ratstisch. Ab dem Frühjahr 2026, nach der nächsten Kommunalwahl, wird im Rathaus ein neuer Bürgermeister, eine neue Bürgermeisterin amtieren. Amtsinhaber Stefan Paulus (CWG/SPD) hatte am Mittwoch auf der Homepage der Gemeinde überraschend verkündet, nicht mehr zu kandidieren. 

Doch bringt Paulus seine Amtszeit tatsächlich zu Ende? Daran hatte der 57-Jährige zuletzt selbst Zweifel gestreut, denn in seiner Botschaft an die Bevölkerung war zu lesen, leider zwängen ihn "auch gesundheitliche Gründe" dazu, sich nicht für eine weitere Amtszeit zu bewerben.

Das führte zu Stirnrunzeln unter den Mitgliedern des Gemeinderates, die Paulus vorab nicht über seinen politischen Rückzug informiert hatte: Ist der Bürgermeister noch fit genug für die verbleibenden eineinhalb Jahre? Wäre nicht ein Rücktritt hier und jetzt besser? Bernhard Jilke (FDP/Freie Wähler) etwa, der zwölf Jahre lang einer der Stellvertreter von Paulus war, meinte gegenüber der Redaktion: "Wenn man gesundheitliche Probleme hat, die eine Kandidatur verhindern, hat man die nicht erst 2026."

Hinzu kommt, dass es ja nicht nur um Paulus' Gesundheit geht. Das Verhältnis zwischen ihm und seinem Gemeinderat ist schwer belastet, die Situation scheint verfahren. Da Knetzgau noch "einen Berg anderer Probleme habe", womit Berhard Jilke unter anderem die finanziell angespannte Lage meinte, plädierte er für das berühmte "Ende mit Schrecken" statt eines Schreckens ohne Ende oder bis 2026.

Benjamin Schraven (Bündnis 90/Die Grünen), Paulus' Gegenkandidat bei der Kommunalwahl 2020, bließ ins gleiche Horn und legte Paulus am Donnerstag einen sofortigen Rücktritt nahe. Beide, Jilke und Schraven, wussten da noch nicht, dass der Bürgermeister gegenüber der Redaktion seine Formulierung "aus gesundheitlichen Gründen" präzisieren würde. 

"Neue Kraft für die verbleibende Amtszeit"

Die beziehe sich nicht auf die Gegenwart, sondern auf die Zukunft, schrieb Paulus am Donnerstagnachmittag per E-Mail. Das heißt: Aktuell gehe es ihm gut. Doch Paulus befürchtet, dass weitere sechs Jahre mit seinem hohen Einsatz für die Gemeinde nicht mehr gesund für ihn seien. Er scheint überzeugt davon, dass diese Einsicht nun sogar neue Kraft freisetzt, "um die verbleibende Amtszeit mit Freude anzupacken."

Doch kann und soll es mit ihm weitergehen? Seine beiden Stellvertreter, Zweiter Bürgermeister Stefan Seubert (CSU) und Dritte Bürgermeisterin Susanne Haase-Leykam (CWG), schließen sich Rücktrittsforderungen nicht an. Aus Respekt vor dem Amt, wie Seubert erklärt, eine solche Entscheidung obliege allein dem Bürgermeister. Er danke Paulus für sein Wirken und seinen Einsatz, schreibt Seubert. Das klingt angesichts der gegenwärtigen Querelen am Ratstisch durchaus versöhnlich; auch was das Miteinander aller Akteure bis zum Ende der Legislaturperiode anbelangt, ist der Zweite Bürgermeister vorsichtig optimistisch.

Allerdings scheint auch die Beziehung des Bürgermeisters zu seinen Stellvertretern angekratzt,  wie Susanne Haase-Leykam durchblicken ließ. Sie nämlich schrieb der Redaktion, sie hoffe, "dass er sich besinnt auf die ehemals gute Zusammenarbeit, die wir im Knetzgauer Gemeinderat hatten und versucht, wenigstens in uns stellvertretende Bürgermeister wieder etwas Vertrauen zu haben." Da ist wohl viel Luft nach oben in dem Dreiergespann. 

Dass der Bürgermeister so frühzeitig angekündigt hat, 2026 nicht mehr zu kandidieren, hat für Nina Köberich (Bündnis 90/Die Grünen) keine große Bedeutung. Ihr Fokus ist vielmehr auf die nächsten eineinhalb Jahre gerichtet: "Stefan Paulus muss wissen, dass es so nicht weitergehen kann", sagte Köberich am Donnerstag. Ob Bauhof, Hallenbad, Kläranlage oder Hochwasserschutz, sie habe nicht den Eindruck, in der Gemeinde gehe es voran. Stillstand könne sich Knetzgau aber nicht leisten. Da müsse sich Paulus wirklich fragen, ob er überhaupt weitermachen könne, meinte Köberich; dem Bürgermeister den Rücktritt ans Herz legen möchte sie nicht.

Eiszeit in Knetzgau: Zwischen Bürgermeister und Gemeinderat ging es zuletzt frostig zu. Kommt es bis zur nächsten Kommunalwahl noch einmal zu einer 'Klimaerwärmung'?
Foto: René Ruprecht (Archivfoto) | Eiszeit in Knetzgau: Zwischen Bürgermeister und Gemeinderat ging es zuletzt frostig zu. Kommt es bis zur nächsten Kommunalwahl noch einmal zu einer "Klimaerwärmung"?

Das will auch Robert Beetz (CWG) nicht. "Wenn er sich fit fühlt und gesundheitlich stabil ist, sollte er auch weiterhin bis zum Ende der Periode im Amt bleiben", findet Beetz. Aus seiner schriftlichen Antwort kann man herauslesen, wie sehr er die Diskussionen um Paulus bedauert, an dessen für die Gemeinde so erfolgreiche Projekte er einmal mehr erinnert. Ungeachtet dessen ist sich Beetz bewusst, wie vergiftet das Klima zwischen Bürgermeister und Gemeinderat in letzter Zeit ist; ein gutes Miteinander hält er dennoch für möglich. Zu einer Aussprache sei der Gemeinderat bereit, versicherte Robert Beetz. Dass er diesem Satz ein "auf Augenhöhe" hinzufügt, deutet darauf hin, wer seiner Meinung nach den ersten und wohl größeren Schritt machen muss: Paulus!

Schadet Paulus seinem eigenen Ansehen?

Wird es dazu kommen? Barbara Ulrich (CSU) scheint da skeptisch. Sie wage zu bezweifeln, dass es in den nächsten eineinhalb Jahren noch zu einer konstruktiven Zusammenarbeit kommt, sagte sie am Donnerstagnachmittag im Gespräch mit der Redaktion. Die Leute schüttelten den Kopf darüber, wie es in Knetzgau in den letzten zwei, drei Jahren laufe und wie Paulus seinem eigenen Ruf schade. "Ich würde es für sinnvoll erachten, wenn er einen Schlussstrich zieht, für die Gemeinde, seine Gesundheit und sein Ansehen."

Der Empfänger dieses Ratschlags allerdings verkündete am Donnerstag, es sei ihm ein großes Anliegen, begonnene Projekte erfolgreich zu Ende zu bringen und die Gemeinde handlungsfähig und gut aufgestellt an seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin zu übergeben. An seinen Gemeinderat appelierte er, an diesem Ziel konstruktiv mitzuwirken. Was die Beziehung zwischen dem Gemeinderat und ihm betreffe, könne er nur für sich sprechen, schrieb Paulus der Redaktion: "Ich bin offen für jedes Anliegen, für persönliche Gespräche und für Kritik, wenn sie konstruktiv und ohne persönliche Färbung ist." 

Nächste Ratssitzung am Mittwochabend

Übrigens: Die Gemeinderatsitzung, deren öffentlicher Teil am Montag wegen fehlender Beschlussfähigkeit des Gremiums abgesetzt werden musste, findet nun am Mittwoch, 2. Oktober, um 20 Uhr im Knetzgauer Rats- und Kultursaal statt. Vielleicht geht Paulus dann schon auf die Forderung von Mark Zehe (CSU) ein: Der Bürgermeister solle sich alsbald erklären, ob er sich wirklich in der Lage sieht, die Amtsgeschäfte weiterzuführen. Und auch, wie er sich für die verbleibende Wahlperiode eine konstruktive Zusammenarbeit mit den 20 Männern und Frauen vorstellt, die Knetzgau am Ratstisch vertreten.

 
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